Süddeutsche Zeitung

Geretsried:"Sportschau" dahoam

Tore, Tabellen und Legenden: Der TuS Geretsried spielt in der Landesliga. Doch seit zwei Fußballtrainer ein vereinseigenes Fernsehstudio eingerichtet haben, werden die Spiele dort fast schon aufbereitet wie bei einem richtigen Profiklub

Von Konstantin Fahrner, Geretsried

Ralf Zender und Norbert Junius sind ein eingespieltes Team. Als ehrenamtliche Fußballtrainer und leidenschaftliche Spielerväter beim TuS Geretsried spielt sich ein Großteil ihrer Freizeit am Spielfeldrand ab. Ein Ort, an dem man schnell ins Plaudern kommt. Vor allem, wenn die Söhne der beiden auf dem Fußballplatz gerade alles geben. Das verbindet. Und so kommt es, dass Junius an einem der unzähligen Samstagvormittage seinem Freund und Kollegen Zender eine Idee offenbart, die ihn schon seit geraumer Zeit umtreibt: "Ralf, ich mach' jetzt ein Studio."

Gesagt, getan. Kurz darauf machen sich die beiden daran, ein vereinseigenes Fernsehstudio einzurichten: vier große Lampen, ein selbstgepinselter Green Screen, ein alter Klapptisch samt grüner Stoffdecke und es ist vollbracht. Nur noch ein paar Klicks, und schon findet sich Moderator Junius im blitzblanken, virtuellen Fernsehstudio des TuS Geretsried wieder, an einem dynamischen Moderatorentisch in TuS-Grün, umrahmt von einer Reihe Kameras und Scheinwerfern, hinter sich das Logo des Vereins auf der Leinwand. "Herzlich willkommen aus unserem neuen TuS-Studio in der Jeschkenstraße!", sagt der 59-Jährige freundlich in die Kamera. Auf der rechten und linken Seite laufen Banner mit dem Leitspruch des Vereins: "Ob groß, ob klein, ein Verein." Junius berichtet im Sportschau-Stil über alles, was den Verein bewegt: News, Tore, Ergebnisse, Sponsoren, Sportlegenden und mehr.

Zender ist der Mann hinter der Kamera. Der 55-Jährige hat früher unter anderem für Sky gearbeitet und bringt so das nötige technische Verständnis mit. Für das Erstellen einer Sendung benötigt er im Schnitt zwei Tage Produktionszeit. Schließlich haben er und Junius einen professionellen Anspruch an ihre Arbeit. Das Material für Einspielungen und Berichte steuern die beiden selbst bei oder lassen es sich von anderen sportbegeisterten Vereinsmitgliedern zusenden. Die Ideen und Konzepte für ihre stetig wachsende Anzahl an Rubriken erarbeiten sie ebenfalls im Team. Und nach mittlerweile etwa sechs Wochen intensiver Arbeit sind bereits drei Sendungen auf der Facebook-Seite und dem Youtube-Kanal des TuS Geretsried zu sehen.

Die Resonanz fällt bisher sehr positiv aus. Auch wenn sich Junius manchmal ein wenig verhaspele, wie er selbstkritisch grinsend zugibt. Gerade die jungen Spielerinnen und Spieler sind sehr angetan von der erhöhten Präsenz ihres Vereins in den sozialen Medien. Auch die Medienabteilung des Bayerischen Fußballverbandes wurde schon auf das Projekt aufmerksam. Und genau darum gehe es, so Zender. Reichweite generieren, Sponsoren anwerben, Teamgefühl stärken. Letzteres ist den beiden Spielervätern besonders wichtig. Sie wollen mit ihrer Herangehensweise den Fußball vor allem für Jugendliche wieder attraktiver machen. Beide beobachten zu Hause, auf dem Platz und im Trainingslager, wie Social Media immer größeren Einfluss auf das Alltagsleben des Vereinsnachwuchses hat. "Je älter sie werden, desto schwieriger wird es ja ohnehin, sie zu halten", bemerkt Zender. Deswegen müsse man ihnen als Verein etwas bieten. Werte transportieren. Heutzutage sei das am besten über Facebook, Youtube und Co. möglich. Außerdem mache der Verein so noch zusätzlich Werbung für sich. Sponsoren kämen dann ganz von selbst, so Junius. Er ist neben seiner Trainertätigkeit als stellvertretender Leiter der Fußballabteilung mit einem Großteil der Öffentlichkeitsarbeit betraut. Und er pflichtet Zender bei, wenn dieser sagt: "Sport ist wichtig." Deswegen gehe es heutzutage darum, Kindern und Jugendlichen auch eine Plattform dafür zu bieten.

Im Vergleich zur ersten Sendung haben sich Junius und Zender in der zweiten und dritten gesteigert. Mittlerweile gibt es ein anspruchsvoll produziertes Intro, der Ton ist besser und Junius liest souverän vom Teleprompter ab. "Sieht jetzt schon nach Fernsehen aus", findet Zender. Jetzt sind die beiden aber noch auf der Suche nach einem "schmissigen Titel" für ihre Sendung. Vorschläge seien jederzeit willkommen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4456961
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.05.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.