Wohl mit keinem Säugetier wird ähnlich grausam umgegangen wie mit dem Schwein. Eingesperrt in eine gigantische Maschinerie zur Fleischerzeugung dürfen nur wenige Artgenossen ein halbwegs artgerechtes Dasein führen, geschweige denn ihre natürliche Lebenserwartung von bis zu 20 Jahren erreichen. Etwa 53 Millionen Hausschweine existieren in Deutschland, die allermeisten werden bloß sechs Monate alt, nur 0,6 Prozent des hierzulande produzierten Fleisches werden ökologisch erzeugt. In diesem Sommer widmet sich das Theaterforum im Gautinger Bosco mit dem Themenschwerpunkt „Nutztier Schwein?“ der problematischen Beziehung zwischen Mensch und ausgebeuteter Kreatur.
Während des gesamten Zeitraums vom 27. Mai bis 25. Juli ist im Bosco die Ausstellung „Freie Schnauze - Weideschweine“ zu sehen. Die Fotografin Ursula Zeidler hat für ihre aktuelle Bilderserie Gruppen freilaufender Tiere in Niederbayern und Österreich ein Jahr lang begleitet. Die für ihre Porträts und Street Photography bekannte Fotojournalistin hat das vielfältige Sozialleben der Weideschweine dokumentiert, das von großer Neugierde, Ausgelassenheit und Zärtlichkeit geprägt ist. Zur Ausstellungseröffnung am Dienstag, 27. Mai, wird um 19 Uhr Anton Dapont über die Freilandhaltung alter Schweinerassen und sein Konzept des Tier-Leasings sprechen: Der Ingenieur und vormalige Geschäftsführer eines Metallverwertungsbetriebs hat im Alter von 53 Jahren einen vielseitig aufgestellten Biobauernhof mit Selbstvermarktung in Niederbayern gegründet. Zeidler hat seine Schweine porträtiert.
Am Mittwoch, 28.Mai, gibt das Karlsruher Marotte-Theater ein Gastspiel mit der Aufführung von „Piggeldy und Frederick“. Die Protagonisten des Kinderstücks sind zwei verschwisterte Ferkel, die in ein Frage- und Antwortspiel verstrickt sind. Die von Eva Kaufmann inszenierte, 45 Minuten lange Vorführung auf Grundlage der gleichnamigen Trickfilm-Fernsehserie eignet sich für Kinder von fünf Jahren an und beginnt um 16 Uhr.
Zwei Filmabende im Gautinger Breitwand-Kino beleuchten das Thema Schwein aus verschiedenen Blickwinkeln. „Wir und das Tier – Ein Schlachthausmelodram“ hat Grimme-Preisträger David Spaeth seine 2023 gedrehte Dokumentation betitelt, die Menschen bei der Arbeit in einem großen Fleischverarbeitungsbetrieb zeigt und ausführlich zu Wort kommen lässt. Beim Töten am Fließband und Zerlegen der Schweine wird der moralische Konflikt zwischen Tierliebe und Fleischkonsum, Mitgefühl und Effektivität sichtbar. Der Film wird am 3. Juni um 19.30 Uhr aufgeführt.
Menschen kommen im Film „Gunda“ nicht vor
Im Gegensatz zu Spaeth bezieht Victor Kossakovsky auf einer emotionalen Ebene eindeutig Stellung: Sein am 26. Juni gezeigter Dokumentarfilm „Gunda“ schildert das Leben einer Muttersau und ihrer Ferkel sowie der Rinder und Hühner im tierfreundlichen Millieu eines kleinen Bauernhofs. In hochauflösenden Schwarzweiß-Szenen auf hohem cineastischem Niveau bleiben die Tiere die einzigen Protagonisten: Menschen kommen im Film nicht vor, anstelle von Worten treten Umgebungsgeräusche und die Laute oder Sprache der Tiere. So entsteht ein immersives Porträt ihrer Familien, das tief berührt. Der in Berlin lebende Regisseur Kossakovsky bezeichnet sich selbst als „erstes vegetarisches Kind der Sowjetunion“, Mit-Produzent Joaquin Phoenix ist bekennender Veganer.
Den Themenschwerpunkt rundet eine Führung mit Ursula Zeidler durch die Ausstellung im Bosco ab, die am 29. Juni um 15 Uhr beginnt. Eine Voranmeldung unter Tel. 089/4523 8580 ist erwünscht.