Gauting:Fleißiger Tiefstapler

Gauting Bosco Ausstellung

Der Raum steht immer im Blickpunkt, wenn Florian Holzherr Kunstwerke oder Architektur ablichtet.

(Foto: Georgine Treybal)

Florian Holzherr zeigt im Bosco atemberaubende Porträts, Kunst-und Architekturfotografie. Als Künstler würde er sich selbst nie bezeichnen, er betont das Handwerkliche seiner Arbeit

Von Katja Sebald, Gauting

Nein, als Künstler würde sich Florian Holzherr nie bezeichnen. Als "Star-Fotograf" erst recht nicht. Er sei einfach immer fleißig und pünktlich gewesen. Und Pünktlichkeit, das habe schon Woody Allen gesagt, mache allein achtzig Prozent von guter Arbeit aus. Der Fotograf Holzherr ist ein Tiefstapler. Nicht mal das Wort "Ausstellung" will er für die rund zwanzig Fotoarbeiten gelten lassen, die er derzeit im "Bosco" zeigt: "15 Jahre Kunst- und Architekturdokumentation" steht darüber.

Die Liste der Auftraggeber von Holzherr lese sich "wie das Who is Who der Kunst- und Architekturszene", findet der Architekt Andreas Meck in seiner Laudatio. Für ihn ist schon der Hinweis "lebt und arbeitet in Gauting bei München" pures Understatement: "Man würde erwarten, dass er ein Atelier in New York hat." Tatsächlich vertrauen einige der bedeutendsten Künstler der Gegenwart, allen voran James Turrell, auf den Fotografen Florian Holzherr. Gleiches gilt für Architekturbüros wie Herzog & de Meuron, Foster & Partners oder Peter Zumthor und zahlreiche Museen und Galerien.

Holzherr relativiert das allerdings, es gebe weit mehr "normale" Kunden: "In einer solchen Liste nennt man eben nur klangvolle Namen." Am Tag zuvor arbeitete er etwa für einen Maler in Hannover - einen schlichten Malerbetrieb, der seine Räume für einen neuen Katalog fotografieren lässt. Arroganz scheint Holzherr nicht zu kennen. Und so hat er auch bereitwillig zugesagt, seine Fotos, die schon auf der Architekturbiennale in Venedig 2012 zu sehen waren, in Gauting zu zeigen.

Der 1970 geborene Holzherr ist dort aufgewachsen, seit einigen Jahren lebt er mit Frau und Kind wieder in seinem Elternhaus. Vor kurzem ließ er sich einen minimalistischen schwarzen Kubus als Atelier in den Garten bauen, sein Studio in München hat er aufgegeben. Er betont gerne die "Handwerklichkeit" seiner Arbeit, Ergebnis der Ausbildung an der Staatlichen Akademie für Fotodesign in München und einiger Jahre Assistenz bei verschiedenen Fotografen. Für Kunst, Design und Architektur habe er sich immer schon begeistert. Aber: "Ich hätte nie gedacht, dass man damit auch Geld verdienen kann."

In Gauting zeigt er unter anderem zwei Portraits von Deutschlands berühmtestem Barmann, Charles Schumann. Sie verraten viel darüber, wie Holzherr denkt - und wie er sieht: Er hat sie im Treppenhaus über Eck so positioniert, dass Schumann beim Herauf- und Hinuntergehen den Blick des Betrachters aufnimmt, ihm dann mit dem keck in der Espressotasse steckenden Löffelchen oder mit der leichten Drehung des Kopfes den Weg weist. und seine Schritte lenkt. Aufs absolut Wesentliche reduziert, bis ins kleinste Detail inszeniert und völlig unprätentiös, wie zufällig entstanden: So sind Holzherrs Fotos und so präsentiert er sie auch: ungerahmt auf Papier, wie im Vorbeigehen an die Wand gepinnt.

Die meisten Bilder aber, alle analog aufgenommen, sind atemberaubende Fotografien von Kunst- und Bauwerken. Fast immer macht Holzherr Raumsituationen lesbar und erlebbar. Das gilt insbesondere für den von James Turrell zum größten Kunstwerk der Welt verwandelten "Roden Crater" in der Wüste von Arizona und die Lichträume, für die der Künstler berühmt ist. Es gilt aber auch für Michael Heizers Installation "Levitated Mass" im Los Angeles County Museum of Art - und es gilt nicht zuletzt für das katholische Pfarrzentrum St. Nikolaus in Neuried, das wie Holzherrs eigenes Atelier von Andreas Meck entworfen wurde. Für den Betrachter beginne mit jedem der Bilder von Holzherr eine Geschichte, so Meck in seiner Einführung: "Das Gespür für den richtigen Moment macht den Fotografen zum Künstler und das Abbild der Welt zu einer eigenen Welt."

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