Gautinger Einzelhandel:Gute Chancen für neuen Supermarkt

Einkauf im Supermarkt

Bisher geben viele Gautinger ihr Geld in Nachbargemeinden aus. Daher würde sich nach den Prognosen von Gutachtern noch ein weiterer Supermarkt an der Ammerseestraße rechnen.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Gutachter prognostiziert einem Vollsortimenter auf dem ehemaligem Apparatebau-Firmengrundstück an der Ammerseestraße "überdurchschnittliche Flächenleistungen", doch der Konkurrenzdruck könnte steigen

Von Michael Berzl, Gauting

Ein weiterer Bioladen entsteht gerade am Hauptplatz in Gauting, eine neue Edeka-Filiale an der Bahnhofstraße ist schon geplant. Und damit ist wohl noch lange nicht Schluss: In absehbarer Zeit könnte es in der Gemeinde Gauting noch mehr Einkaufsmöglichkeiten geben; genügend Kundschaft gäbe es wohl. Fachleute gehen davon aus, dass auch ein Supermarkt an der Ammerseestraße gute Erfolgsaussichten hätte. "Überdurchschnittliche Flächenleistungen" erwartet hier ein Gutachter der Beraterfirma Cima. Am Dienstag rechnete er den Gemeinderäten im Bauausschuss vor, dass dort ein jährlicher Umsatz von bis zu sieben Millionen Euro zu erzielen sein könnte. Angesichts solcher Prognosen hat sich der Ausschuss mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, die Pläne für einen Supermarkt weiter zu verfolgen. So ein Laden wäre eine attraktive Einkaufsmöglichkeit für die Bewohner der Villenkolonie im Westen des Ortes.

Anlass für die Untersuchung waren die Überlegungen für die künftige Nutzung eines ehemaligen Firmengrundstücks an der Ammerseestraße. Das Areal wurde bis vor zwei Jahren von der Firma Apparatebau genutzt, die aber nun in die Nähe des Flughafens bei Oberpfaffenhofen umgezogen ist. In dem früheren Firmengebäude sind derzeit noch Flüchtlinge untergebracht, die aber voraussichtlich im Mai in Container umziehen sollen, die in der Nähe - ebenfalls an der Ammerseestraße - errichtet werden. Dann stellt sich wieder die Frage, was mit dem etwa 12 000 Quadratmeter großen Grundstück geschehen soll, das der Diehl-Gruppe in Nürnberg gehört. Dahinter soll auf lange Sicht ein neues Wohngebiet entstehen.

Aus wirtschaftlicher Sicht würde sich die Fläche eindeutig als Standort für einen Supermarkt eignen, hat Cima-Gutachter Christoph Rohrmeier herausgefunden. Er rechnet mit einem jährlichen Umsatz von mindestens 4600 Euro pro Quadratmeter; das läge deutlich über dem Durchschnitt. Der Experte empfiehlt dort einen sogenannten Vollsortimenter; in Frage käme also vor allem ein Rewe- oder Edeka-Markt, da der Tengelmann als Konkurrent gerade vom Markt verschwindet.

Der Fachmann hat sich auch über die Größenordnungen Gedanken gemacht und hält eine Verkaufsfläche von 1200 Quadratmetern für angemessen. Das wäre die gleiche Fläche, wie sie auch für den in einem neuen Wohn- und Geschäftshaus an der Bahnhofstraße geplanten Edeka-Markt vorgesehen ist. Zum Vergleich: Der Denns-Biomarkt, der in das Erdgeschoss des Neubaus auf dem sogenannten Grill-Grundstück am Hauptplatz einziehen soll, ist 700 Quadratmeter groß; der alte Tengelmann-Markt gegenüber umfasst nach Angaben von Bauamtsleiter Rainer Härta lediglich 470 Quadratmeter Fläche.

Der Cima-Gutachter hat auch untersucht, welche Auswirkungen ein neues Angebot auf bestehende Geschäfte in der Umgebung hätte. Mit Umsatzverlusten wäre demnach auch in Gilching, Neuried und Planegg noch zu rechnen - allerdings in Größenordnungen, die noch als verträglich gelten. Im Gautinger Ortskern veranschlagt er das Minus auf etwa neun Prozent. Eine Analyse über Chancen und Auswirkungen eines neuen Supermarktes ist mehr als eine Entscheidungshilfe für Kommunalpolitiker. "Das muss man planungsrechtlich machen", sagte Rohrmeier. Die Gemeinde habe dafür nach Angaben von Bauamtsleiter Rainer Härta einen Betrag in einem "niedrigen fünfstelligen Bereich" ausgegeben, also mehr als 10 000 Euro.

Einige Anwohner vernehmen die von dem Fachmann entworfenen Szenarien mit großer Skepsis. Aufmerksam haben sie die Ausschusssitzung am Dienstagabend verfolgt und konnten ihrem Missfallensbekundungen kaum noch unterdrücken. Offenbar rechnen sie insbesondere mit zusätzlicher Verkehrsbelastung.

Auch unter den Gemeinderäten gibt es einige Gegner eines Supermarktes an der Ammerseestraße. So warnte Vize-Bürgermeister Jürgen Sklarek (SPD) vor der Konkurrenz für den Einzelhandel im Ortskern. FDP-Gemeinderat Markus Deschler räumte ein, dass das zusätzliche Angebot aus Sicht des Verbrauchers zwar sympathisch sei, dass aber zum Beispiel ein Bäcker oder Gemüseladen am Pippinplatz in ihrer Existenz bedroht sein könnten. Franz Jaquet (CSU) glaubt, dass die Entscheidung über den Tengelmann am Hauptplatz längst gefallen ist, egal, ob nun ein neuer Laden kommt oder nicht. Wolfgang Meiler (BiG) freut sich über das zusätzliche Angebot, weil dann mehr Kaufkraft im Ort bleibt.

Eine Abstimmung im Ausschuss ergab aber eine deutliche 9:4-Mehrheit für einen neuen Supermarkt an der Ammerseestraße. Bürgermeisterin Brigitte Kössinger hatte die Gemeinderäte eigentlich abstimmen lassen, um ein "Meinungsbild" zu bekommen, wie sie zunächst betonte. Später sprach sie aber versehentlich doch von einem "Beschluss".

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