ChatGPT:Wie können Schulen mit Künstlicher Intelligenz umgehen?

ChatGPT: An der Realschule in Gauting gibt Georg Schlamp einen Workshop zur Anwendung von Künstlicher Intelligenz in Schulen.

An der Realschule in Gauting gibt Georg Schlamp einen Workshop zur Anwendung von Künstlicher Intelligenz in Schulen.

(Foto: Georgine Treybal)

Technologien wie ChatGPT erleichtern Aufgaben, öffnen mit ihrer intelligenten Chatfunktion aber auch die Tür für Täuschungsversuche in der Schule. Eine kleine Gebrauchsanleitung für Lehrkräfte.

Von Christina Denk, Gauting

Es war der 2. Dezember 2022 als Englischlehrer Georg Schlamp das erste Mal von ChatGPT hörte. Er probierte es aus, ließ die Künstliche Intelligenz (KI) eine Geburtstagskarte für einen Freund schreiben. Schnell war klar: "ChatGPT ist etwas, das alles verändern wird." Und damit muss die Technologie - ein Chatbot, der menschliche Sprache erkennen, Fragen beantworten und ganze Texte schreiben kann - auch in die Klassenzimmer.

Schlamp setzt sich seit vielen Jahren für zeitgemäßen Unterricht ein. Zunächst für digitaleres Lernen und individuelle Förderung durch Pflicht- und Wahlaufgaben. Zuletzt kam ChatGPT hinzu. Jetzt sprach Schlamp beim Lehrerkongress "Digitale Schule Bayern" in Gauting über zukünftige Unterrichtsmodelle, aber auch über die Gefahren der neuen Technologie. Denn wie sollen Lehrerinnen und Lehrer mit den intelligenten Systemen umgehen, die Schülern ihre Aufsätze schreiben, Gedichte analysieren und Codes für den Informatikunterricht programmieren können?

Aktiv in den Unterricht einbinden statt vermeiden: So lautet die Strategie von Schlamp, wenn es um ChatGPT geht. "Wir müssen den Unterricht umstellen, in jedem Fach", stellt der 54-Jährige klar. Kinder und Jugendliche müssten durch die Schule auf die digitale Welt vorbereitet werden. Sie sollten lernen ChatGPT einzusetzen, um sich selbst zu verbessern - eigene Fehler in Fremdsprachentexten finden oder sich Inhalte aus dem Unterricht in einfacher Sprache erklären lassen.

"Wir dürfen solche technologischen Innovationen weder kategorisch ablehnen noch verbieten", heißt es auch von Ferdinand Stipberger, Digitalbeauftragter des Bayerischen Realschullehrerverbands. Erste Modellversuche, wie KI@school laufen in Bayern bereits. Man müsse den Schülern den kompetenten Umgang mit KI vermitteln, damit diese "die damit verbundenen Gefahren einschätzen können", sagt Stipberger.

Denn die neue Anwendung birgt auch Probleme. ChatGPT ist noch nicht ausgereift. Antworten, welche die KI nicht kennt, erfindet sie. Sie greift auch auf urheberrechtgeschützte Inhalte zu, die nicht ohne Weiteres verwendet werden dürfen. Sensible Daten sollten ebenfalls nicht eingegeben werden - sie werden gespeichert und zum Training der KI verwendet. "Das wissen die Schüler nicht", betont Schlamp. "Wir müssen bei den Schülerinnen und Schülern ein Bewusstsein schaffen, was geht und was nicht geht", so der Seminarlehrer.

ChatGPT: "KI ist überall", heißt es auf einer von Schlamps Folien. Der Lehrer gibt Seminare zu zeitgemäßem Unterricht.

"KI ist überall", heißt es auf einer von Schlamps Folien. Der Lehrer gibt Seminare zu zeitgemäßem Unterricht.

(Foto: Georgine Treybal)
ChatGPT: An dem Workshop nahmen vorrangig Lehrer aus Realschulen, Gymnasien und Fachoberschulen in Bayern teil.

An dem Workshop nahmen vorrangig Lehrer aus Realschulen, Gymnasien und Fachoberschulen in Bayern teil.

(Foto: Georgine Treybal)

Passiert das nicht, könnte die Bildungslücke in Deutschland noch größer werden. Vor allem für ChatGPT brauche es Vorwissen, um die richtigen Fragen an die KI zu stellen. Schlauere Schüler nutzten die Tools, um sich bei Aufgaben weiterzuhelfen. Schüler, die sich in der Schule schwerer tun, ließen dagegen ihre Aufgaben eher direkt von der KI erledigen. Sie seien sehr schnell mit dem ersten Ergebnis zufrieden "und fallen noch weiter hinten runter, weil sie dadurch nichts lernen", so Schlamp.

Sobald die KI-Versionen wie aktuell ChatGPT-4 nicht mehr kostenlos verfügbar sind, fallen auch die Schüler aus einkommensschwachen Haushalten ab. Deshalb Schlamps Appell: Im Unterricht damit umgehen, trainieren - und in der Schule Möglichkeit bieten, KI kennenzulernen.

Wie bringt man Schüler dazu, sich nicht von der Software die Hausaufgaben machen zu lassen?

Schüler, die sich durch KI selbst verbessern? Das klingt erstmal wie ein Luftschloss. Denn wie bringt man sie dazu, ChatGPT nicht zu verwenden, um sich schnell die Hausaufgaben erledigen zu lassen? Auch hier müsse sich die Schule ändern, so Schlamp. KI "verändert die Art, wie wir arbeiten." Wer ChatGPT nutzen will, muss in der Lage sein, die Ergebnisse zu hinterfragen.

Daher sollte die Schule den Fokus auf Fähigkeiten legen, die Computerprogramme nicht besitzen - kritisches und kreatives Denken und Kommunizieren. An den Platz von langen Hausarbeiten sollten Diskussionen im Klassenraum treten. Aufgabentypen wie eigene Texte mit denen von ChatGPT zu vergleichen, um die Unterschiede zu erkennen, schweben Schlamp vor. "Nutzt KI sinnvoll, aber sagt mir, wo ihr es genutzt habt", rät Schlamp seinen Schülern gerne im Unterricht. KI sei ein Werkzeug, es ersetze keine Kompetenzen.

ChatGPT: Die Lehrer schätzen, dass mehr Schüler ChatGPT verwenden als ihnen bekannt ist - auch privat. Sie wollen das Thema vermehrt mit in den Unterricht nehmen.

Die Lehrer schätzen, dass mehr Schüler ChatGPT verwenden als ihnen bekannt ist - auch privat. Sie wollen das Thema vermehrt mit in den Unterricht nehmen.

(Foto: Georgine Treybal)

Also Luftschloss oder Realität? Wie sieht es tatsächlich in den Klassenzimmern aus? Realschul-, Gymnasial- und Lehrer an Fachoberschulen zeichnen beim Lehrerkongress ein ähnliches Bild. Die meisten Schüler kennen die Technologie. Genutzt werde sie von einzelnen. Doch es werde mehr. "Ich glaube tatsächlich, dass es mehr Schüler und Schülerinnen nutzen, als man denkt", sagt Alexandra Weber von der Therese-von-Bayern-Schule in München. Sie will die Thematik künftig direkt in den Unterricht einbauen.

Lehrerin Gabi Schneider vom Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium in Icking lässt ihre Schüler bereits Aufsätze über die Möglichkeiten und Gefahren der KI schreiben. Direkt nutzen will sie es künftig auch. Ein ernstes Risiko sehen die wenigsten Lehrer beim Kongress in ChatGPT. "Es fällt doch relativ schnell auf, wenn größere Sprünge im Erfolg der Schüler stattfinden", so Jakob Göb von der Therese-von-Bayern-Schule. Bei wem es nicht auffalle, der verwende die KI wohl nur zur Unterstützung.

Auch Lehrkräfte werde die Technologie nicht ersetzen. Corona habe gezeigt, wie wichtig der persönliche Austausch zwischen Lehrkräften und Schülern sei, sagt Schneider. "Das ist nicht ersetzbar."

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