Gauting:Farborgie in der Remise

Flöte und Klavier in der Remise

Schlüssige Dramaturgie: Anne-Cathérine Heinzmann und Thomas Hoppe bei ihrem Auftritt in Gauting.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das Duo Anne-Cathérine Heinzmann und Thomas Hoppe eröffnet das Kleine Sommerfestival in Gauting

Von Reinhard Palmer, Gauting

Nach den Farbklängen waren die Klangfarben an der Reihe, das Kleine Sommerfestival in Gauting zu eröffnen. Beim Konzert inmitten der farbenfrohen Gemälde von Veronika Zacharias und der Skulpturen von Elke Groebler in der sehr gut besuchten Remise im Schlosspark Fußberg kam es gewiss auch zu einer Wechselwirkung, die dem instrumentalen Duo in die Hände spielte. Die Kombination aus Flöte - Anne-Cathérine Heinzmann - und Klavier -Thomas Hoppe - ist ohnehin an sich schon sehr reich im Kolorit. Weil nun noch der optische Reiz beim Betrachten der Bilder dazu kam, konnte man fast schon an eine eine Farborgie denken.

Zum Teil lag das aber auch an der im Ton warmen Ausrichtung des musikalischen Duos, die gewiss etwas mit dem samtigen Klang des Blüthner-Flügels zu tun hatte. Für die größte Vielfalt allerdings sorgte das Programm der Matineé, das bei einem Mozart-Werk des Jahres 1764 ansetzte und bis zu Poulencs Sonate aus dem Jahr 1956 reichte. Dabei ist gerade das berühmte Stück von Poulenc deshalb so sinnenfreudig, weil es in der Harmonik auf barocke Vorbilder zurückgreift, also das Spektrum eher in die Vergangenheit ausdehnt. Den frischen, herzhaften und emotionsgeladenen Charakter der Neuen Musik vertrat Erwin Schulhoff, der von den Nazis verfolgte deutschböhmische Komponist. Der energische Zugriff des Duos und dessen spitzfindige Präzision stellte Schulhoffs Flötensonate von 1927 als hochrangiges Werk von packenden Dramaturgie dar, beginnend mit einem dicht versponnenen Auf und Ab im Kopfsatz über das schelmisch-spritzige Scherzo und eine sinnierende Aria bis hin zum metrisch stark variierenden Schlusstanz.

Heinzmann und Hoppe scheuten nicht davor zurück, der Sonate böhmisches, in gewisser Weise auch jüdisches Musikantentum angedeihen zu lassen, was dem Werk die nötige Kraft verlieh. Schulhoff hatte im Kopfsatz seinem Mitspieler, dem französischen Flötisten René le Roy, zu Ehren auch zur impressionistischen Harmonik gegriffen, die das interpretierende Duo nahtlos zu integrieren verstand. Im Anschluss an die behaglich-leichte Sonate C-Dur KV 14 des achtjährigen Mozart hätte der Kontrast nicht größer sein können.

"Der Brüller der Flötenliteratur", wie Heinzmann die Fantaisie-Sonate op. 17 von Max Meyer-Obersleben (Erstveröffentlichung 1883) titulierte, glättete die Wogen mit seiner romantischen Charakteristik. Dass darin nicht nur der Flöten-, sondern auch der Klavierpart virtuos ausgestaltet ist, lag wohl daran, dass der Komponist aus Thüringen selbst auch Pianist war. Seine Musik ist zwar mit ihrer wogenden Klavierbegleitung etwas vordergründig, doch das Duo Heinzmann und Hoppe bekam dabei die Gelegenheit, zarteste Lyrik zu kreieren und insbesondere im Ständchen berührende Empfindsamkeit zu demonstrieren. Neben der Virtuosität - besonders wirbelnd im Schlusssatz - stand damit auch das Grundvokabular des die Matinee abschließenden Werkes von Reinecke fest. Doch in seiner Undine-Sonate op. 167, die der 1811 erschienenen, gleichnamigen Erzählung von de la Motte-Fouqués gemäß die Frage nach der Seele stellt, kam unterschwellige Spannung hinzu. Mit gewohnter Präzision bewies das Duo Heinzmann und Hoppe bei der Auslegung dieser aufwühlenden musikalischen Erzählung auch packende Ensemble-Homogenität. Trotz spritziger Leichtigkeit erhielt so das Intermezzo in Scherzo-Manier eine euphorisierende Charakteristik und das Andante ruhevolle Schönfarbigkeit. Das Duo verstand es auch, die vielen rhapsodisch wechselnden Bilder einer schlüssigen Dramaturgie folgen zu lassen, sodass letztendlich das zart-süßliche Finale in leisen Tönen den üblichen Kehraus brachte. Lang anhaltender Applaus in der Remise und eine Wiederholungszugabe.

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