Reisen in Coronazeiten:Von Oberpfaffenhofen mit dem Flugzeug nach Mallorca

Reisen in Coronazeiten: Abheben zur Geschäftsreise oder in den Urlaub? Der Verein Fluglärm beklagt eine zunehmende Vermischung.

Abheben zur Geschäftsreise oder in den Urlaub? Der Verein Fluglärm beklagt eine zunehmende Vermischung.

(Foto: Arlet Ulfers)

Der Verein Fluglärm moniert, dass immer mehr Privatjets zu Urlaubsreisen starten. Die Flughafenleitung bestreitet das.

Von Carolin Fries

Mal schnell von München nach Mallorca? Reisen in Coronazeiten ist kompliziert. Es sei denn, man hat geschäftlich auf der Insel zu tun. Dann kann man einen Privatjet buchen, der am Wunschtermin am Sonderflughafen in Oberpfaffenhofen abhebt. Seit 2008 hat der Forschungsflughafen eine Genehmigung für den qualifizierten Geschäftsreiseflugverkehr, seither starten und landen im Fünfseenland regelmäßig Unternehmer und Politiker oder auch die Fußballer des FC Bayern. Im August haben die Geschäftsreisen nach Aufzeichnungen des Vereins Fluglärm wesentlich zugenommen. Der Vorsitzende Rudolf Ulrich aus Gilching spricht von "Urlaubs- und Vergnügungsreisen".

Ulrich und seine Mitstreiter betreiben zwei Messstationen - eine in Neuhochstadt und eine in Geisenbrunn. Im August 2017 hätten diese 287 Überflüge gezählt, heuer seien es 477 gewesen. Zuletzt hätten die Maschinen regelmäßig Sylt, Nizza und den Mittelmeerraum angesteuert. Ein Vereinsmitglied, das anonym bleiben will, hat die in Weßling gestarteten Flugzeuge an zwei Tagen Ende Juli über ein Online-Portal verfolgt. "An einem Freitag gingen von 18 Flügen sieben nach Mallorca, an einem Samstag hatten neun von elf Fliegern die Insel im Mittelmeerraum zum Ziel." Ulrich bezweifelt, dass es sich dabei ausschließlich um Geschäftsreisen gehandelt hat. Er befürchtet, dass künftig noch mehr Privatjets von Oberpfaffenhofen aus starten werden. Die Branche boome, auf dem Markt gebe es immer mehr Anbieter. Dabei sei der Lärm für die Anwohner schon jetzt eine große Belastung. "Die Maschinen verursachen bis zu 85 dB(A)", sagt ein betroffenes Vereinsmitglied aus Neuhochstadt. Das entspricht in etwa dem Lärmpegel an einer Hauptverkehrsstraße.

Christian Juckenack, Standortleiter des Flughafens, kann die Zahlen des Vereins nicht bestätigen und spricht von "Interpretationsspekulationen". Im August habe es bei den Starts und Landungen im Vergleich zu den Vorjahren kaum Veränderungen gegeben. Insgesamt hätte man heuer 1196 Flugbewegungen gezählt, 2019 seien es 972 gewesen und 2017 sogar 1214. Er erklärt sich die "subjektive Zunahme" des Flugverkehrs mit dem Lockdown. So habe es in den vergangenen Monaten spürbar weniger Flüge gegeben. Inzwischen seien die Zahlen wieder gestiegen, "darüber sind wir froh". Die Geschäftsflüge machten etwa ein Drittel der jährlich etwa 11 000 Starts und Landungen aus. Wohin diese Reisen gehen und mit welcher Intention, "das muss und will ich nicht kontrollieren". Den Vorwurf des Fluglärm-Vereins, es handle sich zunehmend um Urlaube und Vergnügungsreisen, nennt er "tendenziös". Die Edmo GmbH als Betreiber des Sonderflughafens habe lediglich darauf zu achten, dass die Auflagen für den Geschäftsreiseflugverkehr eingehalten werden. So ist etwa der Flugzeugtyp und die Startmasse reglementiert, ebenso ein Zeitfenster für die Starts und Landungen gesetzt. Zudem sind pro Jahr maximal 9725 Flüge im qualifizierten Geschäftsreiseflugverkehr zugelassen - ein Wert den der Flughafen mit etwa 4000 geschäftlichen Flügen pro Jahr beständig weit unterschreitet.

"Für das Luftamt Südbayern als Aufsichtsbehörde über den Sonderflughafen Oberpfaffenhofen besteht daher kein Handlungsbedarf", sagt eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern. "Solange die drunter bleiben und die Tui dort keine Reisen anbietet", sieht auch der Gilchinger Bürgermeister Manfred Walter (SPD) keine Anhaltspunkte für Kritik. Weßlings Bürgermeister Michael Sturm (Freie Wähler) kündigte indes an, die Zahlen prüfen zu wollen.

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