Geschichte:Tutzings Baumeister

Eine Ausstellung im kleinen Ortsmuseum setzt der Architektendynastie Knittl, die für das Rathaus, das Kloster und die Evangelische Kirche verantwortlich war, ein Denkmal

Von Berthold Schindler, Tutzing

Ein bisserl eng wird's schon, wenn sich etwa 40 Menschen mit Sektglas, Käsestangerl und Handtasche auf 85 Quadratmeter im Ortsmuseum Tutzing drängen. Schön gelegen ist es aber, etwas abseits des Rummels der Hauptstraße und ihrer unbarmherzig dahin rasenden Autos, neben dem ehrwürdigen Alten Friedhof mit der Barockkirche St. Peter und Paul im Schlepptau, direkt am Westufer des Starnberger Sees. Der Alte Friedhof spielte dann auch sogleich eine Rolle für die Veranstaltung im Ortsmuseum: Stefanie Knittl, die jüngste Nachkommin der Tutzinger Architektendynastie und von Beruf Oberstudienrätin, eröffnete die Sonderausstellung mit dem Titel "Knittl, Baumeister, Tutzing".

Mit Blick auf die berühmten Vorfahren sei sie um Akkuratesse in der Darstellung von deren jeweiligem Leben und Werk bemüht; denn die Herren, um die es gehe, so Kittl scherzhaft, "liegen alle gleich nebenan auf dem Alten Friedhof und hören vielleicht zu". Die Sympathien der Zuhörer waren ihr allerdings ohnehin sicher. Die Tutzinger Ehrengäste, an ihrer Spitze Bürgermeister Rudolf Krug und seine Stellvertreterin Elisabeth Dörrenberg, fanden sichtlich Gefallen an der Ausstellung über ihre wohl bedeutendsten Stadtbaumeister. Der ehemalige Kulturreferent und heutige Ansprechparter des Ortsmuseums, Gernot Abendt, etwa hob die Ausstellung als wichtigen Beitrag zur Darstellung der Geschichte Tutzings hervor.

Tutzing, Museum Ausstellung Knittl-Häuser

Die Architektendynastie Knittl prägte das Tutzinger Ortsbild entscheidend mit. Die Bildmontage zeigt Baumeister Carl Knittl. Repro: Georgine Treybal

Ein Gast raunt: "Der is bloß fuchzig Jahr alt gwordn", als er vor Carl Knittls Ehrentafel mit Bild und Lebenswerk steht, wobei ihm der Blick auf dessen Konterfei ein anerkennendes ". . . war aber a hübscher Kerl" entlockt. Die grafische Bearbeitung der vier Baumeister-Porträts stammt übrigens vom Tutzinger Grafikdesigner Helmut Grund.

Ansonsten freut sich der Einheimische zurecht an den architektonischen Hinterlassenschaften, die das Stadtbild des heutigen Tutzing fast 150 Jahre nach Eröffnung eines Baugeschäfts durch den Maurermeister Josef Knittl im Jahre 1871 heute noch entscheidend mitprägen. Neben Villen, Wohnhäusern, Geschäften, Hotels und Landhäusern zeichnen Josef, Engelbert, Carl und besonders Xaver Knittl (1873 bis 1933) für die charakteristischen Hauptbauten der Seegemeinde verantwortlich: Rathaus, Kloster, die alte Grundschule, die Pfarrkirche St. Joseph und die Evangelische Kirche fallen in die knapp hundertjährige Schaffensperiode der im Ortsmuseum so hochgelobten Architekten.

Anschaulich legt Stefanie Knittl dar, wie anstrengend das Wühlen in alten Quellen manchmal sein kann: Söhne heißen oft wie Väter, Töchter wie Mütter; ein Amtmann kann ein Nachname sein, oder eben auch eine Berufsbezeichnung. Ein Anliegen Kittls war es, ihre Vorfahren im Spiegel der Zeitgeschichte zu zeigen. Dies gelingt nur bedingt: Zwar sind auf einem knapp unterhalb der Decke angebrachten Zeitstrahl die parallel zu den Lebenszeiten der Vier geschehenen Weltereignisse nachzulesen, doch werden diese nicht mit deren Biografien korreliert. Nachdem so eine Ausstellung mit Infotafeln über große Baumeister in einem schmucken kleinen Ausstellungsgebäude wie dem Tutzinger Ortsmuseum naturgemäß nicht so beeindruckend sein kann wie die monumentalen Produkte ihrer Arbeit, wartete Kittel mit einer feinen Idee auf: Sie gab einen Dokumentarfilm in Auftrag, den interessierte Museumsbesucher - die Sonderausstellung läuft bis zum 24. April 2016 - auf DVD für fünf Euro kaufen können. Darauf sind "viele, natürlich nicht alle" Knittl-Häuser zu sehen, wie Stefanie Knittl versichert. Um die Beantwortung einer Frage kommt sie freilich nicht herum: Warum sie selber keine Baumeisterin geworden ist?

Tutzing, Museum Ausstellung Knittl-Häuser

Bei der Eröffnung der Ausstellung herrschte Andrang, auch Altbürgermeister Peter Lederer (rechts) war gekommen.

(Foto: Georgine Treybal)

Knittl lächelt. "Am Ende waren nur noch fünf Maurer da, es hat sich nicht mehr gelohnt." Ihre Eltern, darunter der letzte Vertreter aus der Dynastie, Karl Xaver, seien dann auch ziemlich "genervt" gewesen, räumt sie ein. "Außerdem ist es für eine Frau auch schwer, so als Bauherrin", fügt sie hinzu, und lächelt noch einmal. Das mag sein. Eine spannende und sehenswerte Ausstellung für Architekturfreunde und Liebhaber des alten Tutzing ist ihr jedenfalls geglückt.

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