Gauting:Satte Klangbilder

Gauting Bosco Trio Shaham

Glücksgriff: Geiger Hagai Shaham, Pianist Arnon Erez und Cellist Raphael Wallfisch beim Konzert in Gauting.

(Foto: Nila Thiel)

Das Trio Shaham Erez Wallfisch im Bosco

Von Reinhard Palmer, Gauting

Der Leiter des Klassikforums im Bosco, Rainer A. Köhler, bewies ein goldenes Händchen. Er holte das Trio Shaham Erez Wallfisch nach Gauting, obwohl die Formation in Deutschland noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt ist. Dabei sind die drei Instrumentalisten in der internationalen Klassikwelt längst etablierte Solisten und Kammermusiker - und in dieser Klaviertrio-Konstellation schon seit 2009 ein festes Ensemble. Was beim Konzert im Bosco deutlich zu vernehmen war: selbstverständliche Homogenität, reiche Differenzierung, einhellige Formung und Wendigkeit gehören zu den Stärken des Trios.

Hagai Shaham (Violine) und Arnon Erez (Klavier) aus Israel sowie Raphael Wallfisch (Violoncello) aus England sind routinierte Virtuosen, die mit Leichtigkeit über die Klippen des fulminanten Programms stiegen. Und das hatte es mit Klaviertrios von Rachmaninow, Anton Arenski und Brahms in vielerlei Hinsicht in sich. Die Schwerpunkte lagen dabei sehr verschieden. War es in Rachmaninows erstem Trio Élégiaque op. 9/1 in g-Moll der große, geradezu orchestrale Zugriff in dramatischer, bisweilen düsterer Fülle, so strotzte das d-Moll-Trio op. 32 von Rachmaninows Lehrer Arenski vor wehmütiger, leidenschaftlicher Schwärmerei und romantischer Süße. Treffsicher erklang auch das C-Dur-Klaviertrio op. 87 von Brahms, in dem sich ein reichhaltiges Geschehen in unentwegt changierenden Charakteristika spiegelt.

Insgesamt war das eine mächtige Berg- und Talfahrt der Emotionen, die nur wenige Phasen der Kontemplation bot. Aber diese Momente überzeugten dann um so mehr: In Arenskis Elegia, der Totenklage auf den befreundeten Cellisten Carl Davidoff, verzauberten die drei Musiker mit einer Zartheit aus fast schon impressionistischen Sphären. Ein Flimmern in seelenvoller Dur-Heiterkeit, das wohl zu den intimsten Apotheosen der Musikgeschichte gehören dürfte.

Kaum zu glauben, dass ein Komponist, der an der Spiel- und Trunksucht scheiterte, derart empfindsam Musik fühlen konnte. Und sein Scherzo mit dem verspielten Einsatz diverser instrumentaler Spieltechniken bewies, dass er auch dafür das richtige Vokabular beherrschte. Das Trio Shaham Erez Wallfisch nahm sich hier weit zurück und fand spielvergnügt zur Leichtigkeit.

Was das Ensemble ganz besonders fein macht, ist der klangbildnerische Aspekt. Denn selbst in den kraftvollen und voluminösen Passagen unterschied das Trio deutlich nach der Charakteristik des jeweiligen Komponisten. Bei Rachmaninow, wo die orchestrale Fülle vorherrschend ist, fluteten die Musiker den Raum mit elegischer, ja bisweilen protzender Dramatik, während später die Höhepunkte bei Brahms in ihrem warmen Klang gedämpfter daherkamen.

Die dämonische Charakteristik, die der Brahms-Biograph Max Kalbeck gewiss zurecht heraushört, wurde allerdings weniger exponiert als vielmehr unterschwellig spürbar gemacht. Der introvertierte Komponist warf schließlich nicht großzügig mit Emotionen um sich. Der Unterschied mag klein sein, doch für die jeweilige Atmosphäre ist er von entscheidender Bedeutung.

Die Werke beider Komponisten, Rachmaninow wie Brahms, ließen den Zuhörern wenig Raum, sich thematisch und formal zu orientieren. Die Dichte des Geschehens kann durchaus überfordern. Hilfe boten Shaham, Wallfisch und Erez vor allem mit ihrer klaren und schlüssigen Dramaturgie, mit der sie das Gautinger Publikum entschieden durch die inhaltlichen Wirren führten. Das wurde vor allem durch ihre Sicherheit in der Bühnenpräsenz möglich, hatte aber auch mit der temperamentvollen Überzeugungskraft der Interpreten zu tun, die sich trotzdem davor hüteten, gleich zu marktschreierischen Mitteln zu greifen. Das Publikum ließ sich so auch gerne überzeugen und bekam als Dank für lang anhaltenden Applaus ein munteres Allegro aus Dvořáks Dumky-Trio auf den Heimweg.

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