Geldprobleme bei TV Stockdorf:Wege aus dem Schlamassel

Stockdorf TV

Der Vorsitzende Heinz-Rudolf Marzen (links) informiert die Mitgliederversammlung über die finanzielle Situation des TV Stockdorf.

(Foto: Georgine Treybal)

Wieder muss der Vorsitzende des TV Stockdorf erklären, warum die Kosten für ein Umkleidegebäude so aus dem Ruder laufen konnten. Die Folge: Es werden Schulden gemacht und die Beiträge erhöht

Von Michael Berzl, Stockdorf

Es gibt angenehmere Pflichten für einen Vereinsvorsitzenden als so eine Beichte. Zum zweiten Mal muss sich Heinz-Rudolf Marzen nun in größerer Runde rechtfertigen wegen dieser dummen Sache mit dem Neubau. Diesmal muss der Vorsitzende des TV Stockdorf den Mitgliedern erklären, wie es passieren kann, dass die Kosten für ein Gebäude mit Umkleiden für Tennisspieler und Fußballer dermaßen aus dem Ruder laufen. Ursprünglich waren 350 000 Euro angesetzt, mittlerweile reicht der doppelte Betrag nicht mehr ganz aus. Im Herbst hat Marzen schon die Gautinger Gemeinderäte über das finanzielle Schlamassel informiert und um Unterstützung gebeten. Vor allem aus der kommunalen Kasse wird das Loch nun gestopft; zugleich sammelt der Verein Spenden, verschuldet sich und erhöht im kommenden Jahr die Mitgliedsbeiträge.

Am Dienstagabend stand Marzen vor der ersten Jahresversammlung seit dem Bekanntwerden des Problems. Der Platz im Nebenzimmer des Vereinslokals reichte kaum aus, denn diesmal wollten sich viel mehr Mitglieder als sonst anhören, wie es weitergeht mit ihrem Verein, obwohl zugleich der FC Bayern gegen die Borussia spielte. Wie schon vor den Kommunalpolitikern meistert der hoch gewachsene Sportfunktionär die Angelegenheit mit großer Ruhe, er benennt die Zahlen, lässt Tabellen auf eine Leinwand projizieren, auf denen auf die Kommastelle genau nachzulesen ist, welche Posten teurer geworden sind und wo gespart werden kann. Er macht nicht den Eindruck, als würde er etwas beschönigen wollen. Die Mitglieder quittieren das mit einem Vertrauensbeweis. So lehnt es die deutliche Mehrheit ab, die Rechnungsprüfer mit mehr Rechten auszustatten und dazu die Satzung zu ändern. Mit Applaus quittiert die Versammlung einen Appell der Leichtathletin Annette Achtelik zur Ehrenrettung der Vereinsführung: "Hier macht ein Vorstand ein Riesenprogramm, ehrenamtlich und in seiner Freizeit. Das muss man auch einmal anerkennen." Als es um die Entlastung des Vorstands geht, ist das Votum einstimmig; die Sache mit dem Neubau bleibt dabei allerdings ausgeklammert.

Angefangen hatte alles damit, dass zu viel Geld da war. Für die Sanierung von Tennisplätzen hatte sich vor Jahren eine Rücklage von mehr als 50 000 Euro angesammelt; das Finanzamt in Fürstenfeldbruck mahnte an, dass das Geld verbraucht werde. Bei einem Skiausflug nach Garmisch entstand dann die Idee zu bauen, damit Fußballer und Tennisspieler ordentliche Duschen und Umkleideräume bekommen, damit auch ein Schiedsrichter einen eigenen Raum hat, wo er sich umziehen kann, um Kiosk, Geschäftszimmer und Lagerflächen unterzubringen. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war schon die erste Baukostenschätzung zu niedrig angesetzt, Steuern waren schlicht vergessen worden. Später kamen noch einige zusätzliche Ausgaben hinzu, weil zum Beispiel Kanal- und Stromanschluss teurer wurden als erwartet. Mittlerweile steht der zweistöckige Rohbau, die Finanzierung steht.

Vor allem die Gemeinde hat dem Verein, der etwa 1000 Mitglieder hat, aus der Patsche geholfen; Steuergelder in Höhe von 460 000 Euro fließen in den Bau. Die Tennisabteilung bringt 50 000 Euro auf, vom Landesverband gibt es einen Zuschuss, außerdem nimmt der Verein einen Kredit über 100 000 Euro auf. Auch eine Spendenaktion soll Geld in die Kasse bringen. Auf Faltblättern wirbt der Verein darum, symbolisch Bausteine für 100 Euro zu kaufen. Alle Förderer sollen auf einer Tafel im Eingangsbereich des Neubaus namentlich genannt werden. 1600 Euro seien schon eingegangen, berichtete Marzen. Im Mai muss er den Gautinger Finanzausschuss über die aktuelle Kalkulation informieren.

Unabhängig von der Fehlkalkulation beim Neubau werden die Mitgliedsbeiträge erhöht. Erwachsene müssen demnach künftig pro Jahr fünf Euro mehr bezahlen; das sind dann 85 Euro. Bei Jugendlichen erhöht sich der Beitrag auf 42 Euro.

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