Gauting:Musikalische Urlaubsträume

Gauting: Sophie Wegener ruft mit Sehnsucht und Herzschmerz Astrud Gilberto in Erinnerung.

Sophie Wegener ruft mit Sehnsucht und Herzschmerz Astrud Gilberto in Erinnerung.

(Foto: Arlet Ulfers)

Thilo Kreitmeier mit "Mas que nada" im Bosco

Von Reinhard Palmer, Gauting

Der überraschende Sommereinschlag wirkte sich auf den Konzertbesuch sicher begünstigend aus. Wer verbindet Samba und Bossa Nova nicht mit Urlaubsträumen, Strand, Meer und mehr? Das Gautinger bosco füllte sich daher bis auf den vorletzten Platz, als es da hieß: "Mas que nada" - Oriá raiô obá obá obá. Der Titel stammt vom gleichnamigen Song aus dem Jahr 1963 von Jorge Ben Jor, dem Altmeister der Música Popular Brasileira. In dieser Zeit machte die brasilianische Musik die erste Runde um die Welt und rotiert seither mit großem Erfolg weiter, allerdings längst auch von der Jazz-Szene in Beschlag genommen. So auch vom Saxofonisten und Flötisten Thilo Kreitmeier, der "Mas que nada" auch zum Titel seiner neusten CD machte.

Dort und im Konzert mit von der Partie waren Daniel Eppinger an den Tasteninstrumenten, Stephan Eppinger am Schlagzeug, der Kontrabassist Manolo Díaz und die Sängerin Sophie Wegener. Eine eingeschworene Truppe, die längst keine Absprachen mehr benötigt, um einen schlüssigen Abend packend durchzuziehen. Allerdings nicht gerade eine Latin-Combo, was schon deutlich daran ablesbar war, dass im Schlagzeug-Set keinerlei südamerikanische Perkussionsinstrumente zu finden waren. Aber Stephan Eppingers Schlagzeug verfügt über satt klingende Trommeln, mit denen er einen vielfältig differenzierten Samba-Motor unaufhaltsam rollen lassen konnte.

Es ging dabei aber vielmehr um die Jazz-, bisweilen Jazz-Rock-Variante mit einem mächtig röhrenden Saxofon Kreitmeiers. Wie auch seine Mitspieler, ist Kreitmeier ein musikalischer Tausendsassa, der so ziemlich in allen Genres der U-Musik Erfahrungen vorzuweisen hat, und dies mit wohlklingenden Referenzen wie Albert C. Humphrey, Angela Brown, Ludwig Seuss, Al Jones, Charly Antolini, Jenny Evans, Al Porcino Big Band, Dusko Goykovich, Harald Rüschenbaum und vielen anderen. Griff Kreitmeier indes zur Flöte, wie im Titelsong oder im "Água de beber", evozierte es sogleich auch jene spezifische, blühend kolorierte Leichtigkeit, die gerade die brasilianische Musik des berühmten Antônio Carlos Jobim oder des Bossa-Nova-Meisters Stan Getz ausmacht.

Als bleibende Konstante der Band erwies sich der aus Málaga stammende Spanier Díaz, dessen kantabler Zupfbass einerseits einen soliden Antrieb lieferte, zugleich aber auch den körperhaften Unterbau stellte, von dem aus die verbleibenden Stimmen abheben konnten. Daniel Eppinger tat es zurückhaltend, dafür aber mit einfühlsamer Musikalität und Hingabe.

Auch der Sängerin Astrud Gilberto, die sich mit Jobims "Corcovado", "Desafinado", "Triste" oder "Samba de uma Nota só" weltweit einen Namen gemacht hatte, galt die Hommage, von Wegener entsprechend mit Traurigkeit, Sehnsüchten, Einsamkeit und Herzschmerz überzeugend in Erinnerung gerufen. Dabei weniger lasziv und gehaucht als vielmehr klar und transparent ausgesungen, wie es auch Gilberto mit ihrer lieblichen Stimme verstand, so etwa in den 1960er Jahren zusammen mit Getz in dessen "The Girl from Ipanema", das auch hier erklang. Eine wohltuende Selenmassage, die bis zum letzten Ton der Zugabe volle Begeisterung erntete.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: