Süddeutsche Zeitung

Wohlfühlen:Wollwalk für den Lässig-Look

Zuerst nähte Andrea Ricchiuti-Ladig nur für ihre Familie. Inzwischen verkauft die Gautingerin ihre bequemen Woll-Klamotten erfolgreich über das Internet.

Von Carolin Fries

Dass sie eines Tages in einem angemieteten Atelier arbeiten und ihre Produkte über einen Online-Handel in den gesamten deutschsprachigen Raum verkaufen würde, damit hatte Andrea Ricchiuti-Ladig nicht gerechnet, als sie vor 14 Jahren daheim im Wintergarten begann, Lätzchen und Schlafanzüge für ihre Kinder zu nähen. Die waren damals ein und drei Jahre alt und die Mutter war es leid, nach dem Essen Lätzchen und Pulli in die Waschmaschine zu stecken - also fertigte sie Lätzchen mit Ärmeln und Schlafanzüge mit einem extrahohen elastischen Bund, damit der Rücken trotz Windelpopo warm blieb.

Natürlich dauerte es nicht lange, bis befreundete Familien die Lätzchen und Schlafanzüge auch haben wollten - und dann auch deren Bekannte und Verwandte. Und hatte sie nicht auch so tolles Obst und Gemüse in Miniaturformat für die Kaufladen-Ausstattung an der Nähmaschine zustande gebracht?

Rückblickend muss die Gautingerin lächeln, wenn sie an die Anfänge ihrer Firma "Sonntag Kidswear" zurückdenkt. Sie hat sich inzwischen auf Mode aus wärmendem Walk und edler Merino-Wolle spezialisiert und stattet damit überwiegend Erwachsene aus. Aber der Reihe nach.

"Es entstand eigentlich aus einem Hobby heraus", erzählt die 44-Jährige. Im Hauswirtschaftsunterricht in der Schule hatte Ricchiuti-Ladig Nähen gelernt, eine Schürze oder ein Mäppchen war schnell gemacht. Und es machte ihr Spaß, kreativ zu sein. Über die Internet-Plattform DaWanda für Kreative stieg sie ins Geschäft ein, bot dort in lockerer Folge ihre selbst genähten Produkte an "Was dort gut lief, habe ich dann vertieft", erklärt sie ihr Geschäftsmodell. Auf Hunderte Ärmellätzchen und Schlafanzüge, mit denen sie ganze Familien im Einheitslook ausstattete, folgten Strandüberzieher mit Kapuze. "Die gab's damals nirgends, das war eine Nische."

Die gelernte Buchhändlerin, Tauchlehrerin und Multimedia-Producerin entwarf komplette Kinder-Kollektionen - von Hosen über T-Shirts und Pullover bis zu Kleidchen, Mützen und Musikschul-Taschen, in denen die unhandlichen Mappen durch den Ort kutschiert wurden. Die Stoffe aus Baumwolle und Frottee-Stretch wählte sie grundsätzlich farbenfroh: mal klassisch mit Streifen oder Sternen, mal verspielt mit Fischen, Autos oder blumigen Ornamenten. Die Nachfrage war groß, bald holte sie sich die Sozialpädagogin Claudia Mettler, eine geübte Hobby-Näherin, als Unterstützung an die Nähmaschine. Als es zu Beginn der Pandemie keine Masken gab, nähten die beiden Frauen mehr als 1000 Stoffbedeckungen für Mund und Nase. Doch ihre größte Entdeckung war Wollwalk für den Lässig-Look.

Zunächst wollte sie lediglich warme Kinderhosen ins Sortiment nehmen. Doch es dauerte nicht lange, da fragten die ersten Frauen, ob sie nicht auch so eine bequem-warme Hose haben könnten. Zum Drüberziehen beim Gassigehen, Schneeschaufeln, Radfahren oder für die Arbeit im Freien. Ein Waldkindergarten hat das komplette Personal mit den Wollhosen aus Gauting ausgestattet - und auch Männer tragen sie, beispielsweise in kalten Werkstätten. Längst gibt es auch Jacken, Pullunder und Röcke aus dem warmen Stoff, der viele Hobby-Näher und -Näherinnen an ihre Grenzen bringt, weil er starr und recht dick ist.

Die Gautinger Näherinnen bieten ihre Werkstücke mit und ohne Futter an - wer mag, darf sich die Farben selbst zusammenstellen. Überhaupt werden Extrawünsche in der Regel berücksichtigt, insofern der Schnitt im Grundsatz beibehalten werden kann. Egal ob Klamotten aus reiner Bio-Baumwolle gewünscht sind, mit extra langen Ärmeln oder ohne Taillierung - kein Problem. Unlängst hat Ricchiuti-Ladig der Firma den Namenzusatz "Cosywear" verpasst. Denn das eint alle ihre Produkte: Sie sind irre gemütlich.

Im Internet sind alle Produkte unter www.sonntag-kidswear.de zu finden. Dort finden sich auch Termine für Nähtreffs, die Andrea Ricchiuti-Ladig unregelmäßig anbietet. Nach Terminvereinbarung sind auch Besuche im Atelier möglich.

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