Gauting:Tollkühne in ihren rollenden Kisten

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Beim Unterbrunner Seifenkistenrennen geht es um Schnelligkeit und Geschick. Im Vordergrund aber steht vor allem der Spaß an der Sache. (Foto: Arlet Ulfers)

Das Unterbrunner Seifenkistenrennen ist ein Spektakel, das nur alle zwei Jahre stattfindet. Für die Neuauflage des launigen Events am Samstag hat das ganze Dorf mit angepackt.

Von Jakob Thies, Gauting

Seifenkistenrennen sind nur was für Männer? Dass dieses plumpe Vorurteil nicht stimmt, zeigt die sechsjährige Frieda Heb. Zwar fehlt ihr noch ein Jahr, um am Unterbrunner Seifenkistenrennen teilzunehmen, dennoch wird sie am Samstag, 22. Juni, mit im Fahrerlager stehen und sich als „Glücksfee“ betätigen.

Frieda wird die Startreihenfolge für die beiden Rennklassen „Junge Wilde“ (Alter: Sieben bis 15 Jahre) und „Rennsemmeln“ (16 bis 99 Jahre) auslosen. Ihre 19-jährige Schwester Johanna hat sogar schon mehrfach den Preis für die originellste Kiste gewonnen. Jung, alt, Männer, Frauen, Kinder – alle machen mit in Unterbrunn. „Wir haben eine gute Mischung“, bringt Andreas Heb, Vater von Frieda und Johanna, die Philosophie des launigen Rennens auf den Punkt.

Andreas Heb und Hermann Geiger organisieren das Rennen an diesem Wochenende nun schon zum siebten Mal. Während sich an der Strecke mit ihren zwei rasanten 90-Grad-Kurven und 220 Metern Länge nichts verändert hat, haben sie sich für die Neuauflage etwas Besonderes einfallen lassen: ein Promi-Rennen. Landrat Stefan Frey tritt dabei gegen Markus Deschler, den Dritten Bürgermeister von Gauting, an.

Und wer hat in den regulären Klassen die größten Chancen auf den Sieg? So viel ist schon jetzt klar: Lokalmatador Robert Ruschig, zuletzt Sieger 2022, fehlt diesmal verletzungsbedingt. Dafür gibt es neue, unbekannte Starter, die für ihre Teilnahme weite Anreisen sogar bis aus Rosenheim auf sich nehmen wollen. „Einen Favoriten können wir in diesem Jahr überhaupt nicht ausmachen“, betont Vater Heb.

Freuen sich auf das Seifenkisten-Rennen am Samstag: Alexander, Andreas und Alexandra Heb sowie Rebecca Möcks (v.li.). (Foto: Georgine Treybal)
Hermann Geiger organisiert das Rennen wieder gemeinsam mit Andreas Heb. (Foto: Nila Thiel)

Dafür, dass den Teilnehmenden auf der Rennstrecke nichts passiert, haben die Organisatoren alles gegeben. Das Reglement und die Sicherheitsvorkehrungen wurden eng mit dem Ordnungsamt Gauting abgestimmt. Ausrangierte Matratzen schützen vor Pfosten und Bäumen, dicke Strohballen dienen als Streckenbegrenzung. Geiger hat dafür schon im vergangenen Sommer das Stroh gepresst.

Allerdings muss nicht nur die Rennstrecke sicher sein. Auch die Seifenkisten müssen gewisse Standards erfüllen, eine sichere Lenkung und Bremsen sind Pflicht. Für die Teilnehmenden gilt: Helm auf, anschnallen – und dann ab auf die Piste!

In den Vorjahren haben es bereits die abstrusesten Gefährte auf die 220 Meter lange Strecke geschafft. Die Burschenschaft Unterbrunn hatte mal ein fahrendes Bett gebaut, das aber im Rennen in einer Kurve hängenblieb. Auch ein Ohrensessel war bereits auf dem Hang unterwegs. Geiger, Jahrgang 1956, erinnert das immer wieder an den Einfallsreichtum seiner eigenen Jugend. Aus „ganz primitiven Sachen“ wie einer Obstkiste hätten sie damals Seifenkisten gebaut. Von seinem diesjährigen Gefährt ist Geiger indes wenig überzeugt: zu langsam.

Perfektion ist aber auch gar nicht gefordert. Heb betont, dass es bei dem Rennen nicht darum gehe, die perfekte Seifenkiste zu bauen. Es komme vielmehr darauf an, sich in der Vorbereitung „im Miteinander auf ein Ziel zu einigen“, sagt Heb, „auf das man dann zusammen hinarbeitet“. Dennoch hat er gemeinsam mit Sohn Alexander in diesem Jahr wieder hohe Ambitionen. Sie haben früh angefangen zu tüfteln. Ihre neu gebaute Seifenkiste erreicht Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 28 Kilometern pro Stunde.

In Unterbrunn ist der Wettbewerb mittlerweile ein echter Publikumsmagnet geworden. Vor zwei Jahren kamen mehr als 1000 Zuschauer aus der ganzen Region, um das Spektakel zu verfolgen. Auch diesmal rechnen die Veranstalter mit einem ähnlich großen Interesse.

Um dem Andrang Herr zu werden, packt wieder jeder im Dorf mit an – auch Familie Heb: Frieda spielt die Glücksfee, Johanna hilft im Fahrerlager mit und ihre Mutter Alexandra baut schon seit Wochen mit der Kinderfeuerwehr an einer Seifenkiste.

Die Freiwillige Feuerwehr baut zudem eine Großleinwand auf, auf der man im Ziel die Zeiten der Teilnehmenden sehen kann. „Man hilft zusammen“, erklärt Heb. „Egal ob man urstämmig aus dem Dorf kommt oder Zugereister ist. Das hat einen großen Integrationsfaktor“.

Dass die Kommunen klamm sind, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Durch die starke Unterbrunner Dorfgemeinschaft und lokale Sponsoren ist es auch in diesem Jahr wieder möglich, das Rennen zu veranstalten. „Einigkeit macht stark“, erklärt Heb.

Das 7. Unterbrunner Seifenkistenrennen findet am Samstag, 22. Juni, ab 14 Uhr statt. Alle Informationen zum Ablauf finden sich online unter www.unterbrunner-seifenkistenrennen.de.

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