Kandidat für den Tassilo-Preis:Wie man Kinder für Musik begeistert

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Begeistert Kinder für klassische Musik: Heinrich Klug, langjähriger Solocellist der Münchner Philharmoniker. (Foto: Ulfers)

Heinrich Klug war einst Konzertmeister der Münchner Philharmoniker. Von der Musik kann der Gautinger nicht lassen. Jetzt bereichert er die Klassik-Szene mit Kinderkonzerten.

Von Anna-Elena Knerich, Gauting

Heinrich Klug weiß, wie man Kinder für klassische Musik begeistert: "Ich beginne die Kinderkonzerte immer mit einem gesungenen 'Gu-ten Nach-mit-tag!', auf das die Kinder im Echo mehrmals antworten. Und ich probe mit den jungen Zuhörern Passagen ein, die sie beim eigentlichen Konzert dann mitsingen können, außerdem hole ich Kinder auf die Bühne", erklärt der langjährige Solocellist und Konzertmeister der Münchner Philharmoniker sein Erfolgsrezept.

Seit nun fast 40 Jahren macht er es sich zur Aufgabe, durch fantasievolle und kurzweilige Kinderkonzerte beim jungen Publikum das Interesse am Zuhören und Musizieren zu wecken. Dafür wählt er zum einen angemessene Stücke wie "Peter und der Wolf" oder "Josa und die Zauberfiedel" aus, zum anderen legt er Wert darauf, dass die Konzerte nicht nur "Musik pur" sind: In den mit Scherenschnitten und Illustrationen versehenen Programmheften gibt es Notenzeilen und Liedtexte zum Mitsingen, denn er "habe es im Bauchgefühl, wenn die Kinder abschweifen, das ist oft ein Kampf um Sekunden."

Das Geheimrezept lautet: Mitmachen

Deshalb animiert er das junge Publikum von Anfang an zum Mitmachen, damit es nicht langweilig wird. Mit Erfolg: Die etwa 20 Kinderkonzerte pro Jahr, in denen junge und musikalisch hochbegabte "Jugend Musiziert"-Preisträger gemeinsam mit Philharmonikern spielen, sind fast immer ausverkauft.

In den Siebzigerjahren stellte Heinrich Klug fest, dass es noch keinerlei Musikprogramm für Kinder gab. Nach dem Vorbild seines Bruders Hartmut, ebenfalls Musiker, der in Wuppertal "Sitzkissenkonzerte" für Kinder veranstaltete, organisierte er 1976 ein erstes Kinderkonzert in der Bücherei des Gautinger Rathauses. Im Jahr darauf übernahm er Leitung und Moderation bei den Kinderkonzerten der Münchner Philharmoniker, die der 81-Jährige bis heute leidenschaftlich leitet.

Hochkarätige Musiker wie Julia Fischer (Geige), Herbert Schuch (Klavier) und Jörg Widmann (Klarinette) spielten bei seinen Kinderkonzerten, die somit als Sprungbrett für musikalisch hochbegabter Kinder gelten. Auch dieses Jahr sind wieder Ausnahmetalente dabei, zum Beispiel die zehnjährige Geigerin Clara Shen.

Der in Buchendorf lebende Cellist ist stolz auf seine Nachwuchsmusiker, mit denen er, wie er sagt, "aus lokalpatriotischen Gründen" immer zuerst im Gautinger Bosco auftritt, aber auch im Münchner Gasteig, in Ingolstadt oder Rosenheim. Sie gaben sogar Gastkonzerte in Israel, London und zweimal in Japan.

"Wir müssen diese jungen Talente unbedingt fördern. Auch, um die zuhörenden Kinder für Musik zu begeistern und sie vielleicht sogar anzuspornen, selbst ein Instrument zu lernen. Und sei es Schlagzeug!.", sagt Klug, für den dieser musikpädagogische Ansatz "Hauptantriebsfeder" seiner Projekte ist.

"Die Kinder singen richtig mit Schmiss"

Er weiß, dass auch zukünftige Konzertbesucher nur dann angezogen werden, wenn sie von klein auf einen Bezug zur Musik haben. Um die Aufführungen noch spannender für junges Publikum zu machen, holt sich der erfahrene Musiker auch exzellente jugendliche Ballettgruppen oder die Gautinger Puppet Players dazu.

Lebendig ist auch das 1988 von ihm gegründete Abonnentenorchester der Münchner Philharmoniker: Etwa 80 der regelmäßigen Konzertgänger aus unterschiedlichen Bereichen musizieren gemeinsam mit ehemaligen und aktiven Philharmonikern, dieses Jahr spielten auch drei sehr gut ausgebildete syrische Musiker mit, die wenige Monate zuvor aus Damaskus geflohen waren. "Die meisten Abonnenten sind nicht mehr die jüngsten. Ein weiterer Grund, Nachwuchs heranzuziehen", so Klug. Im nächsten Jahr plant er ein Konzert mit Konstantin Wecker und dem Stockdorfer Kinderchor, in dem auch Flüchtlingskinder mitwirken. "Die Kinder singen richtig mit Schmiss", erzählt der Musikförderer begeistert.

Über seine langjährigen Freunde von den Gautinger Puppet Players lernte er die Akkordeonistin Maria Reiter kennen, durch die er wiederum seine Liebe zur Tangomusik von Astor Piazzolla entdeckte - für den ehemaligen Philharmoniker bisher Neuland. Seitdem macht er auch Kaffeehausmusik, gemeinsam mit Maria Reiter und dem Geiger Florian Sonnleitner.

So wird es nie langweilig bei dem pensionierten Konzertmeister, der die diesjährigen Kinderkonzerte auf dem Cembalo begleitet. Am 4. Juli, 20.15 Uhr, zeigt ARD Alpha ein 45-minütiges Porträt über Heinrich Klug.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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