Es war ein Horror-Unfall, der sich in der Nacht zum 1. September 2019 bei Oberdill auf der Garmischer Autobahn (A95) ereignet hat. Der schreckliche Vorfall, bei dem der gerade einmal 23 Jahre alte Benedikt Apostoli ums Leben kam, wird jetzt vor dem Amtsgericht München aufgerollt. Angeklagt ist ein heute 26-jähriger Student: Alexander K. soll damals in wahnwitzigem Tempo in Richtung Starnberger Dreieck gefahren sein und dabei die Kontrolle über einen geliehenen 600-PS-Boliden verloren haben. Mit mehr als 300 Stundenkilometern raste der Sportwagen in die Mittelleitplanke. Das silbergraue Cabrio schleuderte unter der rechten Leitplanke hindurch und zerschellte an einem Baum neben der sogenannten Olympiastraße. Bei dem Crash wurde der Beifahrersitz weit herauskatapultiert. Benedikt Apostoli, der Sohn eines Gautinger Gastwirtepaars, hatte bei dem Aufprall keine Chance - er war sofort tot.
Zunächst ging die Polizei davon aus, dass der junge IT-Kaufmann der Fahrer gewesen sei. Apostoli wurde deshalb zunächst als Verursacher des Raserunfalls geführt, bei dem ein Sachschaden von rund 100 000 Euro entstand. Erst acht Monate später kam durch intensive Ermittlungen und mit Hilfe eines rechtsmedizinischen Gutachtens heraus, dass der Freund von Benedikt Apostoli am Steuer des Sportwagens gesessen haben muss - eine überraschende Wende. Der mittlerweile 26 Jahre alte Fahrer war bei dem Unfall mit einem Schulterbruch und mit Schnittwunden noch vergleichsweise glimpflich davon gekommen - und konnte bereits nach wenigen Tagen das Krankenhaus verlassen.
Die Staatsanwaltschaft München I wirft dem jungen Mann ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen mit fahrlässiger Tötung vor. Der Prozess beginnt am kommenden Mittwoch, für die Verhandlung sind zwei Tage angesetzt. Nebenkläger ist Raphael Apostoli, ein älterer Bruder des Unfallopfers. Geladen sind neun Zeugen - darunter Beamte der Autobahnpolizei Weilheim, ein technischer Unfallgutachter sowie ein rechtsmedizinischer Sachverständiger. Der Fall zeige, wie wichtig es sei, sämtliche Spuren zu sichern - auch wenn alles scheinbar geklärt sei, betont Hubert Schwaiger, Chef der Weilheimer Autobahnpolizei. Gesichert wurden unter anderem DNA- und Blutspuren an den Airbags und am Lenkrad des Wracks sowie an der Kleidung der beiden Insassen.
Den Ermittlungen zufolge hatte der Angeklagte gemeinsam mit seinem Gautinger Freund den Sportwagen am Tag vor der Unfallnacht bei einem Autoverleiher bei München angemietet. Nach Ausfahrten in der Region mit offenkundig zahlreichen Geschwindigkeitsverstößen - und wohl wechselnden Fahrern - sollen sich die beiden Freunde in der Todesnacht auf der Garmischer Autobahn mit einem anderen PS-starken Sportwagen ein Rennen geliefert haben. Auf der letzten Fahrt von München in Richtung Starnberger Dreieck, soll dann der jetzt angeklagte Münchner am Steuer gesessen haben.
"Der Fahrer hat sich bis heute mit keinem Wort bei unserer Familie entschuldigt", klagt Raphael Apostoli, der Bruder des Todesopfers. Er ist zudem darüber verbittert, dass der Freund die Schuld seinem Bruder Benedikt "in die Schuhe geschoben" habe und offenbar nicht zur eigenen Verantwortung stehe. Apostoli schafft es auch nach fast dreieinhalb Jahren nicht, die Unfallstelle an der A95 aufzusuchen. Dafür geht er wöchentlich zu "Bens" Grab auf dem Gautinger Friedhof. "Da setze ich mich aufs Bankerl und bin ihm ganz nah." Die beiden Brüder hatten ein sehr inniges Verhältnis. Dass nun der Prozess beginnt, ist für den 28-Jährigen eine große psychische Belastung. "Ich habe jetzt wieder Alpträume", erzählt Raphael Apostoli.
Er hoffe, dass nun in der Verhandlung definitiv alles aufgeklärt werde und der Angeklagte "seine gerechte Strafe" bekomme. Der Bruder berichtet davon, wie seine Familie seit dem Verlust traumatisiert sei. Sie habe auch unter dem Gerede im Ort gelitten, weil für lange Zeit Benedikt als "Todesfahrer von Gauting" gegolten habe, sagt Raphael Apostoli. Er und sein Anwalt Klaus Höchstetter sind deshalb den Ermittlern dankbar dafür, dass diese nach dem Unfall herausgefunden haben, wer offenbar der wahre Fahrer des Sportwagens gewesen sein muss.
Dem Angeklagten droht im Fall seiner Verurteilung eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.