Süddeutsche Zeitung

Gesundheit in Bayern:Das nächste Bürgerbegehren

Der Grünen-Abgeordnete Hartmann hält eine Klinikerweiterung in Seefeld oder Herrsching für sinnvoll. Sollte ein Neubau konkret werden, rät er zum Plebiszit.

Von Christine Setzwein

Sollte das Areal an der Bahnhofstraße in Hechendorf als Standort für eine neue Klinik in Frage kommen, wird es voraussichtlich auch ein Bürgerbegehren geben. Dazu ermunterte der Grünen-Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann am Donnerstag die Gegner eines Neubaus im Landschaftsschutzgebiet. Zu einer der Ortsbegehung auf der Wiese westlich des Friedhofs hatten die Seefelder Grünen und die Bürgerinitiative Eichenallee (BI) eingeladen. Gut 30 Seefelder, Herrschinger und Wörthseer nahmen daran teil.

Hartmann hatte für den Termin seinen Urlaub am Wörthsee unterbrochen. Er kennt die Gegend, seine Großmutter lebte in Schlagenhofen. Mit Flächenverbrauch beschäftigt sich der Fraktionsvorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion und Sprecher für den ländlichen Raum seit Jahren. Über die Klinik-Diskussion war er gut informiert. Die zwei Kliniken Seefeld und Herrsching zusammenzulegen, wie es der Landkreis und die Starnberger Klinik Holding wollen, "ist unstrittig", und die medizinische Daseinsvorsorge sei "berechtigt", sagte der 43-Jährige. Aber damit "auf die Wiese zu gehen", sei der einfachste Weg, nicht der beste. "Das ist die Denke der Siebzigerjahre." Den Zeitdruck, den Landrat Stefan Frey (CSU) und Holding-Chef Thomas Weiler aufbauten, um schnell Förderzusagen zu bekommen, sei Panikmache, sagte Hartmann. Kriterium für Zuschüsse könne nicht sein, wer der Schnellste ist, sondern "was sinnvoll und nötig ist". Und sinnvoll sei für ihn, einen der beiden Standort zu erweitern.

Sollte die Genehmigungsbehörden zu dem Ergebnis kommen, dass eine Bebauung im Landschaftsschutzgebiet und im Regionalen Grünzug möglich sei und "es konkret wird", riet Hartmann den Seefelder Grünen und der BI, die Bürger erneut darüber abstimmen zu lassen. Beim Ratsbegehren im Juni hatten knapp 60 Prozent der Stimmberechtigten dafür votiert, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Standort am Ortsrand von Hechendorf zu schaffen.

Schon Ende April hatten die Grünen-Abgeordneten Hartmann, Anne Franke und Claudia Köhler eine Anfrage an die Staatsregierung zum Krankenhausneubau im westlichen Landkreis Starnberg gestellt. Eine umfangreiche Antwort von Umweltminister Thorsten Glauber liegt nun vor. Danach obliege die Suche und Festlegung eines konkreten Standorts grundsätzlich dem Klinikträger. Eine Bebauung im Landschaftsschutzgebiet im Rahmen einer Bauleitplanung sei grundsätzlich möglich, heißt es. Dazu müsste die Fläche aber aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen werden. "Die Entscheidung, ob die im Rahmen dieses Verfahrens eingehenden Einwendungen seitens der Träger öffentlicher Belange und seitens der Bürgerschaft nach eingehender Abwägung zu einer Herausnahme führen können, obliegt den hierfür zuständigen Kreisgremien", so der Umweltminister.

Was die regionalen Grünzüge angeht, sollten sie "grundsätzlich" nicht geschmälert oder gar unterbrochen werden. Im begründeten Einzelfall sei eine Bebauung dort nur dann möglich, wenn die Grünzugsfunktionen wie Frischlufttransport und Naherholungsfunktion nachweislich gewährleistet bleiben.

Auch zum möglichen Preis der Grundstücke nimmt der Umweltminister Stellung. Weder die Landkreis- noch die Gemeindeordnung enthielten spezielle Vorschriften über die wirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen für den Kauf von Vermögensgegenständen. Anders als bei Verkäufen "ist der Landkreis beim Erwerb nicht an den Verkehrswert gebunden". Der Verkehrswert sollte zwar als Maßstab dienen, über ein Abweichen nach unten oder oben "entscheidet aber allein der Landkreis im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens unter Beachtung des Gebots der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit".

Auf dieses Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit beruft sich Landrat Frey, wenn er sagt, er könne keine Baulandpreise für Grundstücke zahlen. Bei der Weise in Hechendorf handelt es sich um Ackerflächen. Trotzdem liefen die Verhandlungen mit Grundstücksbesitzern in Herrsching immer noch, sagte Frey am Donnerstag zur SZ. Dabei gehe es um das Areal, das ursprünglich für den Bau des neuen Gymnasiums vorgesehen war.

Der Seefelder Bürgermeister Klaus Kögel (CSU) sieht einem eventuellen Bürgerbegehren gelassen entgegen. Das Votum zugunsten einer Überprüfung des Standorts in Hechendorf sei deutlich ausgefallen und wäre noch deutlicher gewesen, wenn die 140 Stimmzettel, die für den Standort waren, nicht in den falschen Umschlag gesteckt worden wären und damit für ungültig erklärt werden mussten. Die Frage der Grünen an die Staatsregierung, welche Auswirkungen "der Hubschrauber-Flugverkehr des geplanten Krankenhauses auf das südlich angrenzende Feldvogel-Schutzprojekt Aubachtal" hätte, nennt Kögel "eine typische Überzeichnung der BI/BN". Nirgendwo sei die Rede von einem Hubschrauberlandeplatz, weil es sich bei der neuen Klinik um einen Grundversorger und nicht um ein Unfall-Krankenhaus handle.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5380571
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 13.08.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.