Gauting:Ort des Protests

Die neuen Eigentümer des Grill-Grundstücks in Gauting haben das Fenster am Kassenhäuschen vollgepflastert mit allem, was dem von ihnen initiierten Bürgerbegehren dienlich sein könnte. So füllen sich die Unterschriftslisten.

Michael Berzl

Bürgerbegehren zum Grill-Grundstück

Das Wort "Bürgerbegehren" prangt neben Artikeln und Gesetzestexten in großen Lettern im Kassenhäuschen auf dem ehemaligen Grill-Areal in Gauting. Foto: Fuchs

(Foto: STA Franz X. Fuchs)

- Die Reste der schon seit vielen Jahren stillgelegten Tankstelle auf dem Grill-Grundstück am Hauptplatz in Gauting haben eine neue Funktion. Das alte Kassenhäuschen dient seit der vergangenen Woche als ein Ort des Protests. Die Eigentümer, die dort einen Neubau nach ihren Vorstellungen durchsetzen wollen, haben die Fenster vollgepflastert mit vergrößerten Zeitungsartikeln, Kopien von Briefen und Gesetzestexten. Das Wort "Bürgerbegehren" prangt dort in großen Lettern. Das Ganze lockt auch immer wieder Neugierige an, und so füllen sich die Unterschriftenlisten. Bürgermeisterin Brigitte Servatius beobachtet das mit einem gewissen Befremden: "Ich wundere mich, dass ein Investor doch tatsächlich ein Bürgerbegehren macht für mehr Baurecht, das er dann verkauft." Ihrer Ansicht nach werden dadurch Fortschritte eher behindert.

Der Streit um Baurecht auf dem zentral gelegenen Grundstück an der Würm hat nun eine neue Qualität bekommen, nachdem die vorherigen Eigentümer, eine Erbengemeinschaft, über viele Jahre hinweg nicht weitergekommen sind. Ein halbes Dutzend Architekten hat vergeblich versucht, Lösungsvorschläge zu entwickeln, mit der beide Seiten zufrieden sind. Jetzt sind neue Eigentümer am Zug, die sich zur Baderhof GmbH mit Udo Köhler als Geschäftsführer formiert haben. Und die gehen jetzt auf Konfrontationskurs. Gleich nach der Entscheidung des Gautinger Gemeinderats, die nicht in ihrem Sinne war, hat Rechtsanwalt Florian Köhler juristische Schritte angekündigt. Er will den Beschluss auf seine Gültigkeit überprüfen lassen, hat Landratsamt und Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Jetzt folgt auch noch ein Bürgerbegehren.

Obwohl der Bürgermeisterin das nicht gefallen kann, beteuert sie: "Ich bin zutiefst demokratisch gesinnt. Dann müssen halt die Gautinger entscheiden, ob sie diese Lösung im Ortskern haben wollen. Aber ich finde, es ist zu groß." Diese Meinung teilt die Mehrheit der Gemeinderäte, die im Bauausschuss einen Planentwurf ins Verfahren geschickt haben, der weniger Baurecht vorsieht, als die Baderhof-Gesellschaft gerne hätte. Seither ist ein Disput um Quadratmeter entbrannt. Dabei geht es vor allem um die Fläche, die insgesamt in den beiden an der Würm geplanten Baukörpern entstehen soll. Der Entwurf der von der Gemeinde beauftragten Architektin Brigitte Henning sieht knapp 3500 Quadratmeter vor.

Die Baderhof-Gesellschaft bräuchte nach eigenen Angaben 4150, nach Hennings Darstellung 4500 Quadratmeter. Dann stehen noch jene 4200 Quadratmeter im Raum, die die Bürgermeisterin einmal schriftlich in Aussicht gestellt hatte. "Das hat aber keinerlei juristische Bedeutung", sagte sie jetzt der SZ und machte damit deutlich, dass die Grundeigentümer aus dem Schreiben keine Ansprüche ableiten dürften. Köhler sieht das anders und hat darum auch diesen Brief, der nie für die Öffentlichkeit bestimmt war, am Fenster des ehemaligen Kassenhäuschens ausgehängt.

Dort ist auch der Text des Bürgerbegehrens nachzulesen. Ein Teil der fünf Punkte ist allerdings für Laien kaum verständlich. Über die Geschossfläche in dem geplanten Hauptgebäude am Hauptplatz steht dort zum Beispiel folgender Zahlen- und Abkürzungswust: "BGF a von 767 qm im EG, 715 qm BGF a im OG 1, 781 qm BGF a im OG 2 und 601 qm BGF a im OG3". Da ist also genau aufgezählt, wie groß jede Etage werden darf. Ein Streitpunkt sind auch die Arkaden, die Henning im Erdgeschoss will, die Köhler aber ablehnt. Er plant im Erdgeschoss einen Biomarkt und ein Bistro, darüber Wohnungen, an der Würm ein kleines Café. Im Gegensatz dazu wolle die Gemeinde in den Obergeschossen Arztpraxen und Büros, die aber "wirtschaftlich nicht tragbar" seien.

Das offensive und öffentliche Auftreten der Baderhof-Gesellschaft bringt ihr erste Erfolge. Im Lauf der vergangenen Woche haben schon mehr als 350 Unterzeichner das Begehren unterstützt. Und immer wieder sind Gautinger zu sehen, die die ausgehängten Schreiben lesen und dann zum Unterschreiben ins kleine Kassenhäuschen gehen.

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