Süddeutsche Zeitung

Fünfseen-Filmfestival in Starnberg:Die Qual der Wahl

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Das Angebot an sehenswerten Produktionen ist in diesem Jahr größer denn je

Von Gerhard Summer, Starnberg

Alles reden über Corona, Matthias Helwig tut es nicht. Der Festivalchef spricht lieber über seine ausgewählten Produktionen, die starken Dramen aus der Ukraine zum Beispiel, und darüber, dass es der Filmbranche in diesen Zeiten der Isolation überhaupt nicht an Stoffen fehle. Im Gegenteil: "Richtig ist, dass es großartige und sehenswerte Filme gibt", schreibt er auf der Homepage des Filmfestes. Und: Die acht Produktionen, die im Hauptwettbewerb laufen, verdienten ein großes Publikum. Allen gemeinsam sei "vor allem die Suche nach Lösungen in einem Leben, das nie einfach ist - von dem aber vorgegaukelt wird, dass es so einfach wäre wie in der Werbung."

Ganz so simpel ist es natürlich auch nicht mit Corona, dass man nicht darüber sprechen müsste. Klar ist allemal: Es gibt ein dreiseitiges Sicherheitskonzept für das Festival, das vorwiegend darauf setzt, dass die Besucher den Abstand von 1,50 Metern einhalten, Mund- und Nasenmasken auf dem Weg zu ihren Plätzen oder beim Kauf von Popcorn und Getränken tragen und an allen Spielorten Gelegenheit haben, ihre Hände zu waschen und zu desinfizieren. Wer Karten bestellt, tut das am besten online, dann ist er automatisch mit seinem Namen registriert. Die altmodische Methode funktioniert genauso. Der Käufer muss dann an der Kasse seine Daten aufschreiben. Helwig sagt dazu: Für ihn sei es selbstverständlich, dass all diese Vorsichtsregeln auf seinem Kinofest eingehalten würden.

Auf die Frage, welche Spielfilme oder Dokus der Besucher auf keinen Fall versäumen darf, gibt es auch heuer wegen der riesigen Auswahl keine befriedigende Antwort. Nur so viel: Vadim Perelmans "Persischstunden" gehört zu den irrwitzigsten Geschichten, die in den zwei Wochen zu sehen sind. Ein Nazi nimmt Unterricht bei einem belgischen Juden, der sich als Perser ausgibt, um zu überleben, aber kein Wort Farsi spricht. Denn der Lagerkommandant will nach dem Krieg ein Lokal im Iran eröffnen. Lars Eidinger spielt diesen Hauptsturmführer Klaus Koch lauernd und böse, fast schon in Christoph-Waltz-Manier ("Inglourious Basterds").

Die Kurz- und Short-Plus-Filme sind ebenfalls immer eine Empfehlung wert, weil es dabei die von Kommerz noch völlig ungetrübten Arbeiten junger Regisseure zu sehen gibt. Und auf der Wunschliste dürfen nicht fehlen: ukrainische Dramen wie "The Babushkas Of Chernobyl" oder "The Earth Is Blue As An Orange" über den Alltag in der Post-Apokalypse und im Krieg. Die Filme mit Preisträgerin Nina Hoss ("Schwesterlein", "Barbara"). Der Auftritt des Jazzers und Ehrengastes Klaus Doldinger im Gautinger Kinolokal "Tati". Ein Abstecher zum Cinemamobile nach Weßling oder Seefeld ( siehe Bericht). Und das Gespräch mit Hoss, Produzent Nico Hofmann und Regisseurin Katrin Gebbe in der Politischen Akademie Tutzing über "Stillstand und Bewegung - die Filmbranche in Zeiten der Pandemie. Alle Termine finden sich auf der Homepage fsff.de, man kann das Programm auch nach Tagen geordnet durchkämmen.

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Quelle:
SZ vom 26.08.2020
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