Gauting:Die Albträume der Jugendlichen

Der Tunnel

Zehn albtraumhafte Minuten vermittelt "Der Tunnel", der den Protagonisten unendlich lang vorkommt.

(Foto: Verleih/FSFF)

Bei der ersten Kurzfilmschau spielen sowohl Dunkles als auch die Poesie eine Rolle

Von blanche mamer, Gauting

So manch einer der mehr als 120 Zuschauer im Gautinger Kino hat am Freitag erstmals eine ganze Tüte Popcorn verdrückt: Bei der ersten Kurzfilmschau hat die Sponsorbank den Puffmais gespendet. Wenn alle knabbern, stört es nicht mehr, und die Filmfans genießen neun kurze Filme. Diese spiegeln den Zeitgeist, die Wünsche, Gefahren und Ängste, die die Menschen umtreiben. Einige sind spannend, einige bewegend. Wobei beim ersten Film "Selfie" noch nicht so sehr viel Konzentration erforderlich ist. Das Phänomen, süchtig zu sein nach Handyfotos, kennt jeder, der sich an einem Touristenort aufhält. Der zweite, der 23 Minuten lange Streifen "Ariana forever" von Katharina Rivilis, hat wesentlich mehr Tiefe und ist einer von vier Kurzfilmen in diesem Programm, die sich mit den Schwierigkeiten und Problemen junger Mädchen befassen. Da ist die schüchterne Außenseiterin Margarita, die von den Mitschülern gemobbt wird. Sie ist fasziniert von Ariana, einem hübschen und sehr begehrten Mädchen, das sie als einzige freundlich wahrnimmt. Und dann beobachtet Margarita, wie Ariana von einigen Jungs vergewaltigt wird. Sie selbst wird bedroht, damit sie nichts verrät. Ob sie sich daran hält, bleibt offen.

Bedrohlich ist auch der 16-minütige Streifen "Elisa". Mit wenigen Einstellungen gelingt es Kristina Stubert, dem Zuschauer das Gefühl von Angst und Schrecken zu vermitteln, das die Protagonistin verfolgt. Im Schlaf kratzt sie sich bis aufs Blut, was ihre Mutter, mit der sie in einer weißen durchgestylten Wohnung lebt, zu ständigen Kontrollen veranlasst. Elisa hat schreckliche Albträume, in denen sie mit einer bösen Zwillingsschwester kämpft, bis diese schließlich ihren Platz einnimmt.

Auch in "Taschengeld" geht es um ein Mädchen, das mit seiner Umwelt nicht klar kommt. Nach der Schule geht sie zu ihrem Vater, der eine Bar betreibt. Sie klaubt aus den Falten der Sessellehnen die Münzen, die den Barbesuchern aus den Hosentaschen gefallen sind. Als sie einen toten Junkie findet, klaut sie ihm das Geld aus seiner Tasche, bevor sie einen schrillen Schrei ausstößt. Ob aus Berechnung oder im Schock wird nicht erklärt. Und schließlich noch eine Zeichentrick-Adaptation von Andersens Märchen "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern". Die Schweizer Filmemacher Anne Baillod und Jean Faravel transponieren das Animé in die Jetztzeit und lassen das Mädchen von glücklichen Tagen mit der Großmutter träumen.

Zehn albtraumhafte Minuten vermittelt "Der Tunnel", der dem Protagonisten unendlich lang vorkommt. Und wohl auch ist, denn der führerlose Zug fährt immer schneller hinab in die Dunkelheit. Applaus bekommt "Schwerelos" von Jannis Lenz, der seine jugendlichen Parcours-Künstler sehr poetisch durch die Betonwüsten ihrer Stadt schweben und gleiten lässt. Weiter in der Auswahl: "Kopfüber" und "Der Spickzettel". Juriert werden die Filme durch die Zuschauer. Der Film mit den meisten Stimmen tritt am Dienstag bei der Dampferfahrt gegen die Gewinner aus den drei weiteren Programmen an.

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