Der kranke und seit Jahren arbeitsunfähige Mann war erbost, dass er wieder kein Geld vom Jobcenter erhalten hat und suchte daher die Starnberger Behörde auf, um die Auszahlung zu verlangen. Doch es fehlten dafür noch die nötigen Unterlagen und Kontoauszüge. Darauf beleidigte und bedrohte der einschlägig vorbestrafte Angeklagte, der in einer Obdachlosenunterkunft lebt, den Beamten im Jobcenter. Der Fall, der sich im vergangenen Oktober abspielte, wurde jetzt vor dem Amtsgericht Starnberg verhandelt. Laut Anklage hatte der 52-jährige Mann den Behörden-Mitarbeiter zweimal als "Arschloch" bezeichnet und ihm gedroht, dass "er aufpassen sollte, nicht abgestochen zu werden".
Der Angeklagte räumt die Vorwürfe ein, versicherte aber, keine Mordabsichten gehegt zu haben. Der Mann wurde wegen Bedrohung und Beleidigung zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt - muss aber keine Sozialstunden ableisten, wie sie der Staatsanwalt gefordert hatte. Der ehemalige Elektriker, dessen linker Arm seit einem Arbeitsunfall vor sechs Jahren gelähmt ist, versuchte im Prozess, seinen Ausraster zu erklären. "Ich war kaputt und frustriert und brauchte Geld für meine Medikamente", erzählte der Angeklagte. Zudem habe er an dem Tag vier Stunden im Jobcenter warten müssen und habe deshalb dort "zur Beruhigung zwei Bier getrunken". Er behauptete auch, dass sein Sozialbetreuer ihm zu wenig helfe und dass ihm ungerechtfertigt mehrfach Geld für Strom abgezogen worden sei. Der Hartz IV-Empfänger berichtete obendrein davon, "immer Panikschübe zu bekommen", wenn er auf Ämter müsse. Der frühere Handwerker, der sich keinen Verteidiger leisten konnte, verhielt sich in der Verhandlung jedoch sehr korrekt und entschuldigte sich auch beim Jobcenter-Mitarbeiter.
Dafür lobte ihn Richter Franz von Hunoltstein, der von einer sicher nicht leichten Situation des Angeklagten sprach, der auch schon wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden war. "Ich glaube, Sie sind verzweifelt und verbittert darüber, wie Ihr Leben verlaufen ist", sagte der Richter. Er wolle dem 52-Jährigen auch nicht unterstellen, "Leute abstechen" zu wollen. Denn in diesem Fall handele es sich um eine spontane Tat - was auch die Staatsanwaltschaft so einschätzte. Der Richter verwies aber auf "latente Ängste" bei Behörden-Mitarbeitern, die nie wüssten, ob vielleicht etwas passieren könnte.
Diesen Druck spürte wohl auch der Beamte des Jobcenters, als damals ihn der Mann aufgebracht zur Rede stellte und das Gebäude erst verlassen wollte, wenn er das Geld erhalten habe. "Es war eine unangenehme Situation, die ich durchaus bedrohlich erlebte", sagte der 39-jährige Zeuge. Er habe in Begleitung der Security versucht, dem Mann im Treppenhaus die Sachlage zu erklären. Doch der sei ihm immer näher gekommen und habe dann die Drohung ausgesprochen, berichtete der Mitarbeiter.
Bei dem Vorfall verweigerte sich der Angeklagte auch der Anweisung einer alarmierten Polizeistreife, das Dienstgebäude zu verlassen. Er willigte schließlich doch ein und ging mit den Beamten friedlich nach draußen.