Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie gut es der künftige Besitzer der Villa am Krapfberg 5 in Gauting einmal haben wird, zückt man am besten sein Handy. Auf Instagram, wo sich inzwischen nicht nur Privatpersonen und Influencer, sondern auch Immobilienmakler tummeln, lässt sich das frisch luxussanierte Anwesen ganz bequem besichtigen.
Ein Video, das die Münchner Makler der Firma Riedel, spezialisiert auf Objekte in der bayerischen Landeshauptstadt und Grünwald, dort hochgeladen haben, zeigt das Haus von seinen wohl schönsten Seiten. Fischgrätenparkett, frisch sanierte Bäder mit Naturstein, helle Räume, eine grandiose Terrasse am Hang. „Aufwendig saniertes Altbau-Juwel“ heißt es über die Villa aus 1911. Elf Zimmer, fünf Bäder, Kostenpunkt: 4,48 Millionen Euro. Ziemlich teuer, für solche und ähnliche Projekte im Münchner Umland aber ein üblicher Preis.
Von einer Sache ist allerdings nicht mehr die Rede: dass vor zwei Jahren, also vor Beginn der Bauarbeiten, ein anderer Plan im Raum stand. Die Villa, die bis dahin im Besitz der Gemeinde Gauting war, sollte nach der Sanierung von mehreren Parteien bewohnt werden, nicht nur von einer.
Wohnraum in der Umgebung von München ist knapp, das weiß man auch in Gauting. Jede Wohneinheit ist wichtig. Dieser Umstand dürfte die ehemalige Sprecherin der Gemeinde dazu bewegt haben, zu betonen, wie wichtig es sei, dass die Käufer der Villa diese „nicht luxussanieren, sondern so sanieren, dass die Wohnungen zu einem angemessenen Preis vermietet werden können“. Im September 2022 war das. Nur wenige Wochen zuvor hatte sich ein Brüderpaar in einem Bieterverfahren gegen zehn andere potenzielle Käufer durchgesetzt.
Wer verstehen will, warum in der Villa nun keine Wohnungen zur Miete angeboten werden, sondern das Haus als solches zum Verkauf steht, kann sich der Antwort auf zwei Wegen nähern.
Die Käufer hatten keine Vorgaben, Wohnungen zu bauen
Der erste Weg ist eher technisch und fast schon banal. Die Gemeinde hat den beiden Käufern keine Vorgaben gemacht, wie diese das Grundstück zu bebauen haben – es gibt lediglich einen Bebauungsplan, nach dem der Charakter des Grundstücks samt Baumbestand bestehen bleiben muss. Wie die Krapfbergvilla umgebaut und genutzt werden würde, war nicht Teil der Verhandlungen gewesen und hatte keine Auswirkungen auf die Entscheidungen des Gemeinderats gehabt, der dem Verkauf zustimmen musste. Die Bauherren durften grob gesagt tun und lassen, was sie wollten.
Die Pläne zum Bau der Wohnungen wurden nach dem Verkauf „entsprechend vorgestellt und veröffentlicht. Wir nehmen zur Kenntnis, dass diese Pläne offenbar verändert wurden“, sagt die jetzige Sprecherin der Gemeinde. Wirklich günstiger Wohnraum wäre wegen der zu erwartenden hohen Kosten vermutlich ohnehin nicht entstanden.
Der zweite Weg, um eine Antwort auf diese Frage zu finden, führt zum Haus selbst – und damit zu Christian und Peter Schuster, der das Grundstück 2022 zusammen mit seinem Bruder von der Gemeinde erwarb. Die Schusters sind auf dem Immobilienmarkt keine Unbekannten: Zusammen betreiben die beiden mehrere Firmen und haben bereits andere historische Villen saniert, etwa die Villa Hacker in Krailling.
Man erreicht Schuster im Auto, er kommt gerade von einer Besprechung zu einem anderen Bau. Selbst nennt er sich einen „Liebhaber historischer Bausubstanz“, er sei in einem alten Haus aufgewachsen, lebe in einem und könne sich nichts Besseres vorstellen. „Man muss diese Substanz“ – und damit sei auch die Krapfbergvilla gemeint – „unbedingt erhalten“, sagt er. Dass das alte Holz knarzt, gehöre dazu. Im Guten, natürlich.
Ja, sagt Schuster, am Anfang seien Wohnungen im Gespräch gewesen. Aber dieser Plan musste während der Arbeiten aufgegeben werden. Dafür führt Schuster gleich mehrere Gründe an – und die hängen alle miteinander zusammen.
Als sie das Gebäude übernommen und mit der Sanierung angefangen haben, hätten sie sich auf die Suche nach Originalplänen gemacht. Und dabei festgestellt: Die Krapfbergvilla, die bis einige Jahre vor dem Verkauf bereits als Mehrparteienhaus benutzt wurde und in der zeitweise die Gautinger Tafel und die Musikschule unterkamen, sei nie als solches gebaut worden.
Im Wintergarten entdeckten sie einen alten Holzboden
„Da war sehr viel zugebaut“, sagt Schuster. Also hätten sie Schicht über Schicht zurückgebaut, um das Haus wieder in den Ursprungszustand zu versetzen. Verschimmelte Dämmungen hätten sie entsorgt, Wände und Böden entfernt und dabei so manche Überraschung wie einen alten Holzboden im Wintergarten zutage getragen.
Das war mehr Aufwand als gedacht. Und je mehr Energie in das Haus floss, umso klarer sei geworden: „Eine Unterteilung in Wohnungen macht hier eigentlich keinen Sinn.“ Hinzu kommt: Für Wohnungen hätte es auf dem Grundstück sechs Parkeinheiten gebraucht – und die seien schon wegen der Hanglage nicht zu realisieren, ohne das Grundstück zuzupflastern.
Kompliziert genug seien die Arbeiten ohnehin schon gewesen, was die Kosten nach oben getrieben und eine Vermietung damit unrentabel gemacht habe. „Wir sparen nicht am Objekt“, sagt Schuster. Die Krapfbergvilla solle die Behandlung bekommen, die sie verdient.
Ob Schuster und sein Bruder die Villa auch verkaufen können, wird sich zeigen. Zuletzt berichteten Makler aus dem Münchner Umland, dass der Markt auch für Luxusobjekte schwieriger werde. Nervös ist Christian Schuster jedenfalls nicht. Klar, auch er bekommt mit, dass das Marktumfeld ein anderes ist als vor zwei, drei Jahren, als die Zinsen noch niedriger waren. Aber er habe da ein Charakterhaus, kein Stangenprojekt.
Die Hoffnung auf preiswerten Wohnraum – zumindest preiswerter als die Krapfbergvilla – muss man in Gauting nicht aufgeben. Die Gemeinde plant gerade den „Patchway-Anger“, heißt es aus dem Rathaus, mit dem ein „sozial-ökologisches“ Quartier geschaffen werden soll. Die Bebauungspläne sollen noch in diesem Jahr öffentlich werden.