Gauting:Atemlos durch die Pandemie

Geschäftsleute monieren bei Online-Debatte der FDP, dass sie in der Krise Orientierung und Verlässlichkeit vermissen

Von Blanche Mamer, Gauting

"Die Politik von oben vernachlässigt die kleinen Einzelhändler. Deren Situation müsste mehr berücksichtigt werden", forderte Harald Ruhbaum vom Gewerbeverein "Zusammen für Gauting" am Montag zu Beginn der Online-Diskussion der Gautinger FDP. Ruhbaum war gemeinsam mit Christoph Winkelkötter, Vertreter der Wirtschaftsförderung im Landkreis Starnberg, als Experte eingeladen, über "Möglichkeiten und Ziele nach dem Lockdown" zu diskutieren.

Doch zunächst ging es vor allem um den Ist-Zustand und die Einschränkungen, die Bürgern und Geschäftsleuten auferlegt waren und sind. Zumal, wie Winkelkötter bedauerte, seit Mittwoch im Landkreis wieder ein harter Lockdown gilt. Er sieht es generell als schlechtes Omen für kleine Geschäfte an, wenn sie kein Online-Angebot haben. Überhaupt stärke die Schließung der Läden den Internethandel und dabei vor allem die großen Anbieter. Die örtlichen Geschäftsleute seien also gut beraten, sich online zu präsentieren und zu verkaufen.

Für Ruhbaum ist es das wichtigste Ziel, dass die Leute in ihrem Ort einkaufen, dass sie bei den Geschäften nebenan bestellen und nicht bei den großen Allroundern. Auch Essen könne man sich vom Restaurant um die Ecke liefern lassen, sagte er. Die Kunden könnten durch ihr Einkaufsverhalten steuern, wie es in Zukunft in ihren Wohnorten aussehe, meinte ein Geschäftsmann. Der Aufruf "Kauft lokal ein", sei gut, reiche aber nicht. Einkaufen müsse ein Erlebnis sein, dazu müssten die Kommunen einiges beitragen. "Wir müssen einen Weg finden, wie wir die Einkaufsstraßen beleben können", findet Ruhbaum.

Für Gauting bedeute das, die Bahnhofstraße attraktiver zu machen, er setzt dabei auf die Eröffnung von Supermarkt und Läden im Sontowski-Bau am Bahnhof. "Die Leute wollen nicht nur einkaufen, sie wollen soziales Miteinander, mit ihren Freunden Kaffee trinken, ein Eis essen, sich unterhalten. Darum brauchen wir eine Öffnung der Gastronomie, der Terrassen." Etliche Geschäfte wären auch ohne Corona in Probleme geraten, eben weil sie sich nicht auf den Verkauf übers Internet eingestellt hätten, sagte ein Einzelhändler. Die Digitalisierung klappe nicht überall, die regionalen Unterstützer-Programme erreichten nicht alle. Es gebe allerdings auch Geschäftsleute, die kein Interesse oder nicht die Mitarbeiter hätten für den Online-Handel. "Sie müssen ihre Verkaufsfläche pflegen und unterhalten, und das kostet Geld. Wenn sie auf den Versand setzen, brauchen sie diese Flächen nicht", meinte ein Teilnehmer an dem Gespräch, das FDP-Gemeinderätin Victoria Beyzer moderierte. Zudem gebe es Läden, wo Beratung notwendig sei, beispielsweise beim Weinhandel. Und viele Kunden, vor allem die Älteren, wollen direkt beim Einzelhändler einkaufen, sich beraten lassen, ein wenig ratschen.

Zudem gebe es viele Touristen im Landkreis, die hier einkaufen wollten und denen man am Ort etwas bieten müsse, sagte Winkelkötter: mit besonderen Aktionen, Straßenfesten, verkaufsoffenen Sonntagen oder Märkten. Winkelkötter rät zudem zu einheitlichen Öffnungszeiten an den Samstagen und zeigt sich offen für Ideen und Vorschläge. In einem Punkt waren sich alle 17 Diskussionsteilnehmer einig: Die massiven Regulierungen durch Berlin müssten beendet werden. Wichtig seien Verlässlichkeit und Orientierung für Geschäftsleute, Wirte und Kunden, fand Winkelkötter. "Schluss mit der Angstmacherei", forderte Ruhbaum. Wenn Impfen und Testen vorankämen, die Terrassen und Cafés wieder offen hätten, würde es auch dem Einzelhandel besser gehen. Es gebe zudem tolle Ideen, damit Kinos und Theater wieder öffnen könnten, sagte Winkelkötter und verwies auf die Bereitschaft, Sonderprojekte zu beantragen und zu unterstützen. Viele Geschäftsleute hätten viel investiert, Hygienekonzepte und Verhaltensregeln aufgestellt und seien gut gerüstet, um die kommenden Monate wieder mit Elan zu arbeiten. Es gehe also darum, allen "Mut zu machen".

Die Geschäftsleute könnten die Kunden mit Freundlichkeit und guter Beratung zurückgewinnen, sagte Harald Ruhbaum. Und versprach, dass der Gautinger Gewerbeverband alles tun und dazu beitragen werde, aus der Malaise herauszukommen.

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