Fünfseen-Filmfestival:Und Action!

Matthias Helwig schärft das Profil seiner Kinoreihe. Die Open Airs vorzuziehen, hat sich in diesem Sommer als Coup erwiesen

Von Gerhard Summer, Starnberg

Seneca und Einstein, Charles Bronson, Sepp Bierbichler und Goethe haben viele kluge Dinge über die Zeit, ihre Relativität und den Wettlauf mit der Uhr gesagt, Matthias Helwig kam auf die mindestens so schlaue Idee, auch etwas zu tun. Die Entscheidung, sein Fünfseen-Filmfestival in den Frühherbst zu verlegen und die Open Airs vorzuziehen, hat sich zumindest in diesem irrwitzig heißen Sommer als Coup erwiesen.

Kaum vorzustellen, dass die Besucher bei 33 Grad Hitze in Scharen in dunkle Kinos mit ächzender Klimaanlage geströmt wären. So aber kamen immerhin 8000 Gäste zu den Freiluftvorstellungen, die endlich mal Geld in die Kasse gebracht und dem eigentlichen Filmfest den Weg bereitet haben. In zehn Tagen ist es nun so weit: das zwölfte internationale Festival mit dem Motto Zeit, neun Wettbewerben, drei Ehrengästen und etwa 150 Produktionen, darunter Uraufführungen, Deutschland-, Süddeutschland- und Bayernpremieren, startet am 6. September in der Schlossberghalle Starnberg mit dem Eröffnungsfilm "Styx". Das Hochseedrama dreht sich um die aussichtslose Bergung von Schiffbrüchigen.

Wie Helwig am Montag in einer Pressekonferenz mit Filmausschnitten und kleinen technischen Pannen erklärte, hat sich an seinem Konzept nicht viel geändert. Nach wie vor hebt der Leiter des Großereignisses preisgekrönte Filme ins Programm, die auf großen Festivals wie in Cannes, Berlin und Venedig liefen, und viele ausgefallene Produktionen, die sonst nicht in den Kinos zu sehen sind, weil sie ein zu kleines Publikum anziehen würden. Neu ist allerdings, dass Helwig das Profil seines Filmmarathons schärfen und mehr auf Mitteleuropa fokussieren will. Er hofft, "dass wir mit dieser Ausrichtung weiter in der Festivallandschaft bestehen können", wie er sagte. In der Reihe Panorama stehen denn auch Streifen aus der Schweiz, Österreich, Ungarn, Polen, Rumänien, Deutschland, Italien und Frankreich auf dem Programm. Starnberg stößt damit in eine noch nicht besetzte Nische vor. Die Filmfeste in Hof und Saarbrücken zum Beispiel widmen sich verstärkt dem Debütfilm, es gebe auch ein osteuropäisches Festival, aber eben noch kein mitteleuropäisches, erklärte Helwig bei dem Gespräch mit seiner Pressesprecherin Maren Martell. Auch bei der Auswahl der Produktionen für den mit 5000 Euro dotierten Fünfseen-Filmpreis folgte er dieser Maxime. In der Kategorie finden sich deshalb "A bright Day" aus Polen, "Dene wos guet geit" aus der Schweiz und "Jibril" aus Deutschland.

Starnberg PK fsff

Reden über Filme: Matthias Helwig (linkes Bild, r.) stellt mit (v. l.) Walter Steffen, Roman Woerndl, Juschi Bannaski, Ralf Sartori sowie Felicitas Darschin das Programm vor.

(Foto: Nila Thiel)

Das Filmfest, das Begegnungen und Gespräche mit dem Schauspieler Sepp Bierbichler und seinen beiden Filmen, mit Dominik Graf und dessen Werken sowie mit der Cutterin Bettina Böhler bringt, ist zugleich Start einer ungewöhnlichen Reihe: der großen Edgar-Reitz-Retrospektive. Wie Helwig erklärt, sei der Filmemacher und Autor auf ihn zugekommen. Seine Bitte: Das Filmhaus Nürnberg widme ihm zwar eine Werkschau, aber er hätte den Rückblick lieber in München und Umgebung. Ob Helwig das übernehmen könne? So kommt es, dass bis zum Dezember nun an jedem Sonntag und Mittwoch in Helwigs Lichtspielhäusern ein Reitz-Werk zu sehen ist, ob "Die andere Heimat" oder die Trilogie "Heimat", ob Kurz- oder Spielfilme. Auftakt ist am 12. September mit "Mahlzeiten" aus dem Jahr 1967. Reitz diskutiert zudem bei einem Gespräch über die Zukunft des Dokumentarfilms mit.

Bereits am ersten Wochenende stehen festliche Empfänge an: Das österreichische Konsulat lädt am Samstag in Gauting zu einem Umtrunk mit einigen seiner Filmemachern ein, Taiwan präsentiert sich tags darauf am gleichen Ort mit Kurz- und Spielfilmen. Es gibt wieder den Indientag in Herrsching in Kooperation mit der Indienhilfe. Und Walter Steffen aus Seeshaupt, der regionale Star des Filmfests, das sich 2019 und 2020 den Themen Raum und Bewegung widmen wird, ist heuer mit "Joy in Iran" dabei. Seine Doku zeigt "Clowns ohne Grenzen" bei der Arbeit. Der Regisseur, der schon an seinem neuen Werk "Alpgeister" über die "spirituelle Ausrichtung unserer Vorfahren" dreht, sagte bei dem Pressegespräch, er sei bei der Reise durch das Land "unglaublich herzlichen und gastfreundlichen Menschen begegnet".

Dominik Graf beim SZ-Kultursalon in München, 2017

Zu den Ehrengästen gehört Dominik Graf.

(Foto: Robert Haas)

Zwei Tangofilme mit anschließender Milonga sind ebenfalls geboten. Wobei der leidenschaftliche Tanz laut Veranstalter Ralf Sartori bei weitem nicht so schwierig ist, wie es immer aussieht: Tango "ist Umarmung und Gehen, das kann jedes Kind".

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