Freizeit:Ein Ruhepol in hektischer Zeit

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Am Starnberger See ist im Advent von den Besucherströmen nichts mehr zu sehen. Auf dem Weg nach Ambach prägen die Ordnung der Landschaft, die Weite des Wassers und die Vogelwelt das Bild bei einer Winterwanderung

Von Arnold Zimprich

Ob Wind und Regen den Starnberger See in Unruhe versetzen oder ob sich die Sonne in der glatten Seeoberfläche spiegelt - er ist Ruhepol und Inspirationsquelle zugleich. In der Vorweihnachtszeit bleibt der See von Besucherströmen aus der Landeshauptstadt und den angrenzenden Landkreisen verschont, die im Hochsommer die Erholungsgebiete mitunter in an Ali Mitgutsch erinnernde Wimmelbilder verwandeln. Abgesehen von vereinzelten, kälteresistenten Surfern haben Spaziergänger den See fast für sich.

Start des Spaziergangs ist der große Parkplatz neben dem Ambacher Erholungsgebiet, der im Winter ein einsames Dasein fristet. Mit einer Ausnahme: Im Februar wird er als "Submissionsplatz" zur Holzversteigerung genutzt, der seit mehr als einem Jahrzehnt vor einer beeindruckenden Anzahl an Bietern aus dem In- und Ausland veranstaltet wird. Schon Wochen vorher werden Baumriesen aufgestapelt, die auf Käufer warten. An geeigneter Stelle durchschreitet man die den Parkplatz umrahmenden Leitplanken, in wenigen Minuten ist das Ufer erreicht. "Wenn es regnet, ist meistens [...]die Aussicht auf das bayerische Gebirge wegen der schlechten Aussicht nicht zu sehen. Der Starnberger See selbst ist melancholisch, was bei anderen Seen stets meistens auch immer hie und da sehr oft der Fall ist", schreibt Karl Valentin unter S wie Starnberger See in seinem "Komischen Wörterbuch".

Schwäne, Möwen und Blesshühner haben den Starnberger See in der Vorweihnachtszeit fast ganz für sich. (Foto: Arnold Zimprich)

Ob nun in melancholischer Stimmung oder nicht, am See kann man die Seele baumeln lassen. Schwäne, Blesshühner, Möwen, dahinter die Weite des Wassers, im Idealfall eine sich golden im Wasser spiegelnde Sonne. Der See wirkt speziell in der hektischen Weihnachtszeit als Ruhepol, das Auge bleibt an Kontrasten hängen, bayerisches Alpenvorland, Karwendel und Wetterstein reihen sich aneinander, am anderen Seeufer ragt, einem Leuchtturm gleich, der Bernrieder Kirchturm in die Höhe. Stürmt und windet es und verschwinden die Konturen im Grau, kommt einem der See hingegen wie ein kleines, oberbayerisches Meer vor. Seit Anfang Dezember haben Regenfälle den Wasserspiegel wieder leicht ansteigen lassen. Der Pegel war wegen der Trockenheit in diesem langen Sommer etwa einen halben Meter gefallen. Der Kiesstrand scheint demnach auch breiter, als man sich aus Kindertagen zu erinnern glaubt. Auch gut - so findet der Nachwuchs noch mehr flache Steine, nur um sie über die Wasseroberfläche springen zu lassen. Flach ist auch der Uferweg am See entlang.

Ins Gespräch vertieft schlendert man nordwärts, lässt ein wenig Jahresballast fallen, bald sind der Campingplatz und eine große Liegewiese passiert. Durch ein mit gewaltigen Buchen durchsetztes Waldstück erreicht man, am schlossartigen Schullandheim der Landeshauptstadt München vorbei, Ambach.

Der Siedlungsdruck ist auch hier größer geworden, der noch vor wenigen Jahrzehnten recht sporadische Verkehr hat sich potenziert, die Seeuferstraße muss aber weiter ohne Gehsteige auskommen. Und so ist es, hat man die ganze Familie dabei, ein etwas mühseliges Unterfangen geworden, bis zum Dampferanlegesteg von Ambach vorzustoßen.

Nimmt man sich aber ein Herz, arrangiert sich mit dem einen oder anderen Auto und wandert noch einen guten halben Kilometer bis zum Gasthaus zum Fischmeister, kann man sich auf einen exquisiten Schweinebraten aus ökologischer Haltung vom Packlhof in Eurasburg und andere Köstlichkeiten freuen. Ein paar Meter weiter bietet die Fischer-Familie Strobl ihre Kostbarkeiten an.

Die Idee eines Spaziergangs am Starnberger See mag konventionell wirken. Und doch lässt die klare Ordnung der Landschaft einen Spaziergang dort immer wieder zum Erlebnis werden.

© SZ vom 21.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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