Geothermie in Bernried:Zittern vor dem Cheopspyramiden-Loch

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Erdbeben, Schäden an Häusern, Hohlräume im Boden: In Bernried steigt die Angst vor dem Geothermie-Projekt. Selbst Fachleute sind gegen die Sorgen machtlos.

Sylvia Böhm-Haimerl

In Sachen Geothermie-Projekt Bernried sind die Fronten verhärtet. Auf der Informationsveranstaltung am Dienstag meldeten sich ausschließlich Geothermie-Gegner unter den knapp 200 Besuchern zu Wort. Die Diskussion war geprägt von Zwischenrufen, Anfeindungen und Skepsis gegenüber den Aussagen der geladenen Fachleute.

Die Erde bebt, wenn diese Maschinen zu arbeiten beginnen: An 2750 Meßpunkten rund um Bernried haben "Vibro-Trucks" im vergangenen Jahr getestet, wo sich am erfolgversprechendsten nach heißem Tiefenwasser bohren läßt. (Foto: Region.STA)

Bürgermeister Josef Steigenberger zeigte Verständnis für die Ängste der Bürger. Persönlichen Angriffen aber werde er mit noch mehr sachlicher Information begegnen, versprach er. Künftig sollen Veranstaltungen in kürzeren Abständen erfolgen und auf Wunsch interessierte Bürger Einblick in Gutachten oder Genehmigungsverfahren bekommen. Bei Fragen können sich die Bürger an das Rathaus wenden. Die erste Bürgersprechstunde findet bereits am Montag, 28. Juni, 16 Uhr, statt.

"Wir haben hier Häuser, wir müssen mit den Folgen leben", brachte ein Besucher die Ängste der Bürger auf den Punkt. Als Folge der Bohrungen werden Erdbeben befürchtet und Schäden an den Häusern sowie Lärmbelästigungen. "Wir haben einen relativ verträglichen Standort", betonte Lutz Stahl von der BE-Geothermal. Die Lärmentwicklung sei mit 40 Dezibel auf dem "extrem niedrigen Niveau" eines Kühlschrankbrummens. Erdbebenforscher Joachim Wassermann hält das Risiko eines Erdbebens in Bayern für äußerst gering. "Schäden sind sehr, sehr unwahrscheinlich", betonte er.

Damit wollten sich die Gegner des Projekts allerdings nicht zufriedengeben. Sie forderten die schriftliche Zusage, dass Schäden ausgeschlossen werden können. "Es gibt keine Garantie in der Wissenschaft", musste Wassermann einräumen. Auch eine schriftliche Zusicherung, dass Gemeinde, Betreiber und ihre Versicherungen im Fall eines Schadens die Entschädigung übernehmen, konnte nicht gegeben werden. Allerdings versprach Steigenberger, Einsicht in die Versicherungsunterlagen zu geben.

Hohlraum - so groß wie eine Cheopspyramide?

Dem Hinweis der Gegner, wonach sich wissenschaftlich belegen lässt, dass durch Geothermie Erdwärme abgebaut wird, widersprach der Geologe Achim Schubert. Er hatte per Computersimulation die Auswirkungen hochgerechnet mit dem Ergebnis, dass erste Anzeichen eines Temperaturrückgangs um wenige Grad frühestens nach mehr als 200 Jahren eintreten können.

Schubert widerlegte auch die Berechnungen eines Besuchers, wonach durch das Abpumpen des Wassers alle 112 Tage in 4500 Meter Tiefe ein Hohlraum in der Größe der Cheopspyramide entstehen wird. Um die Massenbilanz zu erhalten, sei es Vorschrift, das Wasser wieder zurückzuleiten, betonte er. Die Frage, was passiert, wenn im Sommer keine Erdwärme benötigt wird, konnte ebenfalls beantwortet werden. Im Winter wird der Erdwärme Vorrang gegeben und weniger Strom erzeugt, im Sommer sei es umgekehrt, erklärte Stahl.

Am Ende der mehr als dreistündigen Veranstaltung konnten aber weder die Experten, noch die Verbraucher, die bereits Erdwärme nutzen, das Misstrauen der Besucher zerstreuen.

© SZ vom 25.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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