Finanzen:Stadtrat vermisst den Willen zum Sparen

Starnbergs Kämmerer soll den mit 13 Millionen Euro unterdeckten Haushaltsentwurf für 2019 drastisch überarbeiten

Von Peter Haacke, Starnberg

Zur zähen Angelegenheit entwickelt sich die Aufstellung eines genehmigungsfähigen Haushalts 2019 der Stadt Starnberg und die Finanzplanung für die Folgejahre. Nach ersten Vorberatungen im Finanzausschuss zeichnet sich für das knapp 100 Millionen Euro schwere Gesamtpaket ein weiterer Konflikt zwischen Bürgermeisterin Eva John und einer Mehrheit im Stadtrat ab. Angesichts einer Unterdeckung des aktuellen Entwurfs in Höhe von rund 13 Millionen Euro vermisst ein Großteil des Stadtrats den Willen zum Sparen, will aber nicht, wie in den Vorjahren, selbst zum großen Streichkonzert ansetzen. Stattdessen soll Kämmerer Thomas Deller nachjustieren: Bei den Investitionen sollen nur Projekte berücksichtigt werden, die 2019 auch tatsächlich bearbeitet werden. Ohnehin muss abgespeckt werden. Laut Beschluss ist eine Deckungslücke von maximal einer Million Euro angepeilt.

Die finanzielle Situation Starnbergs ist alles andere als rosig. Die Rücklagen der Stadt - also das Sparguthaben - betrugen 2014 bei Amtsübernahme Johns rund 25 Millionen Euro; binnen vier Jahren wurde das Geld bis auf die Mindesteinlage in Höhe von knapp einer Million verbraucht. Hinzukommen 14 Millionen Euro Schulden. Die Kommunale Rechtsaufsicht stellte bereits zum Haushalt 2018 fest: "Die erheblichen Investitionsausgaben in 2019 müssten ( . . . ) nahezu komplett über Kreditaufnahmen finanziert werden." Die laufenden Einnahmen reichten nicht aus, um die Ausgaben zu decken. Unklar ist auch der Verbleib von Ausgaberesten. Allerdings werde durch die "äußerst geringe Zuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt" die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt erheblich eingeschränkt.

Folgerichtig empfahlen die Prüfer der Stadt Starnberg dringend, sparsam zu haushalten - vor allem deshalb, um Verpflichtungen aus dem 1987 geschlossenen Vertrag mit der Deutschen Bahn "bestmöglich auffangen zu können". Dabei geht es - ungeachtet einer laufenden Mediation - einem Gutachten zufolge um eine Summe von 115 Millionen Euro. Doch davon findet sich im Haushaltsentwurf für 2019 kaum etwas wieder."Wir haben ein erhebliches Ausgabenrisiko im Hinblick auf die Seeanbindung", konstatierte dazu Stadtrat Patrick Janik (UWG). Er zeigte sich - ebenso wie die Vertreter von CSU, SPD, Grüne, Parteifreie und Bürgerliste - unzufrieden mit dem Entwurf der Finanzverwaltung, der an "Arbeitsverweigerung" grenze. Der Entwurf soll von Kämmerer Deller nun drastisch überarbeitet werden, die Unterdeckung möglichst nur eine Million Euro betragen. Janik: "Wir müssen den Gürtel enger schnallen - und nicht nur ein Loch".

Das wollte John nicht gelten lassen. Sie sah den Stadtrat in der Verantwortung und verwies darauf, dass der Entwurf lediglich das abbilde, "was Sie beschlossen haben". Auf Nachfrage von Franz Sengl (Grüne) räumte die Bürgermeisterin zwar ein, dass auch die Verwaltung keine Zustimmung für das Papier empfohlen habe. Größte Posten im Etat seien die Kreisumlage und die Personalkosten. Aber die "vermeintlichen Ausgaben und Bindungen" aus dem Vertrag mit der DB zur Seeanbindung - sofern diese laut John überhaupt bestehen - hätten bei bisherigen Haushaltsberatungen auch keine Rolle gespielt. Zweiter Bürgermeister Klaus Rieskamp (Parteifreie) beantragte, die Stadt solle die nächsten 15 Jahre jährlich vier Millionen Euro Rücklagen ansparen, um eventuellen Forderungen entsprechen zu können. "Sonst erfährt die Bahn aus der Zeitung, dass wir gar kein Geld dafür einplanen", sagte er. Sein Ansinnen scheiterte jedoch an den Vertretern von WPS, BMS, FDP, CSU und der Bürgermeisterin, die Rieskamps Vorschlag als "Milchmädchenrechnung" bezeichnete. John: "Wir reden über 115 Millionen." Unterstützung für John kam von Markus Mooser (WPS), der beim Thema Seeanbindung die politisch Verantwortlichen der letzten 30 Jahren in der Pflicht sah.

Die von John gewünschten und kostenintensiven Änderungen im Stellenplan der Stadtverwaltung wurden auf Beschluss des Finanzausschusses ein weiteres Mal verschoben. Das Gremium wird sich am 19. November und 3. Dezember erneut mit den Finanzen beschäftigen, am 22. November tagt der Stadtrat.

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