Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt:Vom Ein-Euro-Job zur Fachkraft

Lesezeit: 2 min

Dirk Dieber und Barbara Bayer vom Feldafinger Helferkreis unterstützen Nasir Yarzadeh und Ghada Ahmad Fadel (von links). (Foto: Otto Fritscher)

Der Starnberger Arbeitsagentur-Leiter Dirk Dieber erklärt, wie das System zur beruflichen Aus- und Weiterbildung funktioniert.

Interview von Otto Fritscher, Starnberg

Es ist ein Wortungetüm: Qualifizierungschancengesetz. Doch es kann das Berufsleben von Menschen, die eine höherwertige Beschäftigung anstreben, also etwa aus Helferberufen heraus sich zur Fachkraft ausbilden lassen wollen, nachhaltig beeinflussen. Wie man dieses Gesetz, das zum Jahresanfang novelliert wurde, mit Leben füllt, erklärt Dirk Dieber, Leiter der Arbeitsagentur in Starnberg.

SZ: Sie haben im Jahr 2015, als die große Zahl von Flüchtlingen in Deutschland eintraf, schon überlegt, wie man diese Menschen in Arbeit bringen kann. Was waren die ersten konkreten Maßnahmen?

Dieber: Wir haben uns als erstes mit den Helferkreisen zusammengesetzt. Diese waren und sind gut strukturiert. Und wir haben uns gedacht, salopp gesagt: Naja, jetzt sind die Flüchtlinge da, darunter sehr viele junge Männer. Wir haben überlegt, wie wir vor allem jungen Menschen zu einer Ausbildung und in Arbeit bringen können. Daraus haben wir dann eine Art Vier-Stufen-Plan entwickelt, der die Qualifizierung von ungelernten Menschen bis hin zur Fachkraft darstellt.

Wie haben Sie sich das vorgestellt?

Normalerweise beginnt die erste Stufe mit niederschwelligen Arbeiten wie Ein-Euro-Jobs. Diese Jobs etwa in Sportvereinen sind Arbeitsgelegenheiten, die der Allgemeinheit dienen müssen. Stufe zwei sind dann 450-Euro-Jobs, Stufe drei schon Festanstellungen auf Helferniveau in beitragspflichtigen Beschäftigungen, etwa in den Pflegeberufen, im Metallsektor oder in Gartenbaubetrieben.

Das ist aber noch nicht das Ende der Qualifizierungsleiter.

Richtig. Wer schon Arbeit hat, auf Helferniveau etwa, als Pflegehelfer also, kann sich in Kursen zur Fachkraft ausbilden lassen, ohne dabei seinen Job aufgeben zu müssen. Die Arbeitsagentur kann nämlich dem Arbeitgeber Lohnkostenzuschüsse geben, wenn die Mitarbeiter in der Ausbildung oder auf Fortbildung sind. Dadurch entsteht den Arbeitnehmern kein Nachteil, da sie das volle Gehalt weiter bekommen. Und den Arbeitgebern auch nicht, weil die Agentur quasi den Lohn oder das Gehalt entweder vollständig oder zu großen Teilen erstattet. Wie hoch die Förderung, die bis zu zwei Jahre dauern kann, konkret ist, hängt von individuellen Faktoren wie Betriebsgröße und Art der Qualifizierung ab.

Wer kann eine solche Förderung nach dem Gesetz in Anspruch nehmen?

Man muss klar sagen, dass diese Angebote für alle Arbeitnehmer gelten. Allerdings sind sie bei den Beschäftigten oft noch wenig bekannt ebenso wie bei kleinen und mittleren Firmen im Landkreis. Die Arbeitsagentur ist aber proaktiv tätig. Wir sind ständig auf der Suche nach Firmen, die ihre Mitarbeiter weiterqualifizieren und auf künftige Arbeitsprozesse vorbereiten wollen. Und wir schauen ganz gezielt nach ehemaligen Flüchtlingen, die bereits in Arbeit und gut integriert sind. Mit einer Ausbildung zu einer Fachkraft oder einem Facharbeiter haben diese viel besser Chancen, dauerhaft in Arbeit zu bleiben - und dabei mehr zu verdienen. Für die Firmen ist dies ein wichtiger Baustein, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Wie viele Beschäftige oder Arbeitgeber nehmen diese Förderung nach dem Chancenqualifizierungsgesetz im Landkreis bereits in Anspruch?

Es sind schon einige und es werden auch ständig mehr. Wir haben hier im Landkreis Firmen, die aufgeschlossen sind und mitmachen wollen. Es könnten nur noch erheblich mehr sein - auf beiden Seiten.

© SZ vom 04.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: