SZ Gute WerkeIns Berufsleben schnuppern

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Domenic und Valentin versorgen die Gäste, Eva Haußmann und Elke Bayer (von links) stehen ihnen helfend beiseite.
Domenic und Valentin versorgen die Gäste, Eva Haußmann und Elke Bayer (von links) stehen ihnen helfend beiseite. (Foto: Georgine Treybal)

Im inklusiven „Café Cafäleon“ in Gauting können beeinträchtigte Jugendliche erste berufliche Erfahrungen sammeln. Weil zahlreiche Gäste das Angebot schätzen, benötigen die ehrenamtlichen Helfer eine zweite Kaffeemaschine.

Von Carolin Fries, Gauting

Sura freut sich immer, wenn wieder Donnerstag ist. Dann darf sie arbeiten und muss nicht in die Schule. „Viel besser“, sagt die 16-Jährige und lächelt. „Hier sind die Leute nett, es macht Spaß“, sagt sie und lässt ihren Blick durch den Gemeinschaftsraum im Walter-Hildmann-Haus schweifen. An fast allen Tischen in dem evangelischen Zentrum der Gemeinde Gauting sitzen Gäste.

Sura und ihre Mitschüler bringen ihnen Getränke, bereiten Frühstück oder kleine Speisen zu, kassieren und decken die Tische wieder ab. Von morgens um 8.30 Uhr bis mittags um 12.30 Uhr sind die insgesamt zehn Schülerinnen und Schüler der inklusiven Montessorischule Aktion Sonnenschein in Großhadern hier einmal in der Woche im Rahmen eines berufsbildenden Praktikums auf den Beinen.

Der Donnerstag sei anstrengend, aber sehr erfüllend, erzählt Nina. „Wenn mir jemand sagt, dass ich das gut mache, freut mich das“, sagt die Zehntklässlerin. Sie steht heute an der Kasse im „Café Cafäleon“. Um die Bestellungen bonieren und an ihre Mitschüler weiterreichen zu können, arbeitet sie mit kleinen Bildchen, die sie auf Tablets verteilt.

Das Küchenteam bestückt die Tablets dann entsprechend und serviert. Es gibt süße Frühstücks und Variationen mit Käse, Wurst oder veganen Aufstrichen. Außerdem Waffeln, Brezen, Müslis und Kuchen. Alles in Bio-Qualität, fairtrade und möglichst regional eingekauft. „Das ist mir einfach wichtig“, sagt Initiatorin Eva Haußmann. Den Gästen scheint es zu schmecken.

Eva Haußmann ist Hauswirtschaftslehrerin an der Montessorischule in Großhadern und wohnt in Krailling, ihr Sohn Pascal besucht die Schule. Die Idee für das Café hatte sie schon länger. Doch wie sollte das alles funktionieren? Letztlich, sagt sie, sei es dann doch recht unkompliziert gewesen. Der Pfarrer habe sofort die Räume zugesagt und Helfer waren ebenso schnell gefunden. Doch würden auch Gäste kommen? Im Oktober ging es los. „Ich hatte still gehofft, dass es gut laufen würde“, sagt Haußmann. Dass das Angebot derart gut angenommen wird, das hätte sie zu träumen nicht gewagt. Jede Woche seien die Tische voll, „es läuft“.

Im Café Cafäleon ist die 58-Jährige nicht Lehrerin, sondern formal Chefin und begleitet zusammen mit etwa zehn Helfern und Helferinnen die geistig beeinträchtigten Jugendlichen. Sie betreibt das Café ehrenamtlich und hat dafür eigens die gGmbH „Zusammen arbeiten und leben“ ins Leben gerufen.

Dass sie die Schülerinnen und Schüler aus dem Schulbetrieb kennt, „ist aber natürlich ein Vorteil“, sagt sie. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16 und 23 Jahren könnten die allermeisten Tätigkeiten ausführen. Nur manchmal bräuchten sie Anleitung – etwa wenn bei der Kaffeemaschine das Wasser aufgefüllt werden muss. Doch wenn es mal etwas länger dauert, bis der Kaffee da ist, dann liegt das nicht an den Jugendlichen, sondern daran, dass es nur eine Maschine für die Zubereitung der Heißgetränke gibt. Das Team wünscht sich darum eine zweite Maschine. SZ Gute Werke hat angekündigt, die Kosten zu übernehmen.

Bilder helfen den Jugendlichen beim Bonieren der Bestellungen.
Bilder helfen den Jugendlichen beim Bonieren der Bestellungen. (Foto: Georgine Treybal)
Die Gäste schätzen die entspannte Atmosphäre und die Qualität der Produkte.
Die Gäste schätzen die entspannte Atmosphäre und die Qualität der Produkte. (Foto: Georgine Treybal)

„So ein Café hat Gauting einfach gefehlt“, sagt eine der ehrenamtlichen Helferinnen. Sie habe selbst einen „besonderen Sohn“, wie sie sagt, und stoße kaum auf inklusive Angebote im Ort. Dabei sei es so bereichernd, sich zu begegnen. Das sehen die vielen Gäste im Café offenbar ähnlich, die hier inzwischen Adventsfeiern, Frühstücksrunden unter Müttern oder Seniorentreffen planen.

Eva Haußmann ist dankbar dafür, sie ist aber auch mit viel Herzblut dabei und richtet bereits am Mittwochabend die Tische samt Tischschmuck her und backt Kuchen für den Verkauf. Während des Cafébetriebs leitet sie die Jugendlichen an, was zu tun beziehungsweise nicht zu tun ist. Die fühlen sich dadurch nicht eingeschränkt, ganz im Gegenteil: „Manches ist einfach zu schwer“, sagt Sura. „Es ist wichtig, dass Eva da ist“, sagt Nina. Die Erwachsenen schaffen eine Atmosphäre, in der sich die Berufsanfänger wohlfühlen. Etwa drei Monate bleiben sie dabei, bevor sie in ein Praktikum in einem anderen Bereich wechseln.

So viel Freude Nina und Sura im Gautinger Café auch haben - einen Beruf in der Gastronomie können sich beide nicht vorstellen. Während Nina noch unentschlossen ist, was sie nach der Schule machen möchte, sagt Sura: „Ich will später im Krankenhaus arbeiten.“

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