Süddeutsche Zeitung

Fischen:Die Bedeutung rot glänzenden Metalls

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Vor genau zehn Jahren hat der Kunsthändler Siegfried Kuhnke das wohl einzige Museum der Welt eröffnet, das sich ganz dem Kupfer widmet

Von Peter Bierl, Fischen

Auch wenn die Bronzezeit wohl für Jedermann ein Begriff ist: Das erste Metall, das Menschen verarbeiteten, war Kupfer. Schon vor zehntausend Jahren fabrizierten Handwerker daraus Schmuck und Töpfe. Der Ötzi trug ein Kupferbeil bei sich. Die Freiheitsstatue in New York ist ebenso wie der frühmittelalterliche vergoldete Tassilo-Kelch aus dem relativ weichen Metall, das sich gut formen lässt. Dennoch gibt es weltweit nur ein Museum, das sich ganz diesem Metall widmet. Im Obergeschoss und der Tenne eines alten denkmalgeschützten Gutshofes in der Ortsmitte von Fischen am Ammersee werden mehr als 1000 Objekte gezeigt, darunter der Breitopf der Kaiserin Sissi aus Schloss Possenhofen. Am Sonntag wurde das zehnjährige Bestehen des Hauses gefeiert.

Das Kupfermuseum ist eine private Einrichtung, die Siegfried Kuhnke mit seiner Familie geschaffen hat und betreibt. Als Kunsthändler hatte er sich auf Gemälde, Plastiken und Kunsthandwerk spezialisiert, vor allem auf Gegenstände aus Metall, und entdeckte dabei die große Bedeutung des Kupfers. Seit 50 Jahren sammelt Kuhnke Objekte aus dem rot glänzendem Metall. 2006 brachten er und seine Frau Evelyn ihre Sammlung in eine Stiftung ein und eröffneten das Kupfermuseum in Fischen auf einer Ausstellungsfläche von 500 Quadratmeter in drei Räumen.

Kupfer diente zur Herstellung von Wärmflaschen, Kinderbadewannen, Musikinstrumenten wie Hörnern und Kesselpauken, Tabaksdosen und allerlei sakralen Gegenständen wie Weihwasserbecken oder Skulpturen von Heiligen. Zu den ältesten Stücken zählt ein Prozessionskreuz aus Äthiopien, vermutlich aus dem 13. Jahrhundert. Die kunsthandwerklichen Erzeugnisse stammen aus Barock, Rokoko, Empire und Biedermeier bis hin zu Jugendstil und Art Deco. Etliche Gemälde, Grafiken sowie eine Vitrine mit verschiedenen Kupferverbindungen verweisen auf den Bergbau und die Verarbeitung des Kupfers. Zu sehen ist Geschirr aus Schlossküchen und bürgerlichen Haushalten. Darunter fein getriebene Kuchenformen vom französischen Hof, Töpfe und Pfannen von den Welfen in Hannover und Geräte aus Possenhofen. Es gibt Fischformen für Pasteten und verspielte Schalen für Gelees, aus denen sich wohl der Wackelpudding entwickelt hat. Bis vor dem Ersten Weltkrieg war solches Geschirr meist mit einem Ring versehen, so dass man es gut sichtbar aufhängen konnte. Im Krieg wurden Gegenstände aus Kupfer und Gold eingeschmolzen. Die Ausstellung zeigt Geräte aus Eisen, die als Ersatz dienten.

Zum Jubiläum am Sonntag würdigte die Kunsthistorikerin Madlon Kern die einmalige Schau als Teil des Lebenswerkes ihres Vaters. Der habe stets ein Gespür für ungewöhnliche Bereiche der Kunst besessen. So hat Siegfried Kuhnke frühzeitig Bilder von Industrieanlagen gesammelt oder Kollektionen von Mörsern zusammengestellt, etwa für das Apothekenmuseum in Heidelberg. Darum feierte die Familie zugleich das 50-jährige Bestehen des Kunsthandelsgeschäfts von Kuhnke, der lange im Neuen Münchner Kunstblock residierte und seit 1993 in Pähl in der alten Hofmarkmühle zu finden ist.

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SZ vom 04.04.2016
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