FreizeitGolfen ohne Statussymbole

Lesezeit: 5 Min.

Jeder spielt, wann er mag. Beim Golfpark Eberle müssen keine Startzeiten gebucht werden.
Jeder spielt, wann er mag. Beim Golfpark Eberle müssen keine Startzeiten gebucht werden. (Foto: Georgine Treybal)

Drei Geschwister haben sich vor knapp 30 Jahren dazu entschieden, den Sport der Reichen für jedermann zugänglich zu machen. Ihr Platz in Gauting ist klein, aber anspruchsvoll - und ohne Clubmitgliedschaft und Platzreife bespielbar.

Von Carolin Fries, Gauting

Es dauert nur eine halbe Stunde, bis die knapp 20 Parkplätze morgens belegt sind: Bei den sommerlichen Temperaturen will niemand in der Mittagshitze über den Golfplatz laufen. Lieber vor der Arbeit ein paar Bälle schlagen - und vielleicht am Abend nochmal. Das geht auf dem Golfplatz Eberle in Gauting. Der einzige öffentliche Golfplatz im Fünfseenland bietet Tageskarten an, die ein flexibles Spielen ohne Clubmitgliedschaft ermöglichen.

Jeder kann hier golfen, ob mit oder ohne Platzreife. Also Kofferraum auf, Golftasche raus, Schuhe gewechselt, Käppi auf und rauf aufs Grün. Natürlich nicht, ohne bei Gisela Gorke das Greenfee zu lösen. Die 57-Jährige betreibt den Golfplatz am Ortsrand zusammen mit ihren zwei Geschwistern Renate und Manfred seit knapp 28 Jahren.

Trainer Fredj Aich (links) gibt Perry Eekhout Unterricht.
Trainer Fredj Aich (links) gibt Perry Eekhout Unterricht. (Foto: Georgine Treybal)
Wer keine Ausrüstung hat, kann sich diese gegen eine geringe Gebühr ausleihen.
Wer keine Ausrüstung hat, kann sich diese gegen eine geringe Gebühr ausleihen. (Foto: Georgine Treybal)
Das Gras auf den Grüns ist eine spezielle Sorte. Die Halme sind sehr dünn und kurz.
Das Gras auf den Grüns ist eine spezielle Sorte. Die Halme sind sehr dünn und kurz. (Foto: Georgine Treybal)

Perry Eekhout trainiert mit Golflehrer Fredj Aich den Annährungsschlag. Seit vier Jahren fährt der Niederländer regelmäßig aus München raus, um auf dem etwa 20 Hektar großen Platz zu golfen. "Hier kann ich zeitlich flexibel und ohne Voranmeldung kommen, für mich ist das ideal", sagt er. Das Tagesticket für den Platz kostet 24 Euro. Wer nur in den Übungsbereich will, zahlt sechs Euro.

Dass der Platz nur sechs Löcher hat anstatt klassisch 18, stört Eekhout nicht. "Dann dauert es nicht so lange. Und wenn mal mehr Zeit ist, kann man auch zwei Runden machen." Oder abends nochmal vorbeikommen, das Ticket gilt schließlich bis 20 Uhr. Eekhout findet es gut, keine Startzeit buchen zu müssen, wie es in vielen Clubs der Fall ist. Und: Er zahlt keine Jahresgebühr, sondern nur, wenn er auch spielt. Klar ist aber auch: Sein Handicap kann man auf dem Gautinger Platz nicht verbessern - dafür ist er zu klein.

Mit diesen Bällen wird auf der Driving Range geübt.
Mit diesen Bällen wird auf der Driving Range geübt. (Foto: Georgine Treybal)

Trainer Aich sieht versteckte Qualitäten. "Der Platz ist nicht ganz einfach", erklärt der 50-Jährige. Vor allem die dritte Bahn sei mit einer Länge von 308 Metern für viele eine Herausforderung. Doch mit ausreichend Zeit und Verstand könne jeder Golf lernen, sagt er. Der 50-Jährige unterrichtet seit 2002 als selbständiger Golflehrer auf dem Platz, eine halbe Stunde bei ihm kostet 35 Euro. Seine älteste Schülerin ist 92 Jahre alt, der jüngste Schüler vier. In durchschnittlich acht bis zehn Stunden, so Aich, bringe er sie alle zur Platzreife. Der Golflehrer betont die Besonderheiten des Platzes: So sind beispielsweise Abschläge auf der Driving Range von Gras und Matte möglich - viele Plätze bieten nur noch Matten, um den Rasen zu schonen. "Vor allem aber ist es familiär."

Das liegt freilich daran, dass der Golfplatz ein reiner Familienbetrieb ist. Bis vor 30 Jahren wuchsen auf dem Feld noch Erdbeeren. Es war einer von vielen "Eberle Gärten" rund um München von Renate Eberle und ihrem Mann. "Naja und irgendwann braucht so ein Feld eine Pause", erklärt Renate Eberle. "Und eine sehr gute Zwischenfrucht ist Gras." Damals in den 1990er-Jahren habe es einen Golfplatz-Boom gegeben, überall wurden Plätze angelegt. Den hippen Sport sollten nicht nur die Reichen und Schönen unter sich ausüben, sondern auch die gehobene Mittelschicht. "Wir fanden es sympathisch, Golf für alle zugänglich zu machen", so Renate Eberle.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Also säten die Geschwister aus dem Allgäu spezielles Gras und ließen einen einfachen Platz anlegen, "nah an der Natur", wie die 64-Jährige erzählt. Konkret bedeutet das: nicht künstlich grün, durchgedüngt und oberkorrekt. Am Rand darf auch mal ein Löwenzahn blühen. Die erforderlichen Genehmigungen habe man sich teilweise erkämpfen müssen - und die Community lästerte, dass ein so kleiner Platz sicher nicht funktionieren würde. "Das Verblüffende war dann, dass der Platz vom ersten Tag an gut besucht war", erinnert sich Renate Eberle.

Seither wird die Zwischenfrucht gehegt und gepflegt. Manfred Gorke, 60, hat das Greenkeeping vor sechs Jahren übernommen, als der alte Platzwart in Rente ging. Der gelernte Dachdecker ist seither Rasenspezialist und morgens um fünf Uhr der Erste auf dem Platz, um die Grüns zu wässern. Ein spezieller Rasen wächst dort, wo die weißen Bälle mit Gefühl ins Loch befördert werden, maximal sechs Millimeter hoch wachsen die dünnen Halme. In den Fairways, also den Spielbahnen zwischen Abschlag und Grün, mäht er es auf 15 Millimeter. Zum Vergleich: Im Durchschnittsgarten wird der Rasen auf 20 bis 25 Millimeter gestutzt.

Manfred Gorke war die vergangenen Jahre als Platzwart tätig.
Manfred Gorke war die vergangenen Jahre als Platzwart tätig. (Foto: Georgine Treybal)

Neben dem Wässern ist das Mähen die Hauptaufgabe von Gorke. "Ich mähe jeden Tag", sagt er. Abwechselnd die Grüns und die Fairways. "Wenn ich mal schlecht gelaunt bin, mähe ich die Fairways enger", sagt er. Dann müssen die Besucher präziser spielen. Frauen könnten das tendenziell besser. "Sie platzieren den Ball besser", schildert er seine Beobachtungen. Die Herren indes würden gerne ihre Kraft demonstrieren.

Gorke ist ein zurückhaltender Typ, der gerne still vor sich hin werkelt. Er ist ständig auf den Beinen, repariert die Maschinen oder einen umgewehten Sonnenschirm. Bei der Runde über den Platz zupft er mal hier, mal dort ein Unkraut aus dem Rasen oder positioniert die Bewässerungsanlagen neu. Er und seine Geschwister seien keine Golfer, sagt er - auch, wenn sie wohl all einen Abschlag hinbekämen. "Golf ist ein Spiel gegen sich selbst."

Was den Platzwart richtig nervt, sind Spaziergänger

An diesem Junitag hat Gorke erstmals ein kurzärmeliges T-Shirt an, die Arme sind noch ganz weiß im Vergleich zu Händen und Gesicht. Er schaut nach Urlaub aus, obwohl er von frühmorgens um fünf bis zum späten Nachmittag im Golfpark unterwegs ist. Sein Tipp für einen schönen Rasen: Immer morgens wässern, damit die Fläche über den Tag abtrocknen kann und sich keine Pilze bilden. Und bei großflächigen braunen Stellen empfiehlt er einen sogenannten "Wetting Agent" - ein Mittel, das die Feuchtigkeit direkt an die Rasenwurzeln transportiert. "Da kann man einen Haufen Wasser sparen." Außerdem besser aerifizieren als vertikutieren.

Freilich wissen die Besucher manchmal besser Bescheid. Gorke erträgt gut gemeinte Ratschläge ebenso wie unqualifizierte Hinweise zur Platzpflege meist still lächelnd. Das gehöre dazu, sagt er. Was ihn indes richtig nervt: unbelehrbare Spaziergänger, die nicht ahnen, wie schmerzhaft ein Golfball den Kopf treffen könne. Im Winter sei er da tolerant. Da freut er sich über eine junge Mutter, die ihren Kinderwagen unbedingt über den Golfplatz schieben will und gibt die Bahnen frei.

Diese Golfbälle haben die Geschwister Gorke von Besuchern geschenkt bekommen.
Diese Golfbälle haben die Geschwister Gorke von Besuchern geschenkt bekommen. (Foto: Georgine Treybal)

Der schlanke 60-Jährige, der früher auch als EDV-Berater gearbeitet hat, kann sich nichts anderes mehr vorstellen als den ganzen Tag draußen zu sein. Er fühlt sich im Blaumann auf dem Platz einfach wohl. "Am Schönsten ist es morgens, wenn alles noch still ist - wirklich romantisch", sagt er. Auf der Golfbahn kommt ihm jetzt eine Gruppe älterer Herren entgegen, Stammgäste seit zwölf Jahren. Jeden Mittwoch treffen sie sich hier, die meisten kommen aus München, aber auch aus Ingolstadt und Kelheim. "Wir sind jedes Mal so dankbar, hier spielen zu können", sagt Peter Hirschmann. Das Personal sei unglaublich nett. Und: "Man wird nicht so gehetzt." Manfred Gorke lächelt bescheiden. "Die Gisela ist hier die gute Seele."

Stammgast Peter Hirschmann ist "so dankbar", in Gauting spielen zu können.
Stammgast Peter Hirschmann ist "so dankbar", in Gauting spielen zu können. (Foto: Georgine Treybal)
Gisela Gorke im Kiosk auf dem Golfplatz.
Gisela Gorke im Kiosk auf dem Golfplatz. (Foto: Georgine Treybal)
Die Holzhütte am Empfang ist Kiosk, Treffpunkt des Golfparks - und Schaltzentrale von Gisela Gorke.
Die Holzhütte am Empfang ist Kiosk, Treffpunkt des Golfparks - und Schaltzentrale von Gisela Gorke. (Foto: Georgine Treybal)

Gisela Gorke fährt an sechs Tagen in der Woche morgens von Kaufbeuren nach Gauting und abends wieder zurück. Nur samstags hat sie frei. Sie richtet morgens die Plastikmöbel auf der kleinen Terrasse her, kocht Kaffee und stellt Getränke kühl. "Immer Leute zu treffen", das sei fantastisch. Vor allem, weil niemand elitär und hochnäsig sei. "Alle sind locker." Niemanden stört die Kiosk-Atmosphäre, die das kleine grüne Empfangshäuschen ausstrahlt, keiner meckert über den trockenen Rasen, der zuletzt stark unter der Sonne gelitten hat, und niemand trinkt Champagner. Die Gäste genießen vielmehr die Zeit, die sie hier haben - und das Ticketsystem, das auch längere Kaffee- und Ratschpausen erlaubt. Sobald die Erdbeeren auf den Feldern reif sind, gibt es dazu auch wieder frischen Erdbeerkuchen. Familientradition muss sein.

Immer samstags und sonntags bietet Fredj Aich um 10 Uhr ein- bis zweistündige Schnuppertrainings für Anfänger im Golfpark Eberle an der Robert-Koch-Allee in Gauting an. Teilnehmer zahlen 19 Euro, Schläger und Bälle werden gestellt. Anmeldungen über den Golfpark unter Telefon 089/85 00 44 4.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Spitzengastronomie
:Weinexpertin auf Sterneniveau 

Claudia Mikschowsky behauptet sich in einer Männerdomäne: Sie ist Diplom-Sommelière und wurde vom Gourmetführer Michelin ausgezeichnet. Was macht eine gute Weinberaterin aus?

SZ PlusVon Astrid Becker

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: