Fünfseenland-Filmfest:Cineastischer Blick auf Serbien

Goran Paskaljevic presents

Der serbische Regisseur Goran Paskaljević ist im August Ehrengast in Starnberg.

(Foto: dpa/Herrero)

Der südosteuropäische Binnenstaat ist Gastland des Fünfseen-Filmfestivals. Ehrengast wird Heino Ferch.

Von Christiane Bracht, Starnberg

Die vielen Flüchtlinge, die in den vergangenen Monaten ins Fünfseenland gekommen sind, haben Matthias Helwig wohl inspiriert. Der Kinobesitzer und Initiator des viel beachteten Fünfseen-Filmfestivals hat sich erinnert, dass es Anfang der 1990er Jahre schon einmal eine große Flüchtlingsbewegung gab, als die Kroaten, Serben und Bosnier vor dem Krieg in ihrer Heimat Richtung Deutschland flohen. Um "Denkanstöße zur heutigen politischen Situation" zu geben, hat er nun Serbien als Gastland für das zehnte Fünfseen-Filmfestival ausgewählt. "Das Land ist einfach sehr interessant", erklärt er der SZ. "Viele Filmemacher haben sich mit der Geschichte ihrer Heimat beschäftigt. In ihren Produktionen kann man sehen, was nach dem Krieg in Serbien passiert ist." Helwig sieht klare Parallelen zu dem, was derzeit in Syrien geschieht. Er will aber auch zeigen, dass sich die Flüchtlingsströme seinerzeit wieder zurückbewegt haben. "Das kann vielen hierzulande die Angst nehmen. Es verlässt nämlich niemand ohne Not seine Heimat", da ist der Gilchinger sich sicher. Mit seiner Wahl Serbiens will er aber auch darauf aufmerksam machen, wohin Nationalismus führt. Die Regierung von Slobodan Milosovič seinerzeit, zeigt es deutlich - die Filme über diese Zeit ebenfalls. Angeregt hat Helwig wohl auch die Berlinale, auf der heuer "sehr gute Filme aus Serbien" gezeigt worden sind.

Als Ehrengast erwartet Helwig am zweiten Festivalwochenende den serbischen Regisseur Goran Paskaljević. Er war vor sechs Jahren schon einmal in Starnberg. Damals mit seiner Komödie "Honeymoons", die beim Publikum sehr gut ankam, erinnert sich der Festivalleiter. Heuer werden an dem Wochenende vier Filme des Serben gezeigt, auch "Honeymoons", anschließend ist ein Filmgespräch geplant, in dem über die damalige und die heute Zeit mit den verschiedenen Volksgruppen debattiert werden kann.

Aber nicht nur in Serbien gab es Flüchtlinge, auch in Deutschland: 1933 mussten praktisch alle bekannten Filmemacher das Land verlassen und hofften, woanders aufgenommen zu werden. "Danach war der deutsche Film ausgeblutet. Das war bis in die 1970er Jahre der Fluch der Deutschen", sagt Helwig. Auch an diese Zeit will er erinnern mit einer kleinen Werkschau, in der Filme von Fritz Lang gezeigt werden. Seine filmische Kreativität wurde in den USA begeistert aufgenommen. Denn dort entstanden Produktionen wie "Der müde Tod", "Metropolis" oder der Auftritt Langs in "Die Verachtung". Am ersten Festival-Wochenende sind diese Filme zu sehen. Eingeleitet wird die Reihe mit einer Flüchtlingsbiografie über Fritz Lang, die Gordian Maugg gemacht hat. In der Hauptrolle spielt Heino Ferch. Er wird sich am 29. Juli in Starnberg die Ehre geben. Darauf freut sich Helwig besonders.

Wer jetzt denkt, er muss sich elf Tage lang unentwegt Flüchtlingsfilme anschauen, der irrt. Auch wenn dieses Thema ein Schwerpunkt des diesjährigen Filmfestivals ist, so will Helwig sein Publikum nicht überstrapazieren. "Wichtiger ist es, Filme aus verschiedenen Ländern zu holen, damit wir die Menschen und Völker dort verstehen können." So freut er sich schon auf eine Produktion aus Afrika, genauer gesagt aus Mali. "Es ist eine Komödie, die gar nichts mit dem Thema Flüchtlinge zu tun hat", so Helwig.

Anlässlich des Jubiläums dürfen sich die Zuschauer zudem über ihre Lieblingsfilme der vergangenen Jahre freuen. Unter anderem können sie erneut "Das Salz der Erde" von Wim Wenders oder "Taktstock" oder "Frühling im Herbst" sehen. Insgesamt sind mehr als 300 Vorstellungen geplant. 120 Filme hat der Festivalleiter dafür ausgewählt. Selbst für hartgesottene Cineasten ist dies eine echte Herausforderung. Obwohl es weniger Produktionen sind als noch im vergangenen Jahr. Die Spannbreite reicht wie immer von großen Dokumentationen über internationale Spielfilme bis hin zu regionalen Produktionen. Eine Podiumsdiskussion mit Sebastian Schipper, der im vergangenen Jahr mit "Victoria" den deutschen Filmpreis in fast allen Kategorien erhalten hat, und Rosa von Praunheim ist ebenfalls geplant. Natürlich werden auch ihre Filme gezeigt. Das Festival geht vom 27. Juli bis 8. August.

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