Gautinger  ´Kult`:Festival der Generationen

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Mehr als 40 Bands auf vier Bühnen, drei Biergärten und ein Kinder- und Kulturprogramm ziehen junge und reife Besucher aus der ganzen Region an

Von Patrizia Steipe, Gauting

Als Erste bei einem dreitägigen Open-Air-Festival aufzutreten, ist normalerweise eine eher undankbare Angelegenheit. Das Publikum tröpfelt erst allmählich ein, alle orientieren sich noch, wandern von Bühne zu Bühne. In diesem Jahr war die Rolle der "Opener" auf dem Kulturspektakel Gauting jedoch von Vorteil. Es war die Zeit vor dem Amoklauf in München, doch die größte Sorge der Gäste galt zunächst dem Wetter, denn gnadenlos brauten sich die regenschweren Wolken am Himmel zusammen.

Ein letztes Mal tritt die Band "q-box" gemeinsam auf, was beim Publikum gemischte Gefühle, aber auch großen Jubel auslöst. (Foto: Georgine Treybal)

Ein Open-Air-Fan lässt sich von Sturzbächen nicht abschrecken. Seit 1982 gibt es das "Kult", und so wie sich die Eltern bei Regen damals unter Vorbauten und Regenschirmen gedrängt hatten oder einfach zu den Indoor-Events ausgewichen waren, so machen es ihre Kinder und Enkel heute auch. Gewachsen ist das Ganze freilich. Mehr als 40 Bands auf vier Bühnen, drei Biergärten, internationales Essen, ein Kinder- und Kulturprogramm mit Vorlesezelt, eine Foto-Ausstellung, Impro-Theater und ein riesiges Helferteam erwartete die Besucher aus der ganzen Region. "Das Kult" wie es liebevoll genannt wird, hat sich zu einem Festival der Generationen entwickelt. Oft unterscheidet sich nicht mal der Musikgeschmack von Jung und Alt. Den Heavy-Metal-, New-Wave- und Punkbands von damals stehen Indie-, Electro- und Alternative-Rock-Bands gegenüber. Damals wie heute gibt es viele Singer-Songwriter, die Selbstkomponiertes mit ihrer Akustik- oder E-Gitarre vortrugen. Zum Beispiel "Düsti". Der Pentenrieder nennt seine Musik "Acoustic Death Pop". Es sind eingängige, rockige Songs wie "Ghost", die er auf der großen Bühne anstimmte. Beim Heimweg von der S-Bahn Gauting nach Pentenried ist ihm das Stück eingefallen, sagt er dem Publikum.

Begeistert reagieren die vielen Besucher in Gauting aber auch auf den Gig von "The Capitols". (Foto: Georgine Treybal)

Auf der kleinen Bühne machten Running Choke mit drei Gitarren, Drums und dem Sänger Alternative Pop-Rock. "Ihr könnt gerne klatschen" feuerte der Sänger die Menge an. Auf der Waldbühne spielten Mighty Steel Leg Experience. Nachdenkliche träumerische Klänge mit Gitarre, Percussion, Glockenspiel und Gesang waren auch für die Kinderohren der benachbarten Bastelstationen des Kinderkults gut erträglich. Ganz im Gegensatz zur Musik von Sundog: In der Aula feuerten die Musiker ein Feuerwerk an "dreckigem, rauchigen Blues" ab (so ihre Beschreibung). Ein Vater hatte seinem Kind vorsorglich Ohrschützer aufgesetzt, denn es war laut und es war wild. Dok, Qi, Markus und Josi schleuderten ihre Haare in Headbanging-Manier, sprangen über die Bühne, hieben in ihre Instrumente und gaben vollen Einsatz.

Kontrastprogramm war in dem mit Nomadenteppichen, Lampen und Tüchern ausgestatteten Vorlesezelt geboten. Zum ersten Mal gab es dieses Angebot auf dem Kult. An diesem Abend stand Heinrich Böll "Irisches Tagebuch" auf dem Programm. Davor hatte es eine Leseprobe aus Otfried Preußlers "Räuber Hotzenplotz" gegeben. Daneben hatte das Kult-Team einige Publikumsmagnete für das Open-Air gewinnen können - wie Monobo Son, mit dem LaBrassBanda-Mitglied Manuel Winbeck, William's Orbit, die beste bayerische Newcomer-Band des Jahres 2015, oder Kanu, die neue Formation um die Lokalmatadore Rüdiger Sinn und Zlatko Pasalic. Mit gemischten Gefühlen jubelte das Publikum q-box auf der Großen Bühne zu. Die vier Pentenrieder Metal-Rocker hatten für ihren letzten gemeinsamen Auftritt eine energiegeladene Show mit Lichteffekten auf die Beine gestellt, dazu goss es in Strömen. Vor den Schauern brachten sich die Besucher im Musikraum in Sicherheit. Für die Fotoausstellung war das Zimmer ausgeräumt worden. Nur an den Wänden hingen von Schülern gestaltete Plakate wie: "The Beatles", "Das Sinfonieorchester", "Robbie Williams", "Dj Snake", "Queen", "Die Wiener Klassik" - das Programm des "Kult" hätte da locker mithalten können.

© SZ vom 25.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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