Gericht:Teure Nostalgie

73-Jähriger verwahrt geerbte Pistole mit Munition in Kellerschrank seiner Lebensgefährtin - Bewährungs- und Geldstrafen

Von Christian Deussing, Krailling

Die halb automatische Pistole mit 43 Patronen aus dem Ersten Weltkrieg lag zwanzig Jahre im Schrank eines verschlossenen Kellerraumes in einem Kraillinger Mehrfamilienhaus. Die Waffe und Munition hatte ein mehrfach vorbestrafter Murnauer seiner Lebensgefährtin übergeben. Doch der 73-jährige Mann besaß für das Erbstück laut Anklage keine waffenrechtliche Erlaubnis. Er wurde deshalb am Mittwoch vom Amtsgericht Starnberg zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Rentner muss zudem 1200 Euro an eine Umweltschutzorganisation zahlen. Seine mitangeklagte Partnerin aus Krailling, die bisher völlig unbescholten gewesen war, erhielt eine siebenmonatige Bewährungsstrafe. Sie hat 1500 Euro an einen Tierschutzverein zu zahlen.

Der Murnauer erzählte im Prozess, die Pistole und auch eine größere alte Waffe 1982 von seinem Vater geerbt zu haben. Die Waffen seien aber danach bei einem Umzug verloren gegangen und erst Jahre danach wieder aufgetaucht. Die größere Waffe habe er später an einen Murnauer verschenkt, der diese aber 1997 bei der Polizei abgegeben habe. Daraufhin fragte damals die Behörde bei dem einstigen Besitzer nach, wo die andere registrierte Pistole verblieben sei. Der Anklage zufolge hatte der Erbe angegeben, dass er die Pistole bereits bei der Münchner Polizei abgegeben habe - was sich laut Staatsanwalt aber als Lüge herausstellte.

Der frühere Bankkaufmann ist für die Justiz kein Unbekannter, denn er wurde bereits wegen Diebstählen, fahrlässiger Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigungen verurteilt. Die Pistole und die Munition entdeckten die Fahnder vor 13 Monaten bei einer Durchsuchung des Kraillinger Kellerraumes - kurz bevor eine Bewährungsstrafe des Angeklagten abgelaufen war. Der 73-Jährige ärgert sich noch immer darüber, die Amnestiefrist für illegale Waffenbesitzer im Vorjahr knapp verpasst zu haben. Von der Chance, Waffen noch straffrei abgeben zu können, habe ihm ein Polizist auf der Wache nichts mitgeteilt, erzählte der Angeklagte recht aufgeregt in der Verhandlung. Er hatte damals in Murnau einen nachbarschaftlichen Rechtsstreit geführt.

Arglos war dagegen seine Kraillinger Lebensgefährtin in die Waffengeschichte geraten. "Ich habe mir keine Gedanken darübergemacht, dass dies nicht erlaubt ist", beteuerte die 73-jährige Angeklagte. Richterin Christine Conrad glaubte ihr, denn die Frau habe damals in einem "Akt der Gefälligkeit" gehandelt. Die Richterin ist sich überdies sicher, dass das geständige Rentner-Paar von der Pistole nie Gebrauch machen wollte. Allerdings hatte der Mann verschleiert, die Waffe samt Munition noch besessen und im Keller seiner Freundin in Krailling versteckt zu haben.

Richterin Conrad erklärte, es könne sehr gefährlich werden, wenn eine Pistole mit Patronen "in falsche Hände gerät" - zum Beispiel durch einen Einbruch. "Dann kann es Tote geben", mahnte Conrad. Sie blieb mit ihrem Urteil jedoch etwas unter dem Strafantrag des Staatsanwalts und konnte das Motiv des Murnauers durchaus verstehen, die geerbte Waffe als Erinnerung behalten zu wollen. Die Richterin stellte aber zugleich dar, dass die beiden Angeklagten über einen langen Zeitraum gegen das Waffengesetz verstoßen hätten. In diesen Fällen sind Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren möglich, erklärte das Gericht.

Dennoch empfanden die beiden Rentner, die durch keinen Verteidiger vertreten wurden, die Strafen als zu hoch. Doch sie akzeptierten schließlich das Urteil gegen sie und willigten auch dem endgültigen Einzug der Weltkriegspistole mit Munition ein.

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