Fischer auf dem Ammersee:Wer beschädigt die Fischernetze?

Die Fischer auf dem Ammersee streiten sich mit der Schifffahrt - denn sie beklagen, dass ihre Netze zerstört werden. Die Bayerische Seenschifffahrt dagegen schimpft: Die Netze würden absichtlich im Bereich der Fahrrinnen ausgeworfen.

Christiane Bracht

Zwischen Ammersee-Fischern und der Bayerischen Seenschifffahrt schwelt schon lange ein Konflikt. Die einen klagen über Fischesterben und kaputte Netze und machen dafür die Raddampfer verantwortlich. Die andere Seite moniert, dass die Netze absichtlich im Bereich der Fahrrinnen ausgeworfen werden und den Schiffsverkehr behindern, ja die Kapitäne provozieren.

Bei einem Fortbildungsseminar für Fluss- und Seenfischer sprach der Uttinger Willi Ernst das Thema offen an und brachte den Konflikt so zu einem neuen Höhepunkt. Denn der Geschäftsführer der Seenschifffahrt, Walter Stürzl, hat sich jetzt eingeschaltet.

Er weist die Vorwürfe der Ammersee-Fischer entschieden zurück. Bereits im Mai habe Ernst behauptet, dass der Raddampfer Herrsching seine Netze zerstöre. Daraufhin habe die Bayerische Seenschifffahrt, die Schaufelräder der Herrsching und der Dießen genau inspiziert, schreibt Stürzl der SZ. Man habe aber weder Teile von Leinen noch von Schwimmern - das sind leere Tanks, Styropor oder Kork, an denen die Fischernetze an der Wasseroberfläche befestigt sind - entdecken können. Indizien dafür, dass die Raddampfer die Netze zerstören, fehlen also.

Aus den Aufzeichnungen der Kapitäne gehe vielmehr hervor, dass die Fischernetze absichtlich in die Schifffahrtslinien gelegt wurden, beschwert sich Stürzl. Und zwar so, dass die Dampfer beim Ausweichen kurzzeitig den vorgeschriebenen Uferabstand nicht einhalten konnten. Namentlich klagt er den Berufsfischer Willi Ernst an. Dieser habe 2009 gleich vier Netze in diesem Bereich ausgelegt, "obwohl ihm die Schifffahrtslinien genau bekannt sind".

Daraus schließt der Geschäftsführer verärgert: "Es drängt sich mittlerweile der Verdacht auf, dass die Netze bewusst in die Fahrtrouten gelegt werden." Das Verhalten sei "nicht nachvollziehbar". Zwar versuchten die Kapitäne "den zahlreichen Netzen" auszuweichen, doch die Schwimmer seien oft nur schwer zu sehen, bei Nacht, wenn Sonderfahrten stattfinden, eigentlich gar nicht, erklärt Stürzl. "Teilweise müssen die Schiffe in Schlangenlinien zu den Stegen fahren", weiß auch der Prokurist der Seenschifffahrt, Marcus Weisbecker.

Willi Ernsts Klage, die Schiffe würden erhebliche Schäden an den Netzen anrichten, weist Stürzl schon deshalb zurück, weil nach seiner Erfahrung die Netze tief im Wasser hängen - zumindest bei "ordnungsgemäßer Anbringung". Ein darüberfahrender Dampfer könne lediglich die Abhängeschnur am Schwimmkörper abreißen, so Stürzl.

Am Starnberger See, Tegern- oder Königssee habe es noch nie Probleme mit den Fischern gegeben - "nur auf dem Ammersee", sagt Weisbecker. So gab es vor Jahren einen Eklat, als die Seenschifffahrt ihren verlandeten Hafen in Stegen ausbaggern ließ und den Sand, der völlig unbelastet gewesen sei, an anderer Stelle ins Wasser kippen wollte. Die Fischer zogen vor Gericht, weil sie ein Fischsterben befürchteten. Der Sand musste schließlich mit mehreren Hundert Lastwagen zu einer Deponie in Finning transportiert werden. "Es ist ein gespanntes Verhältnis", sagt Stürzl. Der neue Vorsitzende der Fischereigenossenschaft Ammersee, Bernhard Ernst, will dem Streit nun ein Ende setzen und ein Gespräch mit der Schifffahrt suchen.

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