Süddeutsche Zeitung

Halloween:In der Klinik liegen Corona-Patienten, nebenan feiern Jugendliche illegal

Der Gautinger Asklepios-Chef Jörgen Wißler zeigt sich empört. Das Krankenhaus habe während der Pandemie besseres zu tun, als sich um die Feier zu kümmern.

Von Michael Berzl

In der Asklepios-Lungenfachklinik in Gauting werden derzeit 19 Patienten behandelt, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, vier davon geht es so schlecht, dass sie auf der Intensivstation überwacht werden. Währenddessen feiern ganz in der Nähe in einem ungenutzten Gebäude auf dem Krankenhausgelände bis zu 200 junge Leute eine illegale Halloween-Party. Mutmaßlich ohne Abstand und ohne Masken. Sie hinterlassen einige Schäden und ihren Müll.

Für Klinikgeschäftsführer Jörgen Wißler eine schwer erträgliche Kombination. Eigentlich habe man besseres zu tun, als sich um so etwas zu kümmern, während eine Pandemie mit stetig steigenden Fallzahlen tobt, während ein Besuchsverbot bei Patienten gilt. Nun müsse man überlegen, einen Objektschutz anzuheuern, der das Gelände bewacht. Es sei traurig, dass man sich in der Leitung einer Lungenklinik mitten in einer Pandemie solche Gedanken machen müsse.

Lange unbemerkt konnten in der Nacht zum Sonntag junge Leute auf dem Asklepios-Gelände am Rand von Gauting durch ein Fenster in ein leer stehendes Gebäude eindringen, um dort zu feiern. Als die Polizei auf einen Anruf hin mit neun Streifenwagen mit Verstärkung aus Starnberg, Germering und Fürstenfeldbruck anrückte, erwischte sie noch 15 Partygäste im Alter von 15 bis 28 Jahren; bis in die Morgenstunden waren die Beamten damit beschäftigt, die Personalien aufzunehmen. Die meisten Gäste kamen aus München, sagt der Gautinger Inspektionsleiter Ernst Wiedemann. Sie müssen mit Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruchs und Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz rechnen. Weitere Vernehmungen stünden noch bevor. So ist noch nicht bekannt, wer der Veranstalter war. "Wir sind schockiert", sagte Kliniksprecherin Beatriz Parente-Matschke zu dem Vorfall. Es sei schon "sehr dreist", Eintritt zu verlangen zu einem Gebäude, das einem nicht gehört.

Die Räume, in denen die Party stattgefunden hat, befinden sich in einem vierteiligen Gebäudetrakt in einem abgelegenen Bereich des weitläufigen Geländes der Asklepios-Klinik. Ganze Häuser sind dort schon seit vielen Jahren ungenutzt. Stellenweise fällt der Putz von der Wand, vor einigen Fenstern hängen zerknitterte Jalousien, ein Hagebuttenstrauch wuchert an einem Hauseck. Dahinter beginnt gleich der Wald. Manchmal üben auf dem Klinikgelände die Münchner Berufsfeuerwehr oder eine Rettungshundestaffel, erzählt Parente-Matschke. Für Filmaufnahmen wird das Gelände gerne genutzt, auch wegen des leicht morbiden Charmes. Der Katastrophenschutz des Landkreises hat dort Material eingelagert.

Auch an dieser Ausstattung haben sich die Partygäste vergriffen. Laut Parente-Matschke wurden Bettlaken dazu verwendet, um Fenster abzuhängen, damit weniger Licht nach draußen dringt. Hinterlassenschaften unterschiedlicher Art seien auf allen Etagen des Hauses gefunden worden. Fotos der Polizei zeigen, dass Matratzen mit Bettwäsche auf den Boden gelegt wurden. An diesem Mittwoch wollten sich Vertreter von Landratsamt und Polizei einen Überblick über die angerichteten Schäden verschaffen.

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SZ vom 04.11.2020
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