Gauting:Triumphales Heimspiel

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Auf einer Linie: Johannes (links) und Benjamin Moser bei ihrem Auftritt in Gauting. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Brüder Johannes und Benjamin Moser sind im Duo selten zu erleben. Im Bosco demonstrieren die Gautinger bei einem russischen Programm, dass sich Homogenität und musikalisch unterschiedliche Charaktere keineswegs ausschließen

Von Reinhard Palmer, Gauting

Ein ausverkaufter Saal im Gautinger Bosco war den beiden Brüdern von vorneherein sicher. Den meisten Konzertbesuchern sind sie wegen ihrer musikalischen Aktivitäten in der Würmtaler Schulzeit noch in bester Erinnerung. Und das, obwohl Johannes Moser (Violoncello) bald an die Musikhochschule Berlin gewechselt war, schon recht früh in die internationale Elite aufstieg und seither durch die Welt tourt, während der jüngere Benjamin Moser (Klavier) ein paar Jahre später nach Berlin nachzog, um ebenfalls einen beachtlichen Karrierestart hinzulegen.

Gemeinsam sind sie eher selten in einem Konzert zu erleben. Was wohl auch den Hintergrund hat, dass die Beiden völlig unterschiedliche musikalische Charaktere sind. Nachdem sich Johannes und Benjamin Moser offenbar eingehend mit der russischen Literatur auseinandergesetzt haben und jeweils Preisträger des renommierten Tschaikowsky-Wettbewerbs in Moskau sind, lag es wohl nahe, mit russischem Repertoire die Duo-Einigkeit zu suchen.

Zumal diese Literatur, im Speziellen die der beiden Sergejs, Prokofjew und Rachmaninow, so reichhaltig an emotionalen Ausprägungen ist, dass für jedes Temperament ein Zugang offen steht. Zudem ging es im Programm auch um Werke Prokofjews, die schwerpunktmäßig nicht zu den grotesken Vorstößen in die moderne Freitonalität gehören.

Ein starkes Motiv und ein immer wiederkehrendes, fast schon prägendes Element der Werke waren zweifelsohne die breit ausgesungenen melodischen Linien. Johannes Moser ging diese Passagen mit substanzvollem Strich an, er warf sich gleichsam in die leidenschaftlichen Fluten. In den zarten, kantablen Rücknahmen etwa in der C-Dur-Sonate op. 119 von Prokofjew, die meist einer Neuentwicklung zur hymnischen Größe vorausgehen, brillierte er indes mit tief beseelter Empfindsamkeit.

Benjamin Moser sorgte als der introvertierte Gegenpol im Duo eher für die sinnierenden Komponenten, die gerade den psychisch labilen Rachmaninow auch als Zweifler und Grübler darstellten. Dessen "Vocalise" war daher der Idealfall für die Balance der Musiker, ging es ihnen doch um einen sehr intimen Zugriff zwischen berührendem Gesang und dessen poetischer Grundierung.

Damit beginnt auch das Adagio aus Prokofjews "Cinderella"-Ballett, die Schlussszene mit seligem Glockengeläut im Klavier, während das Cello das Liebesturteln kreiert. Auch in der großen Öffnung zur triumphalen Hymne hin blieb das Duo Moser homogen im leidenschaftlichen Klangwogen.

Auch in den beiden scherzoartigen Sätzen spielten die Gebrüder Moser die Gestaltungsmöglichkeiten aus. In Rachmaninows g-Moll-Sonate op. 19 noch schwerfällig und düster, eher dem Trotten eines Braunbären ähnlich. In Prokofjews auf das Pionierthema Peters aus "Peter und der Wolf" gestütztes Sonatenmoderato wurde es humoriger - ein hinreißend spaßiges Kabinettstückchen in der Moser-Interpretation .

In den ausdrucksgewaltigen, vor allem temperamentvollen Passagen, die vordringlich in der Prokofjew-Sonate immer wieder ausbrachen, dominierte Johannes Moser das Klangbild in solistischer Weise. Das ist von den Komponisten in gewisser Weise auch so angelegt. Bei so unterschiedlichen musikalischen Charakteren - kraftstrotzend und führend Johannes, Energie in Seelentiefe suchend Benjamin - bedeutete dies jedoch, dass die Parts auseinanderdrifteten und die Homogenität auf eine harte Probe gestellt war. An Spannung fehlte es dadurch jedenfalls nicht.

Das Publikum war einmal mehr begeistert. Mit den Zugaben von Skrjabin (Romanze) und Saint-Saëns ("Der Schwan") ging ein gewichtiges Konzert im Bosco zu Ende.

© SZ vom 19.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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