Kultur im Landkreis Starnberg:Klangvolles Farbmosaik

Kultur im Landkreis Starnberg: Seit zehn Jahren ein Team: Rüdiger Sinn (links) und Zlatko Pasalic.

Seit zehn Jahren ein Team: Rüdiger Sinn (links) und Zlatko Pasalic.

(Foto: Viola Campos/oh)

Die Band "Stray Colors" spielt zum zehnjährigen Bühnenjubiläum im Gautinger Bosco. Die Münchner Band bedient sich eines Sammelsuriums aus Pop-, Indie-, Folk-, und Weltmusik-Elementen - und fügt diese gekonnt zusammen.

Von Pauline Graf, Gauting

Ob man sich schon mal auf einer U-Bahnfahrt verliebt hätte, so "mitten in der Nacht, wenn du nicht mehr weißt, wo du zugestiegen bist?", fragt Zlatko Pasalic in nachdenklichem, englischem Singer-Songwriter-Gesang bei den ersten Takten von "Subway Train". "Kann schon sein, ja." Vielleicht verliebe er sich ja heute, singt ihm sein Bandkollege Rüdiger Sinn die Antwort. Dazu ein paar sanfte Akkorde auf der Akustikgitarre.

Die Band um Rüdiger Sinn und Zlatko Pasalic, das sind die "Stray Colors", was so viel bedeutet wie Farbenstreuung oder Farbmosaik. Farben, die sich in den Songs der beiden Münchner zusammensetzen aus Pop-, Indie-, Folk-, und Weltmusik-Elementen. Die Songs auf ihrem bislang erfolgreichsten Album, "Atomic Bombs and Pirouttes" aus dem Jahr 2018, schweifen ab in den Rock; die am meisten gehörte Single "Whiskey Sour" dreht mit ihrer fröhlichen Trompete eine Runde durch die Harmonik des Balkans - die Rhythmen laden zum Fußwackeln ein. "Wir mögen es bunt", sagt Sinn. "Viele Genres kommen bei uns zusammen." Und das wollen die Musiker am kommenden Freitag, 26. Mai, bei einem Konzert anlässlich ihres zehnjährigen Bühnenjubiläums im Gautinger Bosco zeigen. Es soll ein Konzert werden, auf dem Zuschauer die "Bandchronik seit der Gründung zurückverfolgen können", kündigen die Musiker an.

Angefangen hat alles im Jahr 2012, auf einem Singer-Songwriter-Abend in München, wo sich Sinn und Pasalic kennenlernten. Der heute 32-jährige Pasalic war "damals schon echt en vogue" mit seiner früheren Band "Lucky Fish", findet sein heute 40 Jahre alter Kollege und Freund Sinn. Über Monate schickten die beiden sich Melodie- und Textideen - immer nur online, Sinn arbeitete damals in Warschau. "Unsere ersten Songs entstanden quasi komplett aus der Distanz", erzählt er heute. Nach der Heimkehr ist Pasalic "fast jeden Tag in die Wohnung von Rüdigers Eltern im Westend geradelt, mit der Gitarre auf dem Rücken", erinnert sich Pasalic. "Die ersten Songs haben wir in eurem Wohnzimmer aufgenommen, gell, Rüdiger?"

Kultur im Landkreis Starnberg: Spielten schon 2017 in Gauting beim "Taxistrand"-Festival am Bahnhof: die "Stray Colors".

Spielten schon 2017 in Gauting beim "Taxistrand"-Festival am Bahnhof: die "Stray Colors".

(Foto: Franz Xaver Fuchs/Starnberger SZ)

Mal eben so im Wohnzimmer ins Mikrofon gesungen - aber es funktionierte: "Moonlight Ride" spielte auf kleineren Radiosendern, "so langsam kannten uns ein paar Leute", sagt Sinn. 2013 kürten die SZ Junge Leute die Stray Colors zur "Band des Jahres".

Andere Instrumente kamen hinzu, E-Bass, Cello, Beatbox: "Wir haben Bandkollegen kommen und gehen gesehen - Zladdi und ich sind immer der Kern geblieben", sagt Sinn. "Aber wir beide hatten nie den Anspruch, alle Instrumentalstimmen selbst zu komponieren. Jeder sollte mit seiner Instrumentierung eine eigene ,Farbe' zur Farbpalette hinzufügen - ganz wie in unserem Namen." Und was weiß ein Gitarrist schon über die Farben, die ein Schlagzeug oder Cello zu bieten hat?

Auf Spotify sind die Zugriffszahlen teilweise sechsstellig

Es muss da etwas geben, das die Stray Colors können, was andere Newcomer-Bands vor zehn Jahren nicht konnten und bis heute nicht können. Sonst fände die U-Bahn-Schockliebe in "Subway Train" oder der neuste Pop-Song "The Ancient Garden" nicht jeweils monatlich über 11 000 Zuhörer auf Spotify. "Whiskey Sour" zählt sogar sechsstellige Zuhörerzahlen. Und auch das flinke "Pada Kisa" mit seiner schnellen Rhythmusgitarre und Pasalics Gesang auf Bosnisch hat auf Youtube schon mehr als 25 000 Clicks gesammelt. "Unser Erkennungsmerkmal ist wohl der zweistimmige Harmoniegesang", meint Pasalic.

Diese Zweistimmigkeit, die von der Musikalität der beiden zeugt, brachte ihnen in der Vergangenheit Vergleiche mit Musik-Größen wie Simon and Garfunkel oder den Beatles ein. Letztere seien "natürlich sowieso ein großes Vorbild", sagen die Stray Colors heute. "Wir hatten beide weder Gitarren- noch Gesangsunterricht. Mein Lehrer war die Website Ultimate Guitar. Wir haben früher viel gecovert, daher vielleicht unser Beatles-esker Sound", lacht Pasalic. "Und unsere Stimmen harmonieren einfach gut," sagt Sinn: Zlatko "Zladdi" Pasalic mit dem Leadgesang oben, eine "warme Bauchstimme", "und ich unterstütze seine Melodie, mit einer tieferen kehligen zweiten Stimme." Der "Schaffungsprozess" neuer Melodien sei schon immer die Motivation der Stray Colors gewesen, so Sinn weiter: "In mir ist viel Musik, manchmal träume ich nachts Melodien, wache auf, renne zur Gitarre - und dann basteln wir daraus später zusammen einen Song."

"Hallo, wir sind die vom Morgenmagazin!"

2018 kam das Album "Atomic Bombs and Pirouttes" - und 2020 kam Corona. "Die Pandemie machte uns einen Strich durch die Rechnung", so Sinn. Mit dem frisch veröffentlichten Album saßen Zlatko Pasalic und Rüdiger Sinn im ZDF-Morgenmagazin, spielten über die Jahre mehr als 300 Konzerte. "Nach drei Jahren Corona müssen wir die Zuschauer jetzt wieder an uns erinnern: Hallo, wir sind die vom Morgenmagazin", erzählt Sinn. Genau diese Erinnerung wollen sie nun am Freitagabend in Gauting beim Jubliäum wecken. Mit dabei sind frühere Bandmitglieder, alte Songs, zum Teil neu arrangiert mit Streicherensemble. Ein Sammelsurium verschiedener Genres, Instrumente, Texte. "Über allem Wechsel steht unsere Freude am Komponieren und am Texteschreiben: Wir singen über das, was uns beschäftigt", erklärt Sinn. Das Ergebnis: Ein buntes Farbenmosaik, zu dem Texte und Situationen aus dem Alltag einen Mosaikstein beitragen - zum Beispiel die Schwärmerei in der U-Bahn.

10 Jahre Stray Colors um 20 Uhr am Freitag, 26. Mai, im Bosco Gauting. Regulär: 24 Euro; bis 25 Jahre: 12 Euro.

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