Auftritt im Landkreis Starnberg:Was der SPD-Chef den Superreichen zu sagen hat

Gauting: Bosco: SPD Diskussion mir Carmen Wegge  & Norbert Walter-Borjans

Norbert Walter-Borjans diskutiert mit Starnbergern über die Vermögenssteuer und unterstützt SPD-Kandidatin Carmen Wegge im Wahlkampf.

(Foto: Nila Thiel)

Wer soll Pandemie und Klimawandel bezahlen? Norbert Walter-Borjans wirbt in einem der wohlhabendsten Landkreise für die Vermögenssteuer - die nur wenige treffen soll.

Von Christine Setzwein, Gauting

Noch gibt es einige Fischerfamilien am Starnberger See. Mit dem Verkauf von Renken oder Saiblingen machen sie keine Millionen, aber Millionen dürften ihre Grundstücke wert sein, die sie seit Generationen besitzen. Müssen sie vielleicht Kredite aufnehmen, wenn unter einem SPD-Kanzler Olaf Scholz wieder die Vermögenssteuer eingeführt wird? Oder das ältere Ehepaar, das vor vielen Jahren im Fünfseenland ein Grundstück der Eltern geerbt und ein Haus darauf gebaut hat, das jetzt natürlich ein Vielfaches wert ist?

"Wenn wir pflegebedürftig sind, wollen wir es verkaufen. Aber wenn wir Vermögenssteuer zahlen müssen, können wir uns dann noch ein Pflegeheim leisten?", fragt der besorgte Mann Norbert Walter-Borjans, der am Dienstagabend auf seiner Wahlkampftournee Station in Gauting macht. Ganz bewusst hat der SPD-Bundesvorsitzende im zweitreichsten Landkreis Deutschlands das Thema des Abends gesetzt: "Wer soll das bezahlen?"

Die Pandemie und ihre Folgen, die Bewältigung des Klimawandels, Investitionen in Digitalisierung, Straßenbau, Mobilität, Bildung, Kinderbetreuung, Pflege und Wohnen belasten Bund, Länder und Kommunen sehr. Wer soll das bezahlen? "Die Kredite sind nicht das Problem", sagte Walter-Borjans im Gautinger Bosco.

Problem seien all jene, "die sich rauswinden und jahrzehntelang überhaupt keine Steuern bezahlt haben". Einem Prozent der Bevölkerung gehörten 35 Prozent des Vermögens in Deutschland, sagte der ehemalige Finanzminister von Nordrhein-Westfalen. Und dieses eine Prozent solle zur Kasse gebeten werden. Mit einer Vermögenssteuer kämen da "viele Milliarden zusammen". Im Gegenzug wolle die SPD 95 Prozent der Menschen steuerlich entlasten, das seien alle, die im Jahr weniger als 200 000 Euro Reingewinn machten.

"Wir wollen keine Steuer auf den Marktwert", beruhigte Walter-Borjans die verunsicherten Starnberger Grundstückseigentümer. Niemand müsse einen Kredit aufnehmen, um Steuern zu zahlen. Die Vermögenssteuer dürfe niemanden belasten, sondern solle das Mittel sein, "dass die ganz Reichen langsamer reicher werden", so der Bundesvorsitzende. Kein Handwerksbetrieb dürfe wegen einer Vermögenssteuer leiden, das sei nur "Angstmache" der politischen Gegner. "Starke Schultern sollen mehr tragen als schwache", laute die Devise der SPD.

Carmen Wegge, die SPD-Direktkandidatin für den Wahlkreis Starnberg, Landsberg, Germering, freute sich, dass mit Norbert Walter-Borjans eine Finanzexperte auftrat. Sie habe während des Referendariats ein Jahr Steuerrecht gemacht und war "froh, als es vorbei war, so kompliziert, wie es ist", sagte die Juristin.

Walter-Borjans beantwortete auch Fragen der Zuhörer zum Verteidigungshaushalt - "wir wollen ausrüsten, nicht aufrüsten" -, zur Geldwäsche - "ein großes Problem"-, zum Tempolimit auf Autobahnen - "ja"-, und zur Außenpolitik - "wer den Frieden sichern will, muss auch mit Korrupten und Verbrechern reden".

Dann musste der Bundesvorsitzende weiter, nicht ohne vorher Carmen Wegge als "jung, fit, frisch und motiviert" zu loben - sie verkörpere genau das, was die SPD-Bundestagsfraktion brauche.

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