Süddeutsche Zeitung

Flugzeugunglück in den Alpen:Gemeinderat mit Segelflieger abgestürzt

Der 50-jährige Seefelder Robert Benoist war am Mittwoch von Königsdorf aus in Richtung Österreich gestartet. Erst am Freitag finden Einsatzkräfte das Wrack und den toten Piloten auf dem Weißegg

Von Christine Setzwein

Der Seefelder Gemeinderat Robert Benoist ist am vergangenen Mittwoch mit seinem Segelflugzeug in Österreich abgestürzt und dabei ums Leben gekommen. Die Unfallursache ist noch nicht geklärt, wie die Polizei Salzburg mitteilte. Das sichergestellte Wrack des Flugzeugs, ein Discus-2cT, wird in den kommenden Tagen untersucht.

Der 50-jährige Hechendorfer war am Mittwochmorgen vom Flugplatz Königsdorf (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) aus gestartet. Dort ist der Bayerische Luftfahrverein München mit seinen Maschinen stationiert. Benoist war Vereinsmitglied und flog die Discus mit dem Kennzeichen D-KBLV. Das letzte Signal des Flugzeugs war am Nachmittag westlich des Katschbergpasses bei Muhr im Lungau empfangen worden. Ziel war St. Johann im Pongau oder Tamsweg.

Laut der Polizei in Salzburg war am Donnerstag eine groß angelegte Suchaktion gestartet worden, nachdem eine Vermisstenanzeige eingegangen war. Im Einsatz waren Pongauer Bergretter aus Kleinarl, Wagrain sowie Einsatzkräfte aus Muhr im Lungau und die Alpinpolizei. Unterstützt wurde sie von den Flugeinsatzstellen Salzburg und Kärnten. Doch die Suche musste am Abend um 20 Uhr aufgrund schlechter Sicht und viel Neuschnee abgebrochen werden, wie die Bergrettung Tamsweg in den sozialen Medien berichtete. Erst am Freitag gegen 13 Uhr wurde das Segelflugzeug von einem Polizeihubschrauber der Flugeinsatzstelle Salzburg auf dem Weißegg im Bezirk Tamsweg auf einer Seehöhe von etwa 2100 Meter entdeckt. Für Robert Benoist kam jede Hilfe zu spät. Der verunglückte Pilot wurde geborgen, das Flugzeugwrack sichergestellt. Es wird nun von einem gerichtlich vereidigten Sachverständigen sowie durch Techniker der Flugunfallkommission des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie untersucht, berichtet die Salzburger Polizei. Der Bericht geht anschließend an das Landeskriminalamt Salzburg und die Staatsanwaltschaft Salzburg.

Robert Benoist hinterlässt seine Ehefrau Brigitte, drei Kinder und fünf Stiefkinder. Der Unternehmensberater war 30 Jahre lang Mitglied der Grünen, 2004 Mitbegründer des Grünen-Ortsverbands Seefeld und mehrere Jahre dessen Vorsitzender. 2008 wurde er in den Gemeinderat gewählt und übernahm das Amt des Jugendreferenten. 2014 verpasste er den Wiedereinzug, rückte aber 2016 in den Gemeinderat nach. Bei der Kommunalwahl 2020 kamen die Grünen zusammen mit der Bürgerinitiative Eichenallee (BI) auf fünf Sitze. In der konstituierenden Sitzung konnte Benoist die Kampfabstimmung um den Jugendreferenten für sich entscheiden. "Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer haben wir die Nachricht vom tragischen Tod unseres Parteifreundes und Fraktionskollegen Dr. Robert Benoist aufgenommen", posten Grüne und BI auf Facebook. Mit Benoist verliere man einen authentischen und leidenschaftlichen Menschen, der sich mit Leib und Seele, viel Sachverstand und großem Engagement für das Wohl der Gemeinde Seefeld und ihrer Bürger eingesetzt habe. Für Klaus Kögel, den neuen CSU-Bürgermeister von Seefeld, ist der Tod von Benoist am Montag immer noch "unfassbar". Benoist sei immer geradlinig und sehr sozial eingestellt gewesen und habe für die Sache gekämpft. Den ersten direkten Kontakt zu Benoist hatte er, als feststand, dass er als Bürgermeisterkandidat antrete, erzählt Kögel. Das habe er Benoist - beide Familien leben in Hechendorf - persönlich mitgeteilt, weil Ehefrau Gundi Kögel Mitglied der Grünen ist. Für Benoist sei das überhaupt kein Problem gewesen. Keine Gemeinderatssitzung, in der Robert Benoist nicht das Wort ergriffen hätte, manchmal auch hitzköpfig. Altbürgermeister Wolfram Gum (CSU) bestritt mit dem Grünen immer wieder hitzige Diskussionen. "Er war ein streitbarer Mensch und hat keinen Konflikt gescheut", sagt er. Aber: Robert Benoist sei sehr engagiert gewesen und hochintelligent. Auf privater Ebene sei er sehr umgänglich und ein guter Gesprächspartner gewesen. Gum bedauert den tödlichen Unfall sehr.

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SZ vom 02.06.2020
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