Gericht:Hiebe und Liebe

Lesezeit: 2 min

Prozess um Raufereien im Asylbewerberheim Gauting

Von Michael Berzl, Gauting

Junge Männer, die in der Enge einer Notunterkunft aus Containern zur Tatenlosigkeit verurteilt sind, Eifersucht und zu viel Alkohol: Das hat sich als unverträgliche Mischung erwiesen. Mindestens zweimal hat die Gemengelage in einer Asylbewerberunterkunft in Gauting zu Raufereien mit Faustschlägen, Fußtritten und deftigen Beleidigungen geführt. Auch Polizisten wurden in die Auseinandersetzungen verwickelt; mehrere Strafanzeigen liegen vor. Zwei Männer im Alter von 21 und 23 Jahren, die nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft zugeschlagen haben, stehen seit Donnerstag in Starnberg vor Gericht. Die Vorwürfe lauten unter anderem: Körperverletzung, Beleidigung und Angriff auf Vollstreckungsbeamte.

Es waren zwei Vorfälle im vergangenen Jahr, die nun vor dem Amtsgericht verhandelt werden. Im März rückte die Polizei aus, als die Angeklagten in angetrunkenem Zustand nachts aufeinander losgegangen waren. Die Beamten mussten die Männer fesseln, um die Situation zu beruhigen. Einer von ihnen hatte nach eigenen Angaben zuvor schon eine Flasche Wodka und etliche Red Bull getrunken. Der 23-Jährige habe sich auch dann noch mit Händen und Füßen gewehrt, als er schon gefesselt am Boden lag, schilderte ein Polizist als Zeuge. Nur mit Gewalt sei es möglich gewesen, den Angreifer, der währenddessen deftige Beleidigungen ausstieß, in ein Polizeiauto zu verfrachten. Schließlich wurde ein Rettungswagen gerufen, ein Notarzt habe dem renitenten jungen Mann eine Beruhigungsspritze verpasst, ehe er ins Krankenhaus gebracht wurde.

Im Juli sollen die Angeklagten gemeinsam einen weiteren jungen Mann angegriffen haben, der ebenfalls in der Asylbewerberunterkunft in Gauting wohnte. Mittlerweile lebt der 21-Jährige weit weg im Osten Oberbayerns; da er sich in einem Zeugenschutzprogramm befinde, wollte Jugendrichter Ralf Jehle den genauen Ort nicht nennen. Zur Verhandlung in Starnberg wurde der Zeuge von zwei bewaffneten Zivilpolizisten und einem Rechtsanwalt begleitet. Der 21-Jährige schilderte, wie er mit Fäusten geschlagen wurde und einer der Angeklagten versucht habe, ihm mit einem Stuhl auf den Kopf zu schlagen. Auch an jenem Abend seien alle drei Beteiligten betrunken gewesen.

Er ist nun nach eigenen Angaben nach islamischem Ritus mit der Frau verheiratet, die zuvor mit dem ebenfalls 21-jährigen Angeklagten befreundet war. Dies scheint eine große Rolle zu spielen bei den Streitigkeiten mit handgreiflichen Folgen. "Wir lieben uns", sagte der junge Mann, seine Lebensgefährtin erwarte ein Kind. Zugleich lebt das Paar in Angst: "Wenn die Eltern uns finden, tun sie uns etwas an."

Da die Verteidiger noch genauer wissen wollen, was an jenem Sonntagabend im Juli vorgefallen ist, wollen sie noch einen weiteren Zeugen hören, der damals ebenfalls dabei war. Außerdem soll ein Rechtsmediziner die Schuldfähigkeit des 21-jährigen Angeklagten beurteilen, der wegen Depressionen psychotherapeutisch behandelt wird. Der Prozess wird nach den Pfingstferien fortgesetzt.

© SZ vom 07.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: