Fünfseen-Filmfestival:Im Dorf der Zukunft

"Journey to Utopia" in der Festivalreihe "Kino & Klima"

Von Katja Sebald, Gauting

Wer eine Anleitung zur Rettung der Welt erwartet hatte, wird das Kino sehr enttäuscht verlassen haben. "Journey to Utopia" ist ein filmisches Tagebuch, gedreht von Erlend E. Mo über sich und seine Familie. Der norwegische Filmemacher und seine Frau, die dänische Sängerin Ingeborg Fangel Mo, beschließen, mit ihren drei Kindern in ein nachhaltiges Wohnprojekt mit erneuerbarer Energie und Kreislaufwirtschaft, Selbstversorgung und ökologischer Landwirtschaft zu ziehen. Eine Utopie, die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung jedoch nur auf dem Papier existiert.

Ausgangspunkt dieser Reise ins Ungewisse ist die Frage, welche Verantwortung der Einzelne trägt, um die Klimakatastrophe zu verhindern. Mit viel Idealismus bricht die Familie auf und zieht von Norwegen nach Dänemark, obwohl ihr neues Zuhause noch nicht mehr als eine weite Brachfläche ist. Man will den Kindern einen Schulwechsel mitten im Jahr ersparen. Aus den geplanten neun Monaten Bauzeit werden fast zwei Jahre. Aus einem einzigen Ortswechsel wird deshalb ein Vagabundieren von einer viel zu kleinen Ferienwohnung in die nächste.

Als das Reihenhäuschen im Dorf der Zukunft endlich bezugsfertig ist, erweist es sich als schlecht gebaut und falsch kalkuliert. Die Kosten schießen in die Höhe, das Leben im Einklang mit der Natur erscheint kaum mehr bezahlbar. In der Gemeinschaft gibt es Spannungen. Ingeborg weint vor der Versammlung der Bewohner. Einmal ist im Bildhintergrund eine bräsige ältere Dame zu sehen, die über ein Kind schimpft, das auf dem Acker mit Kartoffeln wirft. Dann läuft der Vater mit der Kamera durch die Nacht, um seine pubertierende Tochter zu suchen, die vom Gemeinschaftsessen davongelaufen ist.

Über eine sehr lange Strecke des Films ist nicht klar, ob das Zukunftsdorf "Permatopia" jemals Gegenwart werden wird. Die Kamera zeichnet chaotische Wohnverhältnisse, Krisengespräche in der Familie, Selbstreflexionen des Filmers auf. Er bezeichnet sich als Individualisten, der sich nur schwer in die Struktur der Gemeinschaft einfügt. Aus dem großen Idealismus werden erst kleine Zweifel und schließlich Verzweiflung. Das bessere Leben offenbart sich als Zerreißprobe für das Paar. Das ungeschönte Filmtagebuch offenbart Privates, ohne voyeuristisch zu sein. Es zeigt sehr viele Widersprüche auf und liefert wenig Erklärungen. Es begleitet eine Familie über mehrere Jahre, man sieht die Eltern älter und die Kinder größer werden. Am Ende ist es die halberwachsene Tochter Aslaug, die das Ruder herumreißt. Aus dem schmollenden Teenager wird eine junge Frau, die ihre Eltern an ihre Verantwortung erinnert. Stakst sie zu Beginn noch unwillig, in den falschen Schuhen und mit alberner Handtasche am Arm über die Baustelle, so sieht man sie am Ende als überzeugte Umweltaktivistin auf einer Demo. Und so liefert der Film zwar keine Anleitung für eine bessere Zukunft, aber doch einen Leitgedanken.

"Journey to Utopia" läuft noch einmal am Samstag, 21. August, 17.30 Uhr, im Kino Gauting.

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