Süddeutsche Zeitung

Traumata bei Rettungsdiensten:"Die Bilder setzen sich in den Köpfen fest"

Der tragische Unfall in Gauting, bei dem ein 90-Jähriger seine eigene Frau überfuhr, belastet auch Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter.

Von Christian Deussing, Gauting

Es war ein tragischer Unfall, der sich am Dienstagvormitttag auf dem Rottenfußer Platz beim Jugendzentrum mitten in Gauting abgespielt hat. Laut Polizei parkte ein 90 Jahre alter Autofahrer rückwärts aus, krachte offenbar mit Vollgas gegen Glascontainer und schoss dann vor Schreck im Vorwärtsgang in die sieben Meter entfernte Parklücke - wo er seine völlig überraschte 85-jährige Ehefrau überfuhr und tödlich verletzte. Es ging blitzschnell, sie hatte keine Chance. Der Gautinger kam mit einem schweren Schock ins Krankenhaus. Gegen den Rentner wird jetzt wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Sein demolierter Wagen wurde sichergestellt, zwei weitere beschädigte Fahrzeuge mussten abgeschleppt werden, der Gesamtschaden beträgt rund 40 000 Euro.

So einen schlimmen Unfall habe es in Gauting noch nie gegeben, sagt der örtliche Polizeichef Andreas Ruch. Der Führerschein des 90-Jährigen ist beschlagnahmt worden. Aber er glaube nicht, dass sich der Mann jemals wieder an ein Autosteuer setzen werde, so Ruch. Eine Anwohnerin hatte gegen 10 Uhr von ihrem Balkon aus das dramatische Geschehen bemerkt und sofort die Polizei alarmiert. Sechs Beamte trafen kurz darauf am Unglücksort ein, ebenso zwei Notärzte, Rettungssanitäter und 14 Feuerwehrleute, die den Parkplatz zwischen dem Jugendzentrum und dem Kulturhaus Bosco absperrten und den Unfallort absicherten.

Es gibt auch psychologische Hilfen für die Einsatzkräfte

Für die Kollegen sei der außergewöhnliche Einsatz sicher belastend gewesen, weil man diesen Anblick nicht so leicht vergesse, erläutert Inspektionsleiter Ruch. "Denn die Bilder setzen sich in den Köpfen fest." Darüber werde intern gesprochen, um das Geschehen besser verarbeiten zu können. Zudem könne bei Bedarf der psychosoziale Dienst der Polizei in Anspruch genommen werden, sagt Ruch.

"So ein Einsatz geht nicht spurlos an einem vorbei", berichtet auch Daniel Thugut, der am Dienstag den Einsatz der Gautinger Feuerwehr geleitet hat. Aber zum Nachdenken komme man erst oft hinterher, daher habe es noch eine Nachbesprechung im Gerätehaus gegeben - mit dem Tenor, dass die Situation aussichtslos gewesen sei und man "keinen Fehler gemacht" habe. Sollten Feuerwehrleute oder andere Einsatzkräfte weitere Hilfe benötigen, könnten sie sich an die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) im Landkreis Starnberg wenden, so Thugut. Am Dienstag war auch das Kriseninterventionsteam (KIT) nach Gauting gekommen, um Angehörigen und Zeugen beizustehen und zu helfen.

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