Gauting:"Schröder hat mich therapiert"

Kabarettist Andre Hartmann; Kabarettist Andre Hartmann

André Hartmann in Merkel-Pose.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Musikkabarettist André Hartmann gibt im Bosco einen Benefizabend zugunsten des SZ-Adventskalenders

Von Gerhard Summer, Gauting

Das Klavier war festgekettet, die See recht rau und der prominente Zuhörer sehr angetan. "Mich machen ja viele, aber du machst es auch nicht schlecht", sprach Udo Lindenberg. Das war 2012, auf der Höhe von Norwegen. Und der lässigste aller deutschen Sänger meinte damit André Hartmann, der auf einer Kreuzfahrt der MS Deutschland gerade sein "Best of"-Programm gegeben hatte, natürlich samt Lindenberg-Persiflage. Gerhard Schröder, damals noch Bundeskanzler, kam seinem Imitator fast noch pfiffiger. Auf einer Autogrammkarte, um die ihn Hartmann bei einem SPD-Event in München gebeten hatte, notierte er: "Fast wie das Original."

Hartmann erzählt die beiden Geschichten gern, er ist vor allem stolz auf den Schröder-Satz, und das hat schon seinen Grund. Denn unter den 50 Promis und Bekanntheiten, die der ungewöhnlich vielseitige Starnberger Kabarettist und Musiklehrer so drauf hat, gehört der "Genosse der Bosse" zusammen mit Inge Meysel, Angela Merkel, Christian Ude und Udo Lindenberg nicht nur zu den Favoriten. Nein, Schröder ist viel mehr für Hartmann: "Er ist mein Alter ego, Schröder hat mich therapiert", sagt der 40-Jährige. Wie man sich das vorstellen darf? "Er hat mir die Möglichkeit gegeben, über meinen Schatten zu springen und Sachen zu sagen, die mir als wohlerzogener und lieber André gar nicht entsprechen." Was ihm "unheimlich Kraft" gebe.

Die Rolle des Ex-Kanzlers, der die Dinge wie kaum ein anderer Politiker auf den Punkt bringen und zugleich in Chauvi-Manier auf die Pauke hauen kann, war für Hartmann auch der Karrierekick. 2005 debütierte er beim Singspiel auf dem Münchner Nockherberg als Schröder-Double und kam mit einem Foto auf die Titelseite der SZ, wo sonst "nur der Papst und Erdogan" verewigt würden. Und in den drei, vier Jahren danach bereiste der gebürtige Starnberger die Welt als Reserve-Schröder. Er trat in 18 Länder dieser Erde in Botschaften, deutschen Clubs und Goethe-Instituten auf, ob in Sydney, Canberra oder Bahrain, in Namibia, Venezuela und den USA. "Wenn der heute noch bekannt ist, hat er das mir zu verdanken", sagt Hartmann und gibt seiner Stimme den knurrigen Kanzlerton. Dass Schröder nun im Tengelmann-Streit vermittelt, ist womöglich gar nicht schlecht für den Kabarettisten. Ihm fällt dazu ein: "Schlichter ist ja auch die Steigerung von schlicht." Aber letztlich spielt es keine große Rolle, denn er würde auch dann an Schröder festhalten, wenn der in der Versenkung verschwunden wäre.

Als klavierspielender Kabarettist ist Hartmann, der in München Musik fürs Lehramt studiert hat und an einem Gymnasium elf- bis 17-jährige Schüler unterrichtet, mehr der Wohlfühltyp. Bitterböse politische Abrechnungen oder schneidender Sarkasmus sind seine Sache nicht. Klar, er würde Franz Beckenbauer auch keinen Heiligenschein aufsetzen oder Boris Becker zur Ikone an der Seitenlinie verklären. Aber er setze doch mehr auf "gefällige Sachen", sagt er: "Ich will den Leuten auf geistreichem Niveau einen schönen Abend machen, bei dem sie herzlich lachen können". Das passt zu der multiplen Persönlichkeit Hartmann. Der Kabarettist ist sich nicht zu fein, Klassentreffen zu organisieren. Als Galionsfigur der Damischen Ritter lässt er sich auf einem Styroporpferd als schwertschwingender Kasimir III. durch die Stadt ziehen, seit nunmehr acht Jahren im Fasching. Er hält Starnberg die Treue und tritt fürs Sozialwerk, den Seniorentreff, die Jugendhilfe oder die Evangelische Kirche auf. Das Soziale habe ihm wahrscheinlich die Mutter in die Wiege gelegt, sagt André Hartmann. Sie habe immer Pakete für Bedürftige geschnürt, das sei auch der Grund dafür gewesen, dass er mit 21 Jahren die Nepalhilfe gründete, deren Vorsitzender er immer noch ist. Schröder würde sagen: "Ich weiß, wo ich herkomme und deswegen weiß ich auch, wo ich hingehöre."

André Hartmann gibt am Dienstag, 29. November, zugunsten des "Adventskalenders für gute Werke der Süddeutschen Zeitung" das Sonderprogramm "Musikkabarett & Tastenzauber" im Gautinger Bosco. Beginn ist um 19.30 Uhr. Karten unter Telefon 089/45238580 oder unter www.bosco-gauting.de.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: