Gauting:Hort für alternative Ideen

Zehn Jahre Öko & Fair in Gauting; Zehn Jahre "Öko & Fair"

Mit Lastenrad und E-Bike: Christiane Lüst und Stefan Berchtold. Das von Lüst gegründete Umweltzentrum feiert zehnjähriges Bestehen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Umweltzentrum von Christiane Lüst feiert zehnjähriges Bestehen

Von Blanche Mamer, Gauting

Viele Gautinger kennen den Weg, doch wer aus einem der Nachbarorte kommt, muss sich erst mal orientieren. Das Umweltzentrum "Öko& Fair" im Reismühlerviertel in der Nähe des Gautinger Sommerbades liegt versteckt direkt an der Würm in einer ehemaligen Fabrikhalle. Es ist ein idyllischer Ort, umrankt von Heckenrosen, Weinreben und Spalierobst. Hier hatte Christiane Lüst vor Jahren die erste und einzige Kinderkrippe Gautings eröffnet, hier hat sie vor zehn Jahren das Umweltzentrum eingerichtet, das am Sonntag mit einem kleinen Fest von 14 bis 17 Uhr sein Jubiläum feiert.

Auftakt ist um 14 Uhr mit Alexander Fonari vom Eine-Welt-Netzwerk Bayern, danach werden fair gehandelte Schokolade und andere Schmankerl gereicht, E-Auto und E-Lastenbike vorgestellt. Zudem ist eine Überraschung geplant. Eine Führung durch das Umweltzentrum steht ebenfalls auf dem Programm. Das rustikale Ziegelgebäude beherbergt nicht nur einen Fair-Trade-Laden, ein gemütliches alternatives Café und eine Catering-Küche, in der gesunde Mahlzeiten für rund 700 Kinder in 20 Einrichtungen gekocht werden, sondern ist auch Treffpunkt und Ideenfabrik für alternative ökosoziale Projekte. Diese Arbeit ist so erfolgreich, dass Christiane Lüst am 18. Oktober von Landrat Karl Roth als Finalistin beim Wirtschaftspreis "für herausragende unternehmerische Aktivitäten" geehrt wurde. Besonders gewürdigt wurden ihre zahlreichen "ökosozialen Projekte, die Nachhaltigkeit im gesamten Firmenumfeld und die konsequente Verfolgung der Gemeinwohlökonomie auf der Basis von Vertrauen und Kooperation".

Was sie derzeit besonders stark umtreibt, ist die Mikroplastik-Belastung in den Flüssen und Seen der Region. "Das betrifft uns alle ganz direkt. Unsere Seen sind mit Mikroplastik kontaminiert, das im Magen der Fische zu finden ist und über die Nahrungskette auch in uns gelangt. Mikroplastik ist im Trinkwasser, kein Klärwerk kann es herausfiltern." Keine Frage also, dass wir Plastik vermeiden müssen. "Das heißt, dass wir jetzt etwas tun müssen", sagt Lüst. Nicht nur durch die Reduzierung von Plastiktüten, sondern auch durch Sorgfalt beim Konsum. Denn selbst in gängiger Zahnpasta, Sonnencreme, Duschgel oder anderen Kosmetika ist Mikroplastik enthalten, auch beim Waschen von Fleece-Pullis werden Mikrofasern freigesetzt, sagt die Umweltaktivistin.

Ihr zweites großes Anliegen derzeit ist die Flüchtlingsfrage und der zunehmende Fremdenhass. "Wir müssen uns für faire Bezahlung einsetzen, nicht nur faire Preise für unsere Milchbauern, sondern auch für den Kakao-Anbauer in Afrika und den Kaffee- oder Reisanbauer", fordert die Gautingerin. Nur wenn die Menschen gerecht bezahlt werden, könnten sie ihre Familie ernähren und ihre Kinder zur Schule schicken. "Und dann bleiben sie in ihrem Land. Diese Botschaft ist mir sehr wichtig", sagt Lüst. Die 50-Jährige, die von Beruf Diplom-Sozialpädagogin ist, hat sich lange für alte und kranke Menschen eingesetzt, 2001 hat sie vor der UN-Menschenrechtskommission in Genf über die Situation pflegebedürftiger Menschen in deutschen Altenpflegeheimen berichtet. In Genf kennt sie sich inzwischen bestens aus, da sie als Mitinitiatorin der Aktion Gen-Klage neun Mal vor dem UN-Tribunal gesprochen hat, zuletzt 2015 als Vertreterin der Bauern aus Paraguay. "Multinationale Konzerne zwingen sie, Gen-Soja anzubauen, den unsere Landwirte dann an ihre Tiere verfüttern".

Lüsts Überzeugung im Kampf für eine bessere Umwelt ist kaum zu bremsen. Für fairen Handel, gesunde Lebensmittel oder die Energiewende hat sie ein großes Netzwerk geschaffen: Stände auf Wochenmärkten, Aktionen in Schulen, international renommierte Umwelt-Aktivisten als Referenten, Diskussionen über Filme und Dokumentationen, Einrichtung einer Elektrotankstelle, Verleih ihrer beiden Elektroautos und des E-Lastenfahrrads. Als Gemeinderätin in Gauting hat sie etliche Umwelt-Projekte initiiert und einiges bewegt.

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