„Ein richtig schöner Move, sehr gut gefieldet. Du bist den Ball gut angegangen; dass er dann weggesprungen ist, da kannst du nichts dafür“. Lob vom Jugendtrainer Holger Simonszent für einen der Jungs, die auf dem Baseballplatz am Rand von Gauting seit Tagen üben. Schlagen, rennen, fangen, und jetzt eben fielden. Sie laufen auf die harte Lederkugel zu, die ihnen am Boden entgegenrollt und schaufeln sie mit einem vergleichsweise riesigen Lederhandschuh auf, dann zwei Shuffle-Schritte und Wurf. „Toller Wurf, gut durchgegangen.“ Das motiviert.
Es ist ein Donnerstagnachmittag in den Sommerferien auf dem Baseball-Rasen der Indians am äußersten Rand von Gauting, ein Stück nach dem „Arschbackenbergerl“, wie eine kleine Anhöhe im Ort genannt wird. Dichter Buchenwald auf der einen Seite, auf der anderen Seite führt die Leutstettener Straße vorbei und endet auch bald. Dann geht es nur noch mit dem Fahrrad oder zu Fuß an der Würm entlang in Richtung Starnberg. Immer wieder ist der metallische singende Klang der Aluschläger zu hören. Hier üben und spielen die Baseballer der Gauting Indians, die eine besondere Saison absolviert haben, denn der Herrenmannschaft ist die Rückkehr in die Erste Liga gelungen, in die Deutsche Baseball Liga (DBL) Süd, wie der offizielle Titel lautet. Von 2004 bis 2011 waren die Gautinger schon einmal in der Ersten Bundesliga.
Der Wiederaufstieg mag ein besonderer Antrieb für die U 10-Spieler sein, die hier seit Tagen mit großer Ausdauer üben, jeden Nachmittag mehrere Stunden und das bei zunehmend hohen Temperaturen. Fast alle tragen dunkelblaue T-Shirts mit dem geschwungenen Indians-Schriftzug, blaue Caps und lange graue Hosen. Zum Abschluss gibt es an diesem Tag Pizza, und man schaut gemeinsam einen Baseballfilm an. Auch diese Aussicht mag motivieren. Die sportlichen Perspektiven haben sich jedenfalls deutlich sichtbar verbessert, seit Christopher Howard als Trainer zurückgekehrt ist.
„Vor ein paar Jahren war es schon so, dass wer gut war und sich für die Erste Liga empfohlen hat, woanders hingegangen ist“, erzählt Jugendtrainer Simonszent in einer kleinen Trainingspause. Nebenher muss er seine 16 Jungs im Auge behalten, damit die Acht- und Neunjährigen nicht zu viel Unfug treiben. „Manche sind nach Haar zu den Disciples gegangen, zu den Caribes in München oder gleich nach Regensburg.“ Jetzt sei das anders. Jetzt bleiben die talentierten Spieler in Gauting.
Die U12-Jugend bereitet sich auf die Deutsche Meisterschaft vor
Der 42 Jahre alte Spieler Jakob von Mosch zum Beispiel, der an diesem Donnerstag beim Training mithilft, kann das nur bestätigen: „Wegen Christopher sehen die Jugendlichen eine Perspektive. Die Gefahr ist nicht mehr so groß, dass sie weggehen.“ Während die erste Herrenmannschaft die erste Saison in der Ersten Liga gerade hinter sich hat, bereitet sich die U12-Jugend gerade auf die Deutsche Meisterschaft im September vor. Bei den Bayerischen Meisterschaften sind die U18- und U15-Teams jeweils auf den zweiten Platz gekommen. Und die zweite Herrenmannschaft ist in den Playoffs in der Bayernliga; da geht es um den Aufstieg in die Zweite Liga. Für die erste Mannschaft geht es im April weiter.
Der Erfolg auf Bundesebene dürfte größtenteils ein Verdienst des Trainers sein, der seine Zeit als aktiver Baseballer schon hinter sich hat. Der 36-Jährige ist Gautinger, besuchte dort die Grund- und Hauptschule, wuchs mit drei Geschwistern in einer sportlichen Familie auf. Später war er in Regensburg im Sportinternat und dort bei den Baseballern. Er hat einige Jahre in der Bundesliga gespielt, wurde mit Regensburg viermal Deutscher Meister und war Nationalspieler, er war Sportdirektor in Haar und Talentscout für die Cincinnati Reds. Mannschaftssprecher Simonszent lobt seinen erfolgreichen Kollegen in den höchsten Tönen: „Er ist eben ein sehr guter Trainer, einer der besten, die wir hier in Europa überhaupt haben. Der bringt die Spieler aufs nächste Level.“ Und das nebenberuflich.

In der Deutschen Baseball Liga, wie es offiziell heißt, stehen die Indians auf dem dritten Platz nach Tabellenführer Regensburg und Heidenheim. „Das ist ein super Erfolg. Damit können wir total happy sein“, sagt Howard. Die Mannschaft habe 17 Siege in 30 Spielen errungen, „das ist die beste Saison in der Vereinsgeschichte“. Und das in einer herausfordernden Umgebung. Die Teams in der ersten Liga stellen eine ganz andere Herausforderung dar als bisher, das ist ein „Riesensprung“, so Simonszent. „Nach dem Aufstieg haben wir nahtlos den Anschluss an die Spitzenteams geschafft“, sagt der Vereinssprecher. „Man hat den Klassenunterschied gar nicht so sehr gesehen.“ Im Spiel gegen Haar etwa seien die Gautinger deutlich überlegen gewesen.


Der Baseballverein im Würmtal hat derzeit mehr als 200 Mitglieder, die jüngsten davon sind erst vier Jahre alt. Die Indians bemühen sich gezielt um den Nachwuchs. So gibt es regelmäßig Angebote für die Schulen, die dann für ein paar Stunden mit 200 Kindern zum Sportgelände am Ortsrand kommen. Insofern hat der Verein keine Sorgen, obwohl der Sport in Deutschland immer noch eher eine Exotenrolle einnimmt. Sorgen bereiten der Vereinsführung eher die beengten Verhältnisse. „Wir haben einfach nicht genug Platz“, sagt Simonszent. Er trainiert in dieser Augustwoche 24 Kinder, eigentlich müsste man die Gruppe aufteilen auf zwei Teams.

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In den USA ist Baseball Nationalsport, in Deutschland eher eine Randsportart, in Gauting dagegen richtig heimisch. Da gibt es ganze Familien, die sich bei den Indians engagieren. Der elfjährige Jakob Simonszent zum Beispiel teilt die Begeisterung seines Vaters Holger, schwärmt von Curveballs und Homeruns und weiß zu berichten, dass ein guter Pitcher dem Ball eine Geschwindigkeit von 60 Meilen, also knapp 97 Kilometer pro Stunde, zu verpassen vermag. Auf die Frage, was ihn an dem Sport mit den vielen Fachausdrücken und den im Detail schwierigen Regeln begeistert, sagt der Schüler: „Wenn man den Ball richtig trifft, das ist schon cool.“ Cheftrainer Howard hat das kurz nach seiner Rückkehr nach Gauting so ausgedrückt: „Den Ball weghauen und Spaß haben.“
Also dann, Selbstversuch im Käfig mit ein paar von Jakob zugeworfenen Bällen und bestimmt einer guten Portion Glück: Es klappt erstaunlicherweise auf Anhieb, und es fühlt sich schon knackig an, wenn die Alukeule den harten Ball richtig trifft. Richtig gut.

