Straßentheater:Auf getrennten Wegen

Die Auftritte des französischen Ensembles Pudding Théâtre sind hochpolitisch. Nun zeigt die Gruppe in Gauting ihr neues Stück "Soupir.s", das in spektakulären Bildern das Leben von früh getrennten Zwillingen nachzeichnet.

Von Gerhard Summer, Gauting

Straßentheater: Opulente und poetische Bilder: Das "Pudding Théâtre" aus Frankreich zeigt in Gauting die Deutschland-Premiere seines Stücks "Soupir.s"

Opulente und poetische Bilder: Das "Pudding Théâtre" aus Frankreich zeigt in Gauting die Deutschland-Premiere seines Stücks "Soupir.s"

(Foto: Vincent Muteau)

Es soll Stücke geben, die keiner gesehen haben muss, aber eben auch Vorstellungen, die man am besten zweimal hintereinander anschauen sollte. Die neue Produktion der renommierten französischen Compagnie Pudding Théâtre mit Feuerwerk, Tanz, Akrobatik und viel Musik gehört offenbar unbedingt zu den Letzteren. Bei ihren Auftritten am Wochenende in Gauting, ihrem ersten Deutschland-Gastspiel, zeigen die 20 Schauspieler und Techniker das Stationendrama "Soupir.s" (seufzen, atmen): Auf zwei benachbarten Straßen, der Grubmühlerfeld- und der Schlossstraße, zeichnen sie in so spektakulären wie poetischen Bildern die parallel verlaufenden Biografien der Zwillinge Mona und Marco nach. Die Zwei sind 1945 noch als Babys getrennt worden. Beide leben ihr Leben, ohne voneinander zu wissen, und begegnen sich nie mehr.

Letztlich gehe es dabei um die Folgen von Weltkrieg und Flucht bis in die dritte Generation und um die "diffusen Ängste", die noch ihre Enkelkinder verspürten, sagt Sabine Zaplin vom Theaterforum Gauting. Weil sozusagen auch das Publikum getrennt wird, gibt es zwei Straßentheater-Abende an diesem Samstag und Sonntag. Wer die komplette Geschichte mitkriegen will, tut also gut daran, beide Vorstellungen zu besuchen. Treffpunkt ist jeweils um 21.30 Uhr am Bosco, eine halbe Stunde vorher bietet das Kulturhaus eine Einführung in das Stück an. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht.

In Deutschland haben Schauspieler meist ein Dach über dem Kopf, Zaplin zufolge gibt es nur noch wenige Straßentheater-Festivals wie das "Via Thea" in Görlitz. In Frankreich ist dieses Genre jedoch nach wie vor populär. Christophe Chatelain, der Chef der Compagnie, sei sogar Dozent für Straßentheater an der Uni in Paris, sagt Zaplin. Diese Freilicht-Inszenierungen seien sozusagen "demokratisches Theater" und auch für Zuschauer gedacht, "die nicht in so einen bürgerlichen Tempel gehen wollen."

Das Ensemble aus dem französischen Jura ist vor mehr als drei Jahrzehnten gegründet worden und gehört zu den ältesten und renommiertesten Straßentheatern Frankreichs. Wie Zaplin meint, sei die Truppe auf hochpolitische Stücke abonniert, die Produktion vor "Soupir.s" zum Beispiel habe sich um das Bürgerkriegsland Syrien gedreht. Und: Die Schauspieler um Christophe Chatelain hätten ihren ganz eigenen Stil entwickelt, eine Mischung aus Spektakel, zirzensischen Szenen, beseelten Bildern und Dialogen, die bei der Deutschland-Premiere von "Soupir.s" simultan ins Deutsche übersetzt werden. Einmal dürfen die Zuschauer sogar in die Rolle von Statisten schlüpfen und einen imaginären Marktplatz bevölkern.

Weiter Infos: bosco-gauting.de und Telefon 089/45238580. Die Theaterroute über Grubmühlerfeldstraße (vom Lokal Syrtaki bis zur Gautinger Insel), Am Würmufer und Schlossstraße wird am 29., 30. und 31. Juli von 21 bis 23 Uhr für den Verkehr gesperrt.

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