Gauting:Freispruch für Rechtsradikale

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Drei Rechtsradikale sollen im vergangenen Jahr zwei Münchner mit Fäusten traktiert haben. Jetzt wurden sie vom Amtsgericht Starnberg freigesprochen - wegen eines Versäumnisses der Polizei.

Armin Greune

Gauting - Sie sollen in der Freinacht des vergangen Jahres am Gautinger S-Bahnhof zwei Münchner mit Faustschlägen traktiert haben. Doch am gestrigen Dienstag wurden die drei angeklagten Rechtsradikalen freigesprochen. Die Starnberger Amtsrichterin Brigitte Braun befand am Ende des zweiten Verhandlungstages, es sei "nicht auszuschließen, dass die Falschen auf der Anklagebank sitzen". Bereits die Staatsanwältin hatte auf Freispruch mangels Beweisen plädiert, weil eine Einstellung des Verfahrens wegen der umfangreichen Vorstrafenregister der Beschuldigten nicht in Frage käme.

Totalitär, krank, inkompetent. Wer eine Sachbearbeiterin mit solchen Vokabeln belegt, kann sich nicht auf seine Meinungsfreiheit berufen. Das hat ein 27-Jähriger Vater am Amstgericht Dachau lernen müssen.   (Foto: dapd)

Wie berichtet waren ein 45-jähriger Maurer und sein 24-jähriger Sohn aus Kaufering sowie ein 23-jähriger, ehemaliger NPD-Bundestagskandidat aus Gilching der gefährlichen Körperverletzung angeklagt worden. Laut Anklage sollten sie auf der Bahnsteigtreppe ohne Provokation auf zwei 24-jährige Studenten eingeschlagen haben. Der eine Münchner verlor dabei seine Brille und trug ein blaues Auge davon, sein Bekannter erlitt eine länger schmerzende Schwellung am Hinterkopf. Der Sachverhalt war am ersten Prozesstag von den Geschädigten und der 39-jährige Freundin eines der Opfer bestätigt worden: Alle Zeugen gaben an, zumindest Vater und Sohn als Täter wiederzuerkennen. Gestern Nachmittag vernahm das Gericht weitere sechs Zeugen - allesamt Beamte der Gautinger Polizeiinspektion, die bei der Festnahme der drei Verdächtigen oder der Befragung der Geschädigten mitgewirkt hatten.

Aus ihren Aussagen folgerten die drei Verteidiger, dass die Polizei nach der Tat keine eindeutige Identifizierung vollzogen hatte: Weder seien die Opfer den Angeklagten gegenübergestellt worden, noch habe man ihnen später Bilder der Beschuldigten zur Auswahl vorgelegt. Zudem hätten die Zeugen widersprüchliche Beschreibungen der Täter hinsichtlich Haartracht und Kleidung abgegeben. So habe die 29-Jährige angegeben, den 24-Jährigen an einem Piercing wiedererkannt zu haben - das der sich aber erst später zugelegt habe. Andererseits argumentierte ein Anwalt, der Kauferinger habe sich eben durch die Präsentation des Piercings vor Gericht "erheblich selbst belastet", was auf seine Unschuld schließen ließe. Armin Greune

© SZ vom 25.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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