Fünfseen-Filmfestival:Der Bildzauberer

Fünfseen-Filmfestival: Akribische Vorbereitung: Bildgestalter Benedict Neuenfels im Gespräch mit dem Kulturjournalisten Moritz Holfelder.

Akribische Vorbereitung: Bildgestalter Benedict Neuenfels im Gespräch mit dem Kulturjournalisten Moritz Holfelder.

(Foto: Arlet Ulfers)

Ehrengast Benedict Neuenfels bereitet seine Filme präzise vor

Von Gerhard Summer, Starnberg

Michael Ballhaus saß einst mit breiten Hosenträgern im Kino und sprach über seine Spezialität, den Kreisel mit der Kamera. Benedict Neuenfels steht 13 Jahre später sehr leger in Shorts und im Langarm-Shirt auf der Bühne im Seebad und redet über Vorbereitung und Genauigkeit. Den einen durfte man noch ungeniert Kameramann nennen, den anderen besser nicht. Ja gut, sagt Neuenfels am Freitagabend im Gespräch mit dem Radiojournalisten Moritz Holfelder, das komme womöglich eitel rüber, dass er sich als Bildgestalter und Director of Photography sehe. Aber er schätze es eben präzise. Und die internationale Berufsbezeichnung treffe besser zu, schon weil er gelegentlich mehrere Kameraleute dirigiere und weil wirkliche Bildzauberei doch etwas anderes sei als Filmen mit dem Handy.

Der mit Preisen überhäufte Neuenfels muss es wissen. Andererseits: War nicht er selbst vor 19 Jahren auf die Idee gekommen, Dominik Grafs auf Korsika spielendes Beziehungsdrama "Der Felsen" mit einer Mini-Digitalkamera zu drehen, weil das Geld für das standesgemäße 35-mm-Material nicht ausreichte? Auf der Berlinale 2002 war der Film umstritten, offenbar auch wegen der Sexszenen, Kritiker bemängelten zudem die Bildqualität. Am Samstag vor der Vorstellung des Roadmovies spricht Neuenfels abermals mit Holfelder und geht diesmal mehr auf seine akribische Vorbereitung ein als am Vortag. Er könne natürlich nicht zum ersten Dreh einfach mit der Kamera aufkreuzen, deshalb arbeite er mit Playmobil-Figuren und bereite so die Szenen vor. Neuenfels lässt auch keinen Zweifel dran, dass er sich auf Augenhöhe mit Regisseuren und Drehbuchautoren sieht. Entscheidend sei ja die Inszenierung im Raum. Am Freitag in Seebad spricht er denn auch von "seiner Hauptdarstellerin" und davon, was er dem Regisseur voraus habe: Er sei oft näher an den Schauspielern dran und sehe zuerst den fertigen Film.

Selbstbewusstsein kann eine gute Sache sein, vor allem wenn es zu Szenen führt wie in Maria Schraders klugem und philosophisch grundierten Gegenwarts-Science-Fiktion "Ich bin dein Mensch" mit dem Traumduo Maren Eggert und Dan Stevens sowie der fabelhaften Sandra Hüller. Im Endeffekt ist die Roboter-Komödie, die nach dem Gespräch mit Neuenfels läuft, ein Kammerspiel. Hier die spröde Wissenschaftlerin Alma, die den britisch näselnden Humanoiden abblitzen lässt und sich nur deshalb auf ein dreiwöchiges Experiment mit ihm einlässt, weil sie an Forschungsgelder kommen muss. Da der perfekte Partner namens Tom, der so seltsam neugierig-naiv schauen und sich wie eine Skulptur aufs Sofa pflanzen kann, bald aber Sinn für Witz entwickelt, leicht unberechenbar wird und Alma gegen jede Logik doch rumkriegt. Anfangs zeigt er die Gegend um die Berliner Museumsinsel noch als utopische Stadt mit viel weißen Flächen. Die Szene, als sich der Roboter auf einer Lichtung unter Rehe und Hirsche mischt, wirkt fast wie ein irreales Heiligenbild, der Forst selbst wie ein Zauberwald. Zum Ende zu nimmt sich Neuenfels' Berlin bodenständiger aus. Und er findet altmeisterliche Einstellungen, die dänische Küste etwa hält er wie ein Ölgemälde fest.

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