Freizeit:So schön ist das Mühltal zwischen Gauting und Starnberg

Freizeit: Spannende Geschichte(n) aus dem Mühltal von der Eiszeit über bajuwarische Hügelgräber bis zur Gegenwart birgt das neue Ausflugsbuch von Stephan Limmer.

Spannende Geschichte(n) aus dem Mühltal von der Eiszeit über bajuwarische Hügelgräber bis zur Gegenwart birgt das neue Ausflugsbuch von Stephan Limmer.

(Foto: Stephan Limmer/oh)

Stephan Limmer will mit lokalhistorischen Büchern vor allem die Neugier von Kindern auf ihre Heimat wecken. Sein neuer Führer macht Lust auf Ausflüge an der Würm.

Von Blanche Mamer

Stephan Limmer sitzt im Innenhof des Gautinger Feuerwehrhauses im Schatten. Gesicht und Unterarme sind braun gebrannt und zeugen von viel Aufenthalt im Freien. Tatsächlich hat der Brandinspektor der Berufsfeuerwehr München und immer noch Aktive der Freiwilligen Feuerwehr in Gauting gerade sein neues Buch veröffentlich. Titel des sehr anschaulichen und aufwendig gestalteten Führers: "Mühltal. Eine Zeitreise - Geschichte beim Radeln und Wandern gemeinsam erleben."

Vom Cover blicken zwei Mädels in Shorts und Fahrradhelmen fröhlich über ihre Schultern Richtung Leser. Kinder wie die beiden Mädchen sind das Zielpublikum. Denn Limmer geht es, wie er sagt, zum einen darum, die einzigartig schöne Natur rund um Gauting, das Mühltal und die Würm zu zeigen und zum anderen, in die Geschichte einzutauchen und an 15 Stationen die Heimat neu zu entdecken. In HSU, dem Heimat- und Sachunterricht, wie das Fach in den dritten und vierten Klassen heute heiße, würden Kinder meist nur wenig über den eigenen Ort erfahren. Es sei denn, der Lehrer oder die Lehrerin seien selbst begeistert von der Ortsgeschichte. "Man hat uns in der Volksschule von Julius Cäsar erzählt und uns Jahreszahlen lernen lassen, aber nie den Bezug der Römer zu Gauting hergestellt", bedauert der 55-Jährige, der in Gauting aufgewachsen ist und in Unterbrunn lebt. Mit seiner zwölfjährigen Tochter Theresia und deren Kusine Paulina, 15, hat er die 16 Kilometer lange Rundtour erkundet, viel fotografiert, viel recherchiert. Ein Jahr hat er für das Büchlein gebraucht. Darin gelingt es ihm, die Geschichte von der Eiszeit bis heute einfach und anschaulich aufzubereiten und Lust zu machen auf eine Exkursion.

Gauting: Würmufer Autor Stephan Limmer

Der Gautinger Stephan Limmer will Heimatkunde packend vermitteln.

(Foto: Nila Thiel)

Der Ausflug beginnt mitten in Gauting, am Bahnhofsberg, auf Höhe der Sparkasse. Bereits 1644 sei hier ein kleinbäuerliches Anwesen erwähnt, die Sölde "Beim Grasser". Der obere steilere Teil des heutigen Bahnhofsberges hieß Grasserberg. Der Bereich zwischen Hangkante und Rathaus war bereits früh besiedelt. Schon 1865 hatte man hier erste bajuwarische Gräber entdeckt. Ein Drittel der auf 300 geschätzten Grabstellen sind seit damals allerdings bei Bauarbeiten zerstört worden. Als 2018 der Abriß der alten Villa am Krapfberg anstand, haben Archäologen zwei weitere Gräber und Skelette mit Grabbeigaben entdeckt. Die Beisetzung konnte auf das siebte Jahrhundert datiert werden.

Von dort führt Limmer die Wanderer auf dem alten Fuhrweg entlang an der Hangkante, der jetzigen Königswieser Straße. Dann geht es weiter über Königswiesen, Gut Rieden, Petersbrunn, Leutstetten und über die andere Würmseite zurück. Limmer bezieht sich in seiner Lokalhistorie ausdrücklich auf Historiker, Heimatforscher und Archäologen wie Philipp Apian, Julius Naue, Gerhard Schober, Professor Wolfgang Krämer und Karl Mayer. "Ich habe nur einige ihrer Erkenntnisse für den Ausflugsführer genutzt. Doch ohne ihr grandioses Wissen hätte ich das Büchlein nie schreiben können", sagt er.

Dass er mal in die Lokalgeschichte einsteigen und Bücher darüber schreiben würde, hätte er noch vor zehn Jahren nicht für möglich gehalten. Auch seine Lehrer, an die er sich nur mit einem leichten Schulterzucken erinnert, hätten keinen Deut auf einen Autor Limmer gegeben, sagt er und lacht. Über die Jugendfeuerwehr in Unterbrunn ist er zu seinem Beruf als Brandinspektor gekommen. Und es war ein Projekt, an dem er sich als Jugendleiter bei der Jugendfeuerwehr in Gauting beteiligte, das ihn 2013 zum Schreiben und Veröffentlichen brachte. Die Gruppe recherchierte den Starfighter-Absturz bei Königswiesen vom 17. April 1968. Darüber stellte sie einen Bericht zusammen, der große Beachtung fand. Unter anderem rückte er den verunglückten Piloten Ferdinand Eckert ins Bewusstsein der Gautinger. Der Anstoß für die zweite Untersuchung kam vom Unterbrunner Sammler und Heimatkundler Herrmann Geiger. "Er meinte, der Abschuss des britischen Lancaster-Bombers am Ortsrand von Gauting sei doch eine Recherche wert."

Als "Barfußhistoriker" ohne jede wissenschaftliche Ausbildung gelang es Limmer zusammen mit seinem Feuerwehrkollegen Daniel Rehermann, erstaunlich viele Informationen zusammenzutragen und 2015 das Buch "Luft- und Bombenkrieg über Gauting 1938 bis 1945" herauszugeben. Es folgte "Gauting - Mein Dorf an der Würm", einer Sammlung von alten Fotos und Gesprächen mit alten Gautingern, die das Bild eines teilweise unbekannten Ortes zeichneten.

Die Leidenschaft zu lokalhistorischen Büchern war geweckt. Limmer sammelt heute alles, was ihm für geschichtliche Touren wichtig schien. Das waren nicht nur Erkenntnisse über die Gletscherschmelze und die Entstehung des Würmtals vor 12 000 Jahren, sondern genauso Sagen und Legenden, die sich über Jahrhunderte um die zahlreichen Hügelgräber gesponnen haben, oder die Storys über die Wiege Karls des Großen in der Reismühle. "Es ist mir wichtig, Geschichte nicht nur an Jahreszahlen festzumachen, sondern die Menschen und Orte zum Leben zu erwecken", sagt Limmer.

Das könnte ihm mit seinem neuen grünen Führer gelungen sein. Das Büchlein von 142 Seiten passt in die Hosentasche, es hat einen klaren Druck und auf jeder Seite mindestens ein, meist zwei oder mehr Fotos. Es kostet 14,90 Euro und ist, wie Limmers andere Publikationen auch, im Eigenverlag erschienen und nur in Gauting - in der Buchhandlung Kirchheim, bei Optik Sieber, Schreibwaren Ratzefummel und Schuh Linse - erhältlich sowie im Internet über: www.gauting-damals.de

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