Süddeutsche Zeitung

Rosen, Kräuter und Zuckerschoten:Ernten im heimischen Garten

Jana Schmaderer findet in ihrem Hausgarten in Andechs an die 40 verschiedenen Küchenkräuter. Der Eigenanbau bessert auch die persönliche Klimabilanz auf.

Von Armin Greune

Wer den eigenen Garten zur Selbstversorgung nutzt, tut damit auch etwas Gutes für die Umwelt: Man erspart ihr Lebensmitteltransporte, Kühllager und Verpackungsmüll; trägt indirekt ein winziges bisschen dazu bei, dass nicht noch mehr Flächen an Ortsrändern mit Supermärkten und deren Parkplätzen versiegelt werden. Im besten Fall profitieren vom Eigenanbau auch noch die Insekten - etwa indem man heimisches Obst kultiviert oder mediterrane Kräuter pflanzt. Vom überragenden kulinarischen Genuss ihrer Ernte sind Hobbygärtner ohnehin überzeugt.

Selbst ungefüllte Rosen, die im Sommer für Falter, Hummeln, Wild- und Honigbienen wichtige Nektarspender sind, können am Haus mehr als bloß dekorative Funktionen erfüllen. Jana Schmaderer, ausgebildete Gartenbäuerin, empfiehlt etwa die Apothekerrose, die an der schattigen Nordseite ihres Erlinger Hauses wächst und noch immer betörenden Duft verströmt. Trotz fast gefüllter Blüten zieht der Strauch viele Insekten an. Die Sorte stammt von der Essig-Rose Rosa gallica ab, die in Laubwäldern und Wiesen Mittel- und Südeuropa wild wächst. Schon die Römer bauten sie als Duft- und Heilpflanze in Plantagen an. Die Apothekerrose ist wahrscheinlich die älteste Sorte, die in Europa je kultiviert wurde, und seit dem Hochmittelalter bekannt. Die Hagebutten verarbeitet Schmaderer zu Hiffenmark, wie die Konfitüre aus Rosenfrüchten genannt wird. Aber bereits für die Blüten hat sie Verwendung: "Daraus kann man Sirup oder Rosenzucker herstellen, sie lassen sich als Tee zubereiten oder auch einfach als Aromazusatz ins Badewasser streuen," empfiehlt Schmaderer.

In ihrem nur 300 Quadratmeter großen Natur- und Bauerngarten zieht sie neun verschiedene Rosensorten. Die Mehrzahl davon ist nach der heißen ersten Juliwoche schon verblüht, aber an den Strauchrosen "Bukavu" und "Mozart" werden sie, die Bienen und Hummeln noch länger Freude haben. Und schließlich auch bis zu 27 Vogelarten, die sich im Herbst und Winter an den übrigen vitaminreichen Hagebutten stärken dürfen, die nicht von der Hausherrin eingemacht werden. Die Läuse, die ihr noch vor drei Wochen Sorgen bereiteten, sind inzwischen von den Rosen verschwunden: Marienkäfer und das Abstreifen von Hand oder mit dem Gartenschlauch hätten zur Bekämpfung völlig ausgereicht, sagt Schmaderer.

Absammeln ist jetzt auch an den Hochbeeten unvermeidlich, um die Horden von Nacktschnecken vom Salat fernzuhalten. So aber sehen Teufelsohr, Batavia und Eissalat gerade sehr appetitlich aus, ihre Blätter sind heute als Beilage vorgesehen. "Als Hauptgericht gibt es "Kaqualei", verkündet die Vegetarierin, die ihren Mann noch nicht ganz zu einer fleischlosen Ernährung überreden konnte. "Kaqualei" ist die familieninterne Abkürzung für Pellkartoffeln, Kräuterquark und Leinöl. Den Quark aus der Andechser Biomolkerei kann Schmaderer im Erlinger Lebensmittelmarkt lose verpackt kaufen; bei den Kartoffeln vertraut sie auf regionale Erzeuger von "Unser Land" - sie ist ja auch erste Vorsitzende von Starnberger Land.

Die Aromen und Gewürze aber werden fast vollständig aus dem eigenen Garten gewonnen: An die 40 verschiedene Kräuter hat Schmaderer dort gezählt, darunter natürlich Petersilie - von der sie auch das Grün am Wurzelgemüse verwendet - und Schnittlauch, dessen Blüte sich als essbare Deko eignet. Aber es gedeiht auch Schnittknoblauch, vulgo Knolau, der als Thai Soi in vielen asiatischen Gerichten eingesetzt wird. Oder die Strauchbasilikumsorte "African Blue", die auch gut als Zierpflanze durchgehen könnte. Dazu kommen noch je drei verschiedene Thymian- und Minzarten. In Töpfen hat sie Basilikum, Dill und Rosmarin gepflanzt - bei Letztgenanntem sind allerdings bis dato alle Überwinterungsversuche gescheitert: "Der geht mir jeden Winter ein." Der verlässlich mehrjährige Beifuß ist im Kübel eingesperrt, weil er sonst alle Nachbarn überwuchern würde.

Sehr wuchsfreudig zeigt sich auch der Liebstöckel: Mannshoch steht er im Kräuterbeet und gibt der Gärtnerin das Rätsel auf, was sich mit diesen Mengen an "Maggikraut" wohl anfangen ließe. Auch Katzenminze hat sie mehr als genug, aber für Honigbienen, Schwebfliegen und Hummeln sind die Blüten "der Knüller des Gartens". Die Salbeiblätter hingegen braucht Schmaderer alle selbst: In Weinteig ausgebacken, werden sie Besuchern als Kostprobe gereicht. Als zertifizierte "Gästeführerin Gartenerlebnis Bayern" hat sie heuer so schon drei Gruppen verköstigt, denen sie ihren Privatgarten fachkundig präsentiert hat.

Wer Interesse an Führungen oder Vorträgen über naturgemäßes Gärtnern hat, kann mit Jana Schmaderer unter Tel. 08152/3960267 oder per E-Mail an info@kreativwerkstatt-artis.de Kontakt aufnehmen. Für eine zweistündige Führung mit sechs bis 15 Personen berechnet sie 90 Euro.

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Quelle:
SZ vom 13.07.2019
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